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Pharmacon Meran 2017
Hypertonie und NSAR – was muss der Apotheker wissen?
Wenn Anihypertensiva mit NSAR kombiniert werden, wird es kritisch. Angesichts der Prävalenz von Blutdruckpatienten mit dem Wunsch nach Schmerzmitteln in der Apotheke, sollten Apotheker die Gefahr eines „triple whammy“ im Auge behalten, sagt Offizinapotheker Dr. Eric Martin auf dem Pharmacon in Meran.
Etwa ein Drittel aller behandelten Blutdruckpatienten erreichen ihr Therapieziel nicht, erklärte Apotheker Dr. Eric Martin in seinem Vortrag auf dem Pharmacon in Meran. Unter anderem können Wechselwirkungen der Grund für ein vermindertes Ansprechen einer antihypertensiven Therapie sein – und darauf sollten Apotheker achten.
„Die Wirkstoffgruppe, die Sie ganz zentral in der Blutdrucktherapie im Auge behalten müssen, sind Schmerzmittel. Und das aus mehrfachen Gründen“, mahnt Martin. Gerade in der Selbstmedikation spielten NSAR eine nicht zu unterschätzende Rolle – hier eine Tablette gegen Kopfschmerzen, da gegen die Beschwerden im Rücken. NSAR schwächen die Wirkung antihypertensiver Arzneimittel ab. Auf den ersten Blick, sei die bloße Zahl nicht weiter besorgniserregend oder dramatisch – die Steigerung des arteriellen Mittelwertes liege bei 5 bis 6 mmHg, erklärt Martin. Am wenigsten ausgeprägt sei der Effekt bei einer Therapie mit Calciumkanalblockern.
Was macht NSAR kritisch bei Bluthochdruckpatienten?
Prostaglandine zeichnen verantwortlich für die regionale Nierendurchblutung. Sie haben vielfältige Wirkung hinsichtlich der endogenen Blutdrucksenkung – gefäßerweiternde Prostaglandine senken den peripheren Gefäßwiderstand, außerdem fördern sie im dick aufsteigenden Schenkel der Henle Schleife die Natriurese. Bei einer Hemmung der Prostaglandine durch NSAR kommt es hingegen zu einer Natrium- und Wasserretention. „Das merken Sie auf der Waage, wenn Sie einmal eine Schmerztablette genommen haben“, sagt Martin. Somit sei der resultierende Effekt von NSAR auf den Blutdruck wahrscheinlich eine Kombination aus Natriumretention, vermehrtes Ansprechen auf vasokonstriktorische Reize und Erhöhung des Gefäßwiderstands.
Doch das ist laut Martin nur eine Facette. „Auch die Einschränkung der Nierenfunktion ist hochbedeutsam“. Denn nicht nur Angiotensin II, auch Prostaglandine wirken positiv auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Der potente Vasokonstriktor Angiotensin II erhöht die GFR vor allem durch eine Verengung der efferenten Arteriole, somit steigt der Druck im Glomerulus und die Menge an abgepresstem Primärharn. RAAS-Blocker, wie ACE-Hemmer oder ATII-Blocker, schränken dies ein. Unter physiologischen Bedingungen kompensieren Prostaglandine jedoch diesen Effekt. Sie dilatieren das zuführende Gefäß zum Glomerulus, Vas afferens, fördern so die GFR und garantieren eine ausreichende Nierenperfusion.
Triple whammy: RAAS-Blocker, NSAR, Diuretika
Kombiniert man beide Wirkprinzipien – RAAS-Hemmung und NSAR – sinkt die Nierenfunktion, da beide Substanzklassen die GFR einschränken. Zusätzlich vermindern NSAR die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Noch kritischer wird es laut Martin für die Nieren, wenn der Hypertoniker zusätzlich Diuretika einnimmt. Diese führten über eine Volumendepletion zusätzlich zur Verminderung des renalen Blutflusses und tragen so zur Minderperfusion des Organs bei, erklärt er. „Diese Dreier-Kombination sollten Sie im Blick haben: NSAR plus RAAS-Blocker plus Diuretika, als „triple whammy“ bezeichnet, können ein akutes Nierenversagen auslösen,“ warnt der Apotheker. Insbesondere bei Risikopatienten – hohes Alter, Herzinsuffizienz oder eingeschränkter Nierenfunktion. Entgleisungen drohten vor allem auch bei Durchfall oder Exsikkose.
Wie sollen Apotheker bei Hypertonikern mit Schmerzmitteln vorgehen?
Im Umgang in der Offizin mit der „Allerweltssituation Schmerzmittel“ empfiehlt Martin, Risikofaktoren zu erfragen. Liegt weder eine Herz- oder Niereninsuffizienz vor, dann steht die blutdrucksteigernde Wirkung durch NSAR im Vordergrund. Es gilt: „Befristet, ja – moderat dosiert, ja, aber immer noch Therapiealternativen prüfen“, rät der Apotheker. Liege eine Nierenfunktionsstörung, Herzinsuffizienz oder eine Dehydratation vor, sieht Martin die Grenzen der Selbstmedikation erreicht. Hier sollten Schmerzmittel nicht ohne Kenntnis des behandelnden Arztes eingesetzt werden und so restriktiv wie möglich.
„Apotheker spielen eine wichtige Rolle“, sagt Martin. Das zeigt der Apotheker anhand einer randomisierten kontrollierten Studie, die untersuchte, welchen Einfluss Apotheker auf Blutdruckzielwerte haben, wenn sie in das primäre Behandlungsteam integriert sind. „Die Wirksamkeit ist wirklich beeindruckend“, sagt Martin. Durch Medikationsanalyse, durch engmaschige Überwachung von Blutdrucktherapie und BMI bei Typ 2-Diabetikern gelang es, dass signifikant mehr Patienten ihre Blutdruckzielwerte erreichten. Die number needed to treat für eine Blutdrucksenkung um zehn Prozent lag gerade mal bei sieben Patienten. „Seien Sie sich dieser Wirksamkeit bewusst und engagieren Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen – für eine Verbesserung der Versorgungsqualität bei Hypertoniepatienten“, schließt der Apotheker.
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