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Expopharm 2018
Wie lässt sich eine zweite Valsartan-Krise vermeiden?
Mehr Transparenz und mehr Kontrollen in der Wirkstoffindustrie. So lautet die einstimmige Forderung der Experten aus Wissenschaft und Berufspolitik, die am gestrigen Mittwoch auf der Expopharm über die Valsartan-Krise diskutierten. Durch die Vorkommnisse um den chinesischen Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai sei das Vertrauen in die Arzneimittelqualität erschüttert, in die Apotheke vor Ort jedoch gestärkt, findet DAV-Chef Fritz Becker.
Im Juli dieses Jahres wurden Nitrosamine als Verunreinigungen in dem Wirkstoff Valsartan gefunden, der von dem chinesischen Unternehmen Zhejiang Huahai Pharmaceutical produziert wurde. Der Arzneistoffhersteller hatte Jahre zuvor das Syntheseverfahren umgestellt, wodurch NDMA und NDEA als Nebenprodukte entstehen konnten, die bis vor kurzem unbemerkt blieben. Das chinesiche Unternehmen hatte zahlreiche Generikahersteller beliefert. Die Entdeckung der Verunreinigungen löste weltweite Rückrufe aus.
Mittlerweile ist die erste Welle der
Valsartan-Krise vorüber. Zeit für eine Rückschau. Waren diese Vorfälle vermeidbar und wie lässt sich
eine Wiederholung in Zukunft verhindern? Darum ging es in der Diskussionsrunde
am gestrigen Mittwoch in München auf dem Expopharm-Gelände, die von Professor
Manfred Schubert-Zsilavecz moderiert wurde. Ebenfalls auf dem Podium waren der Präsident der Bundsapothekerkammer
Dr. Andreas Kiefer, der Pharmakologe Professor Fritz Sörgel, der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV) Fritz Becker,
die Analytik-Expertin Professor Mona Tawab und der pharmazeutische Biologe Professor
Theodor Dingermann.
Tawab: „Schlamperei bei Zheijiang Huahai“
Geht etwas schief, stellt sich üblicherweise die Frage nach den Schuldigen. Für Tawab liegt die Verantwortung eindeutig beim Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical, der „schlampig gearbeitet“ habe. Nach Änderung des Syntheseverfahrens habe das Unternehmen die Kontrollanalytik nicht angepasst. Zwar hatte Zheijiang Huahai die europäische Wirkstoffbehörde EDQM über die Prozessänderung informiert. Doch das EDQM sei überlastet und die Informationsgrundlage von Zheijang zu dürftig gewesen, um die Verunreinigung vorherzusehen, so die Analytik-Expertin.
Auch die pharmazeutischen Unternehmen, die den Arzneistoff von Zheijang Huahai kauften, seien nicht gründlich genug über die Auswirkungen der Prozessänderungen informiert worden. Die Transparenz seitens des Wirkstoffherstellers sei unzureichend. Aus Sicht von Tahab sollten die ausländischen Wirkstoffproduzenten strenger überwacht werden – und zwar nicht nur von den Kontrollbehörden des eigenen Landes.
In Qualitätssicherung investieren
Auch die anderen Diskutanten stimmten der Forderung von Tahab nach mehr Transparenz und Kontrollen zu. „Wir müssen mehr in Qualitätssicherung investieren und das kostet Geld“, untermauerte Kiefer. „Ich erwarte, dass sich ein Minister dazu positioniert“. Dem stimmte DAV-Chef Becker zu: „Es ist doch das wichtigste, dass das, was wir in der Apotheke abgeben, qualitativ einwandfrei ist.“
Becker: „Wir haben gezeigt, dass wir es können“
Becker bekräftigte, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Qualität von Arzneimitteln stark gelitten habe. Doch die Apotheker hätten seiner Wahrnehmung nach an Vertrauen gewonnen. „Wir haben gezeigt, dass wir es können!“, so der DAV-Chef. Die Apotheke war für die betroffenen Patienten oft die erste Anlaufstelle bei Fragen zu Valsartan.
Die mediale Berichterstattung hatte große Ängste bei den Betroffenen ausgelöst, bemerkte Dingermann. Aus seiner Sicht sollten bei künftigen Arzneimittelkrisen die Informationen selektiver gestreut werden, um Panik zu vermeiden.
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