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Grußworte der Verbände
Expopharm-Eröffnung: Lieferengpässe im Fokus
Die Sorge um den einheitlichen Abgabepreis, die anhaltenden Lieferengpässe und die neuen Rahmenvertragsregelungen zu Importen – es gibt einige Probleme, die Apotheken und ihre Partner, Großhandel und Pharmaindustrie, gemeinsam umtreiben. Das zeigten die Grußworte der Verbandsvertreter zur Eröffnung der Expopharm. Was die Lieferengpässe betrifft, treffen die Lösungsvorschläge der Apotheker nicht nur auf Zuspruch – DAV-Chef Fritz Becker bot jedoch an, hier gemeinsame Positionen zu entwickeln, um sie der Politik zu präsentieren.
Zum Auftakt der Expopharm gehören traditionell die Grußworte der Marktpartner. Dr. Thomas Trümper, Vorsitzender des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), nutzte sie in diesem Jahr, um emotional, aber auch hart mit der Politik ins Gericht zu gehen. Der Europäische Gerichtshof und die EU-Kommission hätten die bewährte deutsche Arzneimittelversorgung ins Wanken gebracht. Man habe „mehr und mehr den Eindruck, als würde unsere Arzneimittelversorgung auf dem Altar der Warenverkehrsfreiheit geopfert“. Und wie die deutsche Politik damit umgeht, gefällt Trümper ebenso wenig. Er wünsche sich, dass die Bundesregierung sich mehr für den Erhalt der bewährten Arzneimittelversorgung einsetze. Man zucke immer gleich zurück, wenn die EU auch nur mal Luft hole, so der Phagro-Chef.
Er ist überzeugt: „Die Aufhebung der Gleichpreisigkeit beim Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus anderen EU-Ländern ist ein Kardinalfehler“. Es sei zwar gut, dass die Bundesregierung die Apotheken schützen wolle – nicht gut sei jedoch, wie sie das mache. „Denn sie stößt im Hintergrund unachtsam das ganze System der Preisbildung um und riskiert damit zweifelsfrei eine dramatische Entwicklung in der Versorgung von Patientinnen und Patienten“. Trümper betont, dass mit der Streichung des Gleichpreisigkeitsgebots im Arzneimittelrecht auch dessen Bindung für Großhandelslieferungen und den Direktvertrieb aus dem EU-Ausland entfalle. „Die Überführung der Gleichpreisigkeit ins Sozialgesetzbuch hilft hier gar nicht“. Trümper zeichnete ein düsteres Bild: „Wir gleiten sehenden Auges auf das Versorgungsniveau anderer Länder, weil wir unser System nicht verteidigen und die für eine Diskussion notwendigen Argumente nicht liefern“. Den Patienten müsse man dann deutlich erklären, dass nicht die Leistungserbringer Schuld an einer schlechteren Versorgung sind. „Es ist die Politik, die zögerlich handelt, die fachlich nicht auf der Höhe ist und die unsere vorbildliche Versorgung von Patienten nicht als Blaupause für Europa präsentiert, sondern lieber in solchen Ländern nach Kosteneinsparungen sucht, in denen ich nicht krank werden möchte.“
Tobias Boldt, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), machte ebenfalls deutlich: Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel muss für alle Handelsstufen gelten – beginnend vom pharmazeutischen Unternehmer über den Großhandel bis zur Apotheke. Zudem müssten zwingend sowohl für in- und ausländische Versandapotheken als auch für gesetzlich Versicherte und Privatversicherte gleiche Preise gelten. „Nur eine einheitliche Regelung für alle Apotheken und alle Versicherten ist der Garant für eine flächendeckende, gleichmäßige Arzneimittelversorgung auch in Zukunft.“
Was ist das Rezept gegen Lieferengpässe?
Die Vertreter der Herstellerverbände sprachen im Übrigen insbesondere das Problem der Lieferengpässe an. Der DAV-Vorsitzende Fritz Becker hatte zuvor in seinem Lagebericht einige mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Engpässe genannt – etwa ein Export-Verbot für versorgungsrelevante Arzneimittel und eine Meldepflicht erwarteter Engpässe für die Hersteller. Wolfang Späth, Vorstandsvorsitzender des Branchenverbandes Pro Generika, zollte den Apothekern Respekt, wie sie die Lieferengpässe derzeit im Apothekenalltag meistern und mit „pharmazeutischem Improvisationstheater“ sicherstellten, dass die Patienten versorgt sind. Eine gesetzliche Meldepflicht für die Hersteller ist für Späth aber keine Lösung. So würde mit einer Meldepflicht zwar die Dokumentation besser und transparenter – doch damit gäbe es keine Packung mehr im Markt. Zu befürchten sei vielmehr, dass Hamsterkäufe die Situation noch verschärfen könnten. Auch andere Ideen, wie eine „nationale Reserve“ oder höhere Strafen bei Nichtlieferfähigkeit, sind für Späth nicht die Lösung. Für ihn liegt die Lösung längst auf dem Tisch: Die Politik muss den Weg ebnen für obligatorische Mehrfachausschreibungen von Rabattverträgen – auch das ist eine Forderung des DAV.
Das Problem an der Wurzel packen
So sieht es auch Dr. Martin Zentgraf, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Er glaubt ebenfalls nicht, dass Sanktionen und Exportverbote weiterhelfen können – die Probleme müssten „an der Wurzel“ gepackt werden. Die Preise in Deutschland hätten ein osteuropäisches Niveau erreicht, mit den Rabattverträgen sei die Schraube endgültig überdreht. Mit Mehrfachvergaben sei schon viel geschafft. Ein zusätzlicher Gewinn wäre es, wenn mindestens ein Zuschlag an einen Hersteller mit nachgewiesenem EU-Produktionsstandort dabei sein müsste. Aber Zentgraf ist noch skeptisch, ob die Politik so weit geht.
Importe: Nachbesserung im Rahmenvertrag nötig
Der BPI-Vorsitzende sprach zudem das Thema Re-Importe an. Man werde weiter dafür kämpfen, dass die Importförderklausel fällt. Denn Zentgraf ist überzeugt: „Reimporte sind kontraproduktiv im Kampf für mehr Fälschungssicherheit“. Sehr kritisch sei es daher auch, dass seit Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags am 1. Juli mehr Importe denn je abgegeben werden. Hier müsse der DAV dringend mit dem GKV-Spitzenverband sprechen und Abhilfe schaffen. Das erhofft sich auch Frank Schöning, stellvertretender Vorsitzender des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Er betonte, dass das Wachstum im Importmarkt politisch nicht gewollt sei. Das Regelwerk müsse daher auf seine Schwachstellen überprüft und entsprechend geändert werden.
Becker erklärte in einer anschließenden Replik, dass es sicher nicht das Ansinnen der Rahmenvertragspartner gewesen sei, die Importumsätze zu erhöhen. „Die Importförderklausel wegzubekommen ist und bleibt unser Ziel“. Da die Politik nicht mitgezogen sei, habe man sich die Klausel im Rahmenvertrag überlegt – welche Wirkung diese nun entfalte, habe auch den DAV erschreckt. Allerdings scheinen Beckers Hoffnungen begrenzt, dass mit dem GKV-Spitzenverband schnell eine patientenfreundliche Lösung zu finden ist. „Die Fronten haben sich verhärtet in den Verhandlungen mit der GKV“, so der DAV-Chef. Vielleicht brauche man am Ende doch die Politik, um hier weiter zu kommen. Was das Thema Maßnahmen gegen Lieferengpässe betrifft, so betonte Becker das gemeinsame Ziel aller Beteiligten: die Patienten zu versorgen. Richtig sei auch, dass man an die Wurzeln des Übels gehen müsse. Er regte an, eine gemeinsame Position zu entwickeln – so wie auch die CDU nun ein Positionspapier vorgelegt habe. Noch sei das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken offen, vielleicht lasse sich dort noch kurzfristig etwas unterbringen.
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