UK-Studie

Londoner Eltern: Eher zur Apotheke als zum Zahnarzt

Stuttgart - 06.03.2018, 14:00 Uhr

Probleme mit den Zähnen? Für Londoner Eltern ist einer Untersuchung zufolge nicht der Zahnarzt die erste Anlaufstelle. (Foto: Victoria М / stock.adobe.com)                                    

Probleme mit den Zähnen? Für Londoner Eltern ist einer Untersuchung zufolge nicht der Zahnarzt die erste Anlaufstelle. (Foto: Victoria М / stock.adobe.com)                                    


Mit Zahnschmerzen zum Zahnarzt? Nicht so in London – zumindest nicht bei Kindern. Einer aktuellen Untersuchung zufolge suchen viele Eltern, wenn der Nachwuchs über Zahnschmerzen klagt, erst einmal die Apotheke auf. Nur 30 Prozent der Kinder werden gleich zum Zahnarzt gebracht. Schätzungen zufolge entstehen dem NHS durch Kinder, die nicht-zahnmedizinische Dienste für orale Schmerzen in Anspruch nehmen, jährlich Kosten in Höhe von 2,3 Millionen Pfund.

Obwohl Zahnarztbesuche in England für Kinder unter 18 Jahren kostenlos sind, ist der Fachmann anscheinend für viele Eltern nicht die erste Anlaufstelle, sondern die Apotheke. Das hat zumindest eine aktuelle Untersuchung Queen Mary University of London ergeben, in die über die Hälfte der Londoner Apotheken sowie fast 7000 Eltern, die in der Apotheke Schmerzmittel für ihre Kinder verlangten, einbezogen wurden. Demnach werden in zwei Dritteln der Fälle (65 Prozent), in denen in der Apotheke Schmerzmittel für Kinder nachgefragt werden, diese gekauft, um orale Schmerzen zu lindern.

Nur 30 Prozent der Kinder mit Zahn- oder anderen oralen Schmerzen werden einem Zahnarzt vorgestellt, bevor sie in der Apotheke aufschlagen. Insgesamt 28 Prozent waren aber wegen ihrer Beschwerden bereits bei einem bis vier anderen Gesundheitsberufen vorstellig, darunter Allgemeinärzte, Schulschwestern oder gar die Notaufnahme. Allerdings traten die meisten Fälle am Wochenende auf, so könnte der eingeschränkte zahnärztliche Notdienst mit ein Grund sein, warum Eltern sich erst anderswo Hilfe suchen, geben die Studienautoren zu bedenken. 

In der Untersuchung litten 41 Prozent der Kinder unter Zahnschmerzen, 20 Prozent hatten Beschwerden aufgrund eines durchbrechenden Zahns und 15 Prozent klagten über scherzhafte Aphten. Bei fast einem von zehn Kindern in der Untersuchung gab es Anzeichen eines zahnmedizinischen Notfalls. Die Apotheke schickte die Kinder entsprechend zum Notdienst.

Kosten von 2,3 Millionen Pfund

Die Tatsache, dass so viele Kinder mit oralen Problemen andere Gesundheitsdiente als Zahnärzte in Anspruch nehmen, kostet den NHS viel Geld. Allein im Rahmen der Untersuchung fielen insgesamt Kosten von 36.573 Pfund an, hochgerechnet auf ein Jahr macht das 373.288 Pfund. Extrapoliert man die Londoner Ergebnisse auf Apotheken in ganz England, gibt der NHS im Jahr geschätzte 2,3 Millionen Pfund dafür aus. Diese Schätzung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie auf mehreren Annahmen beruht, räumen die Autoren selbst als Schwäche ihrer Untersuchung ein. Eine weitere Limitation sei, dass die Anzahl der Kinder mit Zahnschmerzen vermutlich zu niedrig angesetzt wird, weil die Erhebung nur in öffentlichen Apotheken durchgeführt wurde.

Wie kann man das Problem lösen?

Nach Ansicht der Autoren liegt die Lösung, wie so oft, in der Kommunikation. So müssen man eine integrierte Versorgung und ein Überweisungssystem entwickeln, über das Allgemeinärzte, Apotheker und Zahnärzte miteinander kommunizieren können und so sicherstellen, dass Kinder mit Zahnschmerzen so schnell wie möglich von einem Zahnarzt behandelt werden. Denn Kinder mit Zahnschmerzen benötigten einen Zahnarzt, um eine Diagnose und gegebenenfalls eine Kariesbehandlung zu erhalten. Zudem halten die Autoren es für notwendig, einerseits das Apothekenpersonal besser zu schulen, was die Beratung der Eltern angeht, andererseits zu beobachten, wie Zahnärzte Kinder mit Zahnschmerzen behandeln.

Offensichtlich gibt es was Zahngesundheit angeht grundsätzlich Defizite. Untersuchungen zufolge ist der Hauptgrund für geplante Krankenhausaufenthalte bei Kindern zwischen fünf und neun Jahren, die Extraktion kariöser Zähne unter Vollnarkose. Ein Viertel aller 5-Jährigen hat Kariesbefallene Milchzähne und bei einem von fünf 12-Jährigen sind die bleibenden Zähen betroffen. In London hat den Daten zufolge nicht einmal die Hälfte aller Kinder 2016 einen Zahnarzt besucht.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Unverständlich!

von Anita am 16.07.2018 um 15:41 Uhr

Ich verstehe es einfach nicht warum Eltern so an der Realität vorbei leben können. Zahnpflege ist bei Kindern so unfassbar wichtig. Nicht nur sollte es zu Hause richtig und positiv vorgelebt werden! Um die Zahnpflege abzurunden sollte der Zahnarzt niemals fehlen. Glücklicherweise gibt es bei uns viele Portale wie http://www.geschwollenes-zahnfleisch.de/ ,die auch versuchen positiv auf die Leser einzuwirken und neben Informationen auch die Dringlichkeit des Zahnarztbesuchs in den Vordergrund stellen.
Liebe Grüße :)

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