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„Schutz nationaler Interessen“
Gegen Corona: Chinesische Forscher wollen Remdesivir patentieren lassen
Wissenschaftler aus dem Epizentrum der Coronavirus-Epidemie Wuhan haben das antivirale Medikament Remdesivir von Gilead in China zum Patent angemeldet, um die Krankheit damit zu behandeln. Dies berichten verschiedene US-amerikanische und internationale Medien. Der Schritt könnte die seit langem bestehenden Bedenken hinsichtlich Chinas Achtung der Rechte am geistigen Eigentum wiederaufleben lassen.
Das staatliche Wuhan Institute of Virology hat laut Wall Street Journal am 21. Januar 2020 zusammen mit einem Militärlabor ein Patent für die Anwendung von Remdesivir zur Behandlung der 2019-nCoV-Infizierten in China angemeldet. Gilead hatte Dosen des ursprünglich für die Bekämpfung der Ebolakrise entwickelten antiviralen Wirkstoffs an Ärzte zur Notfallbehandlung einzelner Patienten ausgegeben. Die Veröffentlichung eines Fallberichts zu dem ersten mit dem Virus infizierten US-Patienten im New England Journal of Medicine (NEJM) hatte ermutigende Ergebnisse gezeigt.
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Patentanmeldung für den „Schutz nationaler Interessen“
Nun wollen die Chinesen das vielversprechende Remdesivir über ein Patent möglichst bald breit nutzen, aber das dürfte nicht so einfach sein, denn die Lage ist kniffelig. In einer Erklärung des Instituts wird anerkannt, dass es „Schranken für das geistige Eigentum“ gebe. Die Patentanmeldung ziele jedoch auf den „Schutz nationaler Interessen“ ab. Für die Anmeldung habe nachgewiesen werden müssen, dass das Medikament gegen den Coronavirus-Stamm 2019-nCoV wirkt. Dies sei zwar in Laborstudien gelungen, nachzulesen in der Zeitschrift Cell Research. Der Beleg der Wirksamkeit erfordere jedoch weitere klinische Tests, so das Institut in seiner Stellungnahme. Ob oder wann Chinas Behörden für geistiges Eigentum dem Antrag des Instituts zustimmen werden, ist nach den Medienberichten nicht klar.
Mehr Einfluss auf Verhandlungen mit Gilead
Die Erteilung eines Patents für die eigenen Wissenschaftler wäre eine Möglichkeit für China, um mehr Einfluss auf die Verhandlungen über die Bezahlung des Arzneimittels zu haben. Diese wären trotzdem notwendig, weil Gilead das Grundpatent zu dem Wirkstoff besitzt. „Das Gute an einem Patent ist, dass es zu Cross-Lizenzierungssituationen führen würde, die China bessere Karten bei der Aushandlung der Lizenzgebühr mit Gilead an die Hand geben könnte“, erklärt Wang Yanyu, Senior Partner bei AllBright Law Offices in Peking, gegenüber dem Medienunternehmen Bloomberg.
Zwangslizenz wäre ebenfalls denkbar
Andererseits habe China nach den Regeln der Welthandelsorganisation aber auch das Recht, einen Notfall zu erklären und ein Unternehmen zur Erteilung einer Patentlizenz zum Schutz der Öffentlichkeit zu zwingen, erklärt der Wall Street Journal. In diesem Fall wäre eine Lizenzgebühr in Höhe eines „fairen Marktwertes“ zu entrichten. Die Entscheidung, ein Patent anzustreben, anstatt sich auf die schwerfällige Option der Zwangslizenz zu berufen, mit der Länder bei nationalen Notfällen Arzneimittelpatente außer Kraft setzen können, unterstreiche Chinas heiklen Balanceakt zwischen seinem offenbaren Engagement für Rechte an geistigem Eigentum und der Eindämmung des Virusausbruchs, meint Wang. „Die Tatsache, dass sie ein Patent angemeldet haben, bedeutet, dass das Bewusstsein dafür im Land wächst“, glaubt er. Die Regierung könne nicht anders, als die Zwangslizenz zu vermeiden, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Achtung von IP-Rechten aufrechterhalten und internationale Kritik an einem etwaigen Missbrauch der Option vermeiden wolle. Das Wuhan-Institut hat in seiner Erklärung zugesichert, seine Patentrechte nicht ausüben zu wollen, wenn ausländische Pharmaunternehmen mit China zusammenarbeiteten, um die Epidemie einzudämmen.
Gilead hat ebenfalls Patent in China beantragt
Gilead mit Hauptsitz in Foster City, Kalifornien, hat laut Wall Street Journal im Jahr 2016 bereits selbst ein chinesisches Patent für die Verwendung von Remdesivir gegen Coronaviren angemeldet und wartet seither auf eine Entscheidung. Während die Patentanmeldung von Gilead die gesamte Familie der Coronaviren umfasst, das heißt im Nachhinein auch das neuartige Coronavirus, soll das chinesische Institut ein „Gebrauchspatent“ angemeldet haben, in dem das Wuhan-Virus als Ziel des Arzneimittels angegeben ist. „Gilead hat keinen Einfluss darauf, ob das Patentamt den chinesischen Forschern ein Patent erteilt“, wird Unternehmenssprecher Ryan McKeel zitiert. „Ihre Anmeldung wurde mehr als drei Jahre nach Gileads Einreichung eingereicht und wird im Hinblick auf das, was bereits über die Verbindung und die anhängigen Patentanmeldungen bekannt ist, geprüft.“
Klinische Erprobung startet bald
Nach Unternehmensangaben arbeitet Gilead mit US-amerikanischen und chinesischen Gesundheitsbehörden mit Hochdruck an der weiteren Untersuchung von Remdesivir. Am Donnerstag teilte die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua mit, dass bald klinische Studien mit dem Medikament beginnen sollten. Laut Gilead ist eine klinische Phase-III-Studie zur Bewertung von Remdesivir für die Behandlung des Virus geplant. Sie wird im Friendship Hospital in Peking durchgeführt und soll 270 Patienten mit leichter und mittelschwerer Lungenentzündung, die durch das Virus verursacht wurden, einschließen.
1 Kommentar
China - wen wunderts ?!
von ratatosk am 06.02.2020 um 18:44 Uhr
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