Live-Diskussion mit Gabriele Regina Overwiening

Spahn nimmt Gespräche in Brüssel zum Rx-Boni-Verbot wieder auf

Berlin - 08.05.2020, 07:00 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versprach den Apothekern im Gespräch mit AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, sich weiter in Brüssel für die Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor einsetzen zu wollen. (Foto: Imago/IPON)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versprach den Apothekern im Gespräch mit AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, sich weiter in Brüssel für die Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor einsetzen zu wollen. (Foto: Imago/IPON)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lobte am Donnerstagabend im Livestream die Leistung der deutschen Apotheker während der Coronavirus-Pandemie. Die Krise habe gezeigt, wie wichtig es sei, gesundheitspolitische Entscheidungen auf nationaler Ebene treffen zu können. Dieses Argument will er offenbar schon kommende Woche mitnehmen in die Gespräche mit der EU-Kommission zum Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG).

Am gestrigen Donnerstagabend traf sich Spahn mit der Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Regina Overwiening, um über die Situation der Apotheken während der Coronavirus-Pandemie zu sprechen. Unter dem Titel „Zusammen gegen Corona" diskutierten Spahn und Overwiening eine Stunde lang in einem im Internet übertragenen Live-Stream darüber, mit welchen Problemen die Apotheken hierzulande aktuell zu kämpfen haben und wie es gelingen kann, Abhilfe zu schaffen.

Overwiening, die bisher als einzige Kandidatin für die Nachfolge von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kandidiert, betonte die tragende Rolle, die Apotheker bundesweit in der Krise spielen. „Wir stehen direkt an der Front und haben uns niemals weggeduckt", sagte sie. Die Pharmazeuten hätten ihre heilberufliche Verantwortung angenommen und viele Probleme gelöst - ob Desinfektionsmittel-Knappheit oder Lieferengpässe. 

Was bleibt nach der Krise?

Overwiening ließ keinen Zweifel daran, dass Spahns Schritt, den Apotheken in der aktuellen Situation per Eilverordnung weitreichende Befugnisse bei der Abgabe von Medikamenten einzuräumen, aus ihrer Sicht goldrichtig war. „Vielleicht können wir davon etwas über die Corona-Krise hinaus retten", schlug sie dem Minister vor. Dabei hat die AKWL-Präsidentin auch den pharmazeutischen Nachwuchs im Blick. Es gelte, die Versorgung zu verbessern und „nicht nur der Bürokratie gerecht zu werden".

„Brauchen dringend die flächendeckende Versorgung"

Spahn räumte ein, in der Krise sei offenbar geworden, „wie dringend wir die flächendeckende Versorgung brauchen". Die Strukturen vor Ort hätten es ermöglicht, zum Beispiel dem Mangel an Desinfektionsmitteln schnell und flexibel zu begegnen. Der Minister lobte die Apothekeninhaber und ihre Mitarbeiter, dass „sie sich darauf eingelassen haben, obwohl sie gar nicht so viel dabei verdienen".

Auf die Schieflage im Apothekenmarkt angesprochen, die den Pharmazeuten seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Oktober 2016 keine Ruhe lässt, informierte Spahn, dass kürzlich die Gespräche mit der EU-Kommission in Brüssel wieder angelaufen seien. Zur Erinnerung: Mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) will er die Gleichpreisigkeit im verschreibungspflichtigen Sektor zumindest für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung wieder herstellen, indem er das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht verankert. Denn auf dieses hat Europa nur sehr eingeschränkt Zugriff.

Spahn sucht den Dialog

Ob die EU-Kommission und letztlich der Europäische Gerichtshof ihm diesen Kniff durchgehen lassen werden, ist fraglich. Spahn sucht schon seit Monaten den Dialog mit Brüssel, um seine Chancen auszuloten, mit seinem Gesetz auch auf europäischer Ebene zu bestehen. Denn 2016 hatten die Luxemburger Richter das Boni-Verbot in der Arzneimittelpreisverordnung für EU-Versender gekippt mit der Begründung, es behindere die Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt. Auch in der Bundesregierung gab es nicht nur Befürworter für Spahns Vorgehen: So hatte insbesondere das Bundesjustizministerium darauf gedrängt, dass der Minister das Rx-Boni-Verbot in Brüssel abstimmen sollen, bevor das Gesetz in den Bundestag kommt.

Bereits im Januar dieses Jahres war Spahn nach Brüssel gereist, um dort für das VOASG zu werben. Seine Aktivitäten musste er jedoch bedingt durch die Corona-Krise vorerst einstellen. Jetzt nimmt der Minister noch einmal Anlauf: Möglicherweise schon kommende Woche werde er die Gespräche mit der Kommission - konkret mit dem EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, dem Franzosen Thierry Breton - wieder aufnehmen. „Die Krise hat gezeigt, wie wichtig es ist, gesundheitspolitische Entscheidungen auf nationaler Ebene treffen zu können", sagte Spahn. Ob die Kommission seiner Einschätzung folgen wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall drängt auch Spahns Unionsfraktion auf eine baldige Lösung. Noch kurz vor der Coronakrise hatte Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, erklärt, dass sie den VOASG-Entwurf bald im Bundestag behandeln wolle.

» Hier sehen Sie nochmals das gesamte Gespräch.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

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von Anita Peter am 08.05.2020 um 8:04 Uhr

Sein Gesetz gilt nicht für PKV und Selbstzahler. Von daher ist das Gesetz schon tot bevor es in Kraft treten kann.
Wie stellt Herr Spahn zukünftig das FBV der Teilnehmer an der deutschen RX Versorgung sicher? Wegen gleichlangen Spiessen und so....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: @ Anita Peter.

von Heiko Barz am 08.05.2020 um 10:51 Uhr

Es gibt nur einen Weg, liebe Kollegin, und das entnehme ich auch aus vielen Ihrer Kommentare, und das ist eindeutig das RXVV!!
Spahn allerdings haßt dieses Konstrukt wie der Teufel das Weihwasser. Die faire Behandlung Deutscher Apotheken mit „gleichlangen Spießen“ ist ihm eine Rechnung mit mehreren Unbekannten.
Wenn es wirklich „unabhängige“ Bewerter auf europäischer Ebene gäbe, dann müßten diese das System der gleichlangen Spieße längst erkannt und bewertet haben. Da das aber wohl nicht der Fall ist, muß davon ausgegangen werden, dass dort von „unabhängiger“ Bewertung noch nie ausgegangen worden ist.
Warum wohl?? Was also treibt eigentlich diese „Bewerter“, die ausschließlich kapitalbeherrschten Pseudoapotheken im europäischen Umland so vordergründig zu bevorteilen?
Ich kann mir das schon genau vorstellen.

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