Baden-Württemberg

Hätte Hüffenhardt eine Apotheke haben können?

Karlsruhe - 18.01.2018, 09:15 Uhr

Für eine Neueröffnung in der Gemeinde Hüffenhardt soll sich kein Apotheker interessiert haben, vehaupten Bürgermeister Walter Neff und DocMorris. Aber zumindest ein Apotheker soll konkretes Interesse gehabt haben. (Foto: diz)

Für eine Neueröffnung in der Gemeinde Hüffenhardt soll sich kein Apotheker interessiert haben, vehaupten Bürgermeister Walter Neff und DocMorris. Aber zumindest ein Apotheker soll konkretes Interesse gehabt haben. (Foto: diz)


Die Gemeinde Hüffenhardt ist deutschlandweit bekannt dafür, dass sie keinen Apotheken-Nachfolger fand – und für den Arzneimittelautomaten, den DocMorris in den Räumen der alten Apotheke eröffnete. Nun wurden aber Vorwürfe laut, dass es durchaus Apotheker gegeben habe, die sich in dem Ort niederlassen wollte. Was ist dran an diesen Gerüchten? DAZ.online hat nachgefragt.

Als die Apotheke in der 2700-Einwohner-Hüffenhardt vor einigen Jahren schloss, fand sich kein Nachfolger. Das zumindest behaupten bis heute Bürgermeister Walter Neff und die niederländische Versandapotheke DocMorris, die mit Unterstützung des Gemeinderats in den Apotheken-Räumlichkeiten einen Arzneimittel-Abgabeautomat eröffnete. Doch kurz vor der Bürgermeisterwahl, die am vergangenen Sonntag stattgefunden hat und bei der das Apotheken-Thema auch eine Rolle spielte, kamen Zweifel an dieser Darstellung auf. Denn Neffs Herausforderer Armin Hagendorn behauptete, dass der Bürgermeister durchaus einen Apotheker hätte haben können.

Nach den Recherchen von Lokalmedien und den Darstellungen Hagendorns wurden durchaus einige Apotheker in Hüffenhardt vorstellig – und zumindest einer hatte ernsthaftes Interesse, wie auch einem Artikel in der „Kraichgau Stimme“ zu entnehmen war. Denn der Hüffenhardter Alexander Artner entstammt einer Apotheker-Familie, und sein in Heilbronn als Pharmazeut tätiger Vater überlegte, eine Filialapotheke genau dort zu eröffnen, wo nun der geschlossene Automat von DocMorris steht.

Ortsansässiger Apothekersohn engagierte sich

DAZ.online hat bei dem Apothekersohn, der seinem Vater bei der Suche nach einem Ort für die Filialapotheke unterstützte, nachgefragt: „Ich habe persönlich mit verschiedenen Personen sehr detailliert die betriebswirtschaftliche Seite analysiert – über einen ausreichenden Zeitraum hinweg, der eine solide Bewertung der Situation zulässt“, erklärt Artner auf Nachfrage. Knackpunkt war auch nach Aussage seines Vaters Jürgen Peimann die Frage, ob das in Hüffenhardt ansässige Wohn- und Pflegezentrum als Kunde gewonnen werden kann.

„Damals sind wir zu der Entscheidung gekommen, dass sich die Apotheke tragen würde, wenn das Pflegeheim für einige Jahre eine wirtschaftliche Basis geben würde“, erklärt Apotheker Peimann auf Nachfrage. Wie schon zuvor von der „Kraichgau Stimme“ geschrieben, hätten er und sein Sohn Artner sich Unterstützung von Seiten des Bürgermeisters erhofft: Das Pflegezentrum ist zwar nicht in Gemeindehand, doch hätte dieser durchaus beim Aufbau einer Kooperation helfen können, argumentieren sie.

Aber hat es diese Hilfe und Unterstützung auch gegeben? „Unterstützung war und ist immer vorhanden“, erklärt Bürgermeister Walter Neff gegenüber DAZ.online – nur habe er nicht „garantieren“ können, dass die Zusammenarbeit mit dem Pflegezentrum wie gewünscht läuft. Der Umsatz durch das Zentrum sei „mit Sicherheit ein großer Faktor, um die Apotheke damals und auch weiterhin hier im Ort halten zu können“, erklärt er. „Wir wollten unbedingt den Apotheker im Ort halten“, sagt Neff.

„Der Bürgermeister wollte sich nicht für uns einsetzen“

Apotheker Peimann stellt die Lage hingegen gänzlich anders dar. „Der Bürgermeister hat sich nicht erweichen lassen, sich in irgendeiner Weise für uns einzusetzen“, erklärt er. „Ich habe mich aus der Sache ausgeklinkt, als vor drei Jahren keine Unterstützung von der Gemeinde kam.“ Auch der frühere Apotheker aus Hüffenhardt hätte ihm wenig Gutes berichtet. „Ich habe vom Vorgänger gehört, dass andere Interessenten sehr schnell abgesprungen sind, als sie gehört haben, dass man sie alleine lässt – von den Räumlichkeiten abgesehen“, erklärt Peimann.

Und in der Tat: Was die Apotheken-Räume betrifft, hatte Neff vor, einem neuen Apotheker einiges zu bieten. Die Gemeinde wollte nämlich das in ihrem Eigentum befindliche Apotheken-Gebäude umbauen und erweitern, um einem neuen Apotheker angemessene Räumlichkeiten bieten zu können. Der Bauantrag sei eingereicht und genehmigt gewesen, auch seien die nötigen Gelder im Haushalt eingeplant gewesen, betont Neff auf Nachfrage.

Apotheker kritisiert Kommunikation innerhalb der Gemeinde

Ein strittiger Punkt ist laut Peimann und seinem Sohn auch die Kommunikation innerhalb der Gemeinde über das Übernahme-Angebot gewesen. „Der Bürgermeister hat offenbar aus irgendwelchen persönlichen Gründen den Gemeinderat nicht informiert“, erklärt Artner gegenüber DAZ.online. „Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen“, erwidert hingegen Neff. „Der Gemeinderat ist letztendlich schon informiert wurden“, betont er – nur habe der nicht den Namen des Apothekers genannt.

Neff: Jetzige Situation ist unbefriedigend

Aber wie geht es jetzt weiter in Hüffenhardt? Eine Apotheke wurde – wie bekannt – nicht eröffnet, und das Landgericht Mosbach hat den Betrieb des Automaten  untersagt. Allerdings ist noch ein weiteres Verfahren am Verwaltungsgericht in Karlsruhe anhängig. Die jetzige Situation bezeichnet Neff gegenüber DAZ.online als „unbefriedigend“, dennoch sieht er die Versorgung als „gesichert“ an. Er hatte im vergangenen Jahr gegenüber DAZ.online erklärt, sich notfalls auch für Gesetzesänderungen einzusetzen, um das DocMorris-Modell zu ermöglichen. „Da gibt’s nichts Neues“, erklärt er nun. Zunächst wolle er die Gerichtsurteile abwarten.

Ob Hüffenhardt nochmal die Chance für eine Vor-Ort-Apotheke bekommt, ist derweil mehr als ungewiss. „Wenn von der Gemeindeverwaltung her Interesse bestände, könnte man sich nochmal zusammensetzen“, erklärt Apotheker Peimann. Doch er ist skeptisch. „Bislang habe ich da keinerlei Signale gesehen“, betont er. In letzter Zeit habe es „keine Anstrengungen“ für eine neue Apotheke gegeben, erklärt auch Neff. Durch die Aktivitäten von DocMorris gäbe es ohnehin praktische Probleme: „Die Räumlichkeiten sind im Moment belegt, die Gemeinde hat keine“, sagt der Bürgermeister. Eigenen Angaben zufolge hat Neff spätestens seit dem Besuch des Gemeinderates in den Niederlanden guten Kontakt zu der Versandapotheke. „Wir sind ständig in Kontakt“, erklärt der Bürgermeister.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Spende....?

von Kassensklave am 19.01.2018 um 7:33 Uhr

Hat sich der Autor dieses Artikels vielleicht die Gemeindefinanzen angesehen.... gabs da vielleicht in jüngerer Vergangenheit eine dicke Spende .... oder fährt der Herr Bürgermeister einen neuen Mercedes..... ?

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Lokalpolitik goes Großkapital

von ratatosk am 18.01.2018 um 23:08 Uhr

Die Einwohner sollten kurz mal überlegen, was mit der nächsten kleineren Firma passiert, wenn der Gemeinderat die Wahl zwischen dem Wohlwollen von Großkapital und Unterstützung für ansässige " Kleinunternehmen " hat.
Sehr schnell ist da mal eine kleine Genemigung nicht möglich, aber der Neubau von was Großem. Und gegen im Ausland legal kaum Steuern zahlenden Unternehmen, gerade die Niederlande gehören ja zu den weltweit führenden Steuroasen !, hat ein ansässiges Unternehmen kaum mehr Chancen, vor allem, wenn auch noch die eigenen ! Lokalpolitiker dagegen arbeiten.

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Der kleine Apotheken-Lackmustest im Musterländle ...

von Christian Timme am 18.01.2018 um 11:36 Uhr

Die weitere „Ausleuchtung“ dieser Provinzposse bleibt interessant. BW könnte ja schon in der Vergangenheit mit großem „Veränderungspotential“ wuchern ... ein weiteres „Aufmerksamkeitsdefizit“ sollte vermieden werden ...

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