- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- „Der Patient darf beim ...
E-Rezept-Strategie der ABDA
„Der Patient darf beim E-Rezept nicht zum Beifahrer werden“
Am gestrigen Mittwoch war bekannt geworden, dass nun auch die
Standesvertretung der Apotheker in den Markt der Patienten-Apps einsteigt. Im
Gegensatz zu den anderen Mitbewerbern wirbt die ABDA aber insbesondere mit der
Nutzung des E-Rezeptes. Der IT-Chef der ABDA, Sören Friedrich, hat am heutigen
Donnerstag auf dem DAV-Wirtschaftsforum Details der neuen App
vorgestellt und unter anderem dargelegt, was das Angebot von anderen im Markt unterscheidet.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte am gestrigen Mittwoch auf dem DAV-Wirtschaftsforum bekanntgegeben, dass er in den Markt der Patienten-Apps eingestiegen ist. Inzwischen gibt es die Internetseite www.dav-app.de, auf der der Verband seine App erklärt und bei Apothekern dafür wirbt, sich schon jetzt zu registrieren. Noch ist die Applikation aber nicht zu nutzen: Erst Ende 2019 bzw. Anfang 2020 soll die App, deren Namen derzeit noch nicht bekannt ist, online genutzt werden können.
Mehr zum Thema
Die Wettbewerbsstrategie der ABDA ist klar: Denn im Gegensatz zu den Wettbewerbern Noweda/Burda, die ihre App „IhreApotheken.de“ bereits vor einigen Wochen gelauncht hatten, wirbt der DAV mit der Nutzung des E-Rezepts. Der Verband ist in der Gematik federführend beteiligt an der Einführung des E-Rezepts. Bis Juni 2020 sollen Apotheker, Kassen und Ärzte nötige Verträge und Regelungen ändern, damit es digitale Verordnungen geben kann. Danach kann das E-Rezept flächendeckend Schritt für Schritt realisiert werden. Der DAV ist an dieser Umsetzung direkt beteiligt und will Apotheker und Patienten schon jetzt dazu motivieren, bei der Nutzung der digitalen Verordnungen auf die hauseigene App zu setzen.
Der bei der ABDA für alle IT- und Telematik-Themen zuständige Fachmann Sören Friedrich hat die E-Rezept-Pläne der ABDA am heutigen Donnerstag beim DAV-Wirtschaftsforum genauer vorgestellt.
Die Grundstruktur: Friedrich erläuterte zunächst, wie die „Transportwege“ des E-Rezepts sein sollen. Der Arzt verordnet das Arzneimittel und stellt es via Telematikinfrastruktur (TI), die derzeit noch aufgebaut wird, auf einen zentralen Server. Gleichzeitig kann der Patient das E-Rezept natürlich auch selbst verlangen. In diesem Fall stellt der Mediziner das E-Rezept dem Patienten digital zur Verfügung. Im ersten Fall, bei dem das E-Rezept aus der TI heruntergeladen werden muss, soll der Patient sich eine Apotheke aussuchen und das Herunterladen der Verordnung durch die Eingabe seiner eGK ermöglichen. Im zweiten Fall bringt der Patient das E-Rezept, etwa mit der DAV-App, selbst in die Apotheke, indem er es an seine gewünschte Apotheke überträgt.
Die Rolle des Patienten: Friedrich betonte, dass es erst durch die DAV-App möglich werde, dass der Patient aus der „Beifahrerrolle“ herauskommt. Denn: „Ohne Leistungserbringer kann der Patient nichts machen, er kann sein E-Rezept nicht löschen, ansehen oder beispielsweise schon bei einer Apotheke vorbestellen.“ Der Patient brauche aber vor der Einlösung in der Apotheke Informationen über seine Verordnung und müsse auch in der Lage sein, es zu löschen – schließlich könne man ein Papierrezept ja auch einfach wieder zerreißen, so Friedrich.
Unabhängigkeit, Technik, Möglichkeiten, Schwächen
Die Unabhängigkeit: Immer wieder betonte Friedrich, dass einer der großen Vorteile der DAV-App die Unabhängigkeit sei. Diese bestehe gleich auf mehreren Ebenen: Der ABDA-IT-Chef wies darauf hin, dass der DAV keine monetären Interessen verfolge, eine Steuerung der Patienten sei ausgeschlossen. Ebenso sei die E-Rezept-Applikation absolut werbefrei und kostenlos für die nutzenden Apotheker und Patienten, sie werde durch die Landesapothekerverbände finanziert. Diese Unabhängigkeit bedeutet aber: Auch die EU-Versender werden die DAV-App nutzen können, die Applikation sei „diskriminierungsfrei“ so Friedrich.
Die Technik: Interessant ist auch, dass der DAV sich dazu entschieden hat, eine sogenannte „Web App“ zu bauen. Konkret bedeutet das, dass die Applikation über den Browser des Endgerätes aufgerufen wird. Im Gegensatz zu sogenannten „Native Apps“ sind Web Apps nicht über den Google- oder Apple-Store herunterzuladen, sie funktionieren nicht als autonomes Programm auf dem Handy, Tablet oder PC, sondern werden über den HTML-Browser aufgerufen und funktionieren auch ähnlich wie eine HTML-Seite. Friedrich sagte, dass es dem DAV wichtig gewesen sei, „frei“ zu sein von „Apple und Co.“. Laut Friedrich sollen die Nutzer einen Weblink auf dem Bildschirm haben – wenn man diesen anklickt, soll man automatisch auf die Rezept-App weitergeleitet werden.
Die Möglichkeiten: Der große Wettbewerbsvorteil der DAV-App ist natürlich das E-Rezept. Gelingt es der ABDA, die digitalen Verordnungen in der Gematik planmäßig und zügig umzusetzen hat man für die Patienten bereits eine technische Lösung in der Tasche, die den gesamten Verordnungs- und Abgabeprozess einbezieht. Friedrich betonte auch, dass die DAV-Applikation gleich mehrere neue Funktionen mit sich bringen werde. Es werde beispielsweise möglich sein, sich via Messenger kurz mit dem Apotheker auszutauschen, also zum Rezept eine kurze Nachricht mitzusenden. Ebenso sollen die bereits vorhanden App-Funktionen der ABDA (Apothekenfinder, Nacht- und Notdienstsuche) integriert werden. Der Patient soll sein Rezept jederzeit einsehen und löschen können und die Möglichkeit haben, Produkte vorzubestellen.
Auf der Internetseite stehen weitere Services der Applikation: So soll es beispielsweise einen Retax-Filter für Apotheker geben, die offenbar helfen können, falsch ausgestellte Rezepte frühzeitig zu markieren. Für Patienten ist für die Zukunft außerdem angedacht, Einnahmehinweise und Erinnerungen bezüglich des Ablaufdatums der Arzneimittel hinzuzufügen.
Die Schwächen und Gefahren: Der DAV startet mit seiner
App quasi bei null. Friedrich berichtete, dass sich am ersten Tag etwa 100
Apotheker registrieren wollten, davon hätten 25 Prozent die Teilnahme nicht
bestätigt. Die ABDA-eigene App hat somit einen entscheidenden
Wettbewerbsnachteil: Im Gegensatz zu Noweda/Burda gibt es eben keinen
Kundenstamm, zu dem tausende Apotheker zählen. Friedrich war es daher auch sehr
wichtig, die Apotheker zur Teilnahme zu motivieren: „Nur mit ihnen kann dieses
Projekt gelingen.“ Eine weitere Gefahr ist natürlich, dass der Markt der
Patienten- und E-Rezept-Apps zerstückelt bleibt. Neben Noweda/Burda und dem DAV
ist schließlich auch noch die Initiative „Pro AvO“ im Markt, die derzeit
ebenfalls an einer solchen Applikation arbeitet. Ein weiteres Risiko ist natürlich, dass die Patienten die Übertragungsmöglichkeit via App schlichtweg gar nicht nutzen. Vielmehr sollen die Patienten, wie oben beschrieben, auch mit der Eingabe ihrer eGK in der Apotheke das Abrufen das E-Rezeptes ermöglichen können.
1 Kommentar
aponet II?
von Christian Timme am 10.05.2019 um 3:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.