Nordrhein-Westfalen

Apotheker schwärmt von seinem Abgabeautomaten

Berlin - 20.01.2017, 13:00 Uhr

Kommt gut an: Ein Apotheker im nordrhein-westfälischen Hagen betreibt vor seiner Apotheke einen Abgabeautomaten für Pflaster, Kondome, etc. Bei seinen Kunden kommt das gut an. (Foto: privat)

Kommt gut an: Ein Apotheker im nordrhein-westfälischen Hagen betreibt vor seiner Apotheke einen Abgabeautomaten für Pflaster, Kondome, etc. Bei seinen Kunden kommt das gut an. (Foto: privat)


Mit dem neuen Chef der Hagener Rathaus-Apotheke kam auch eine Innovation für das Bundesland Nordrhein-Westfalen in die Stadt. Seit April gibt es vor seiner Offizin Nicht-Apothekenpflichtiges auch aus dem Automaten. Beratung oder Arzneimittel gibt es an dem Gerät aber nicht. Die Amtsapothekerin musste aber schon einmal intervenieren.

„Zwischendurch bekomme ich mit, wie es regelrechte Führungen zu unserer Apotheke gibt. Dann bleiben die Menschen stehen, zeigen auf unseren Automaten und sagen, dass das der einzige Apotheken-Automat in ganz Nordrhein-Westfalen sei“, sagt Christian Fehske, Inhaber der Rathaus-Apotheke in der nordrhein-westfälischen 186.000-Einwohner-Stadt Hagen. Ein wenig stolz seien die Hagener wohl auf das Gerät, das seit April 2016 einen Teil der Schaufenster-Fläche der großen Apotheke mit fast 80 Mitarbeitern einnimmt.

Anfang Juli hat Fehske die Apotheke nun in der dritten Generation von seinem Vater Klaus übernommen. Bei der Planung der Übergabe, die sehr harmonisch verlaufen sei – „ganz ohne Generationenkonflikt“ – sei klar gewesen, dass ein frischer Wind einkehren werde. „Wir haben dann die Apotheke um ein benachbartes Ladenlokal erweitert und einiges modernisiert“, sagt Fehske. Einen Teil der Fläche der Schaufenster des dazugekommenen Teils nimmt nun der Automat namens „Pharmashop24“ ein. Der ähnelt den Geräten, an denen man etwa an Bahnhöfen Süßigkeiten oder Snacks ziehen kann – mit dem Unterschied, dass in Hagen zwischen 100 und 150 Artikel aus dem rezept- und beratungsfreien Sortiment der Apotheke zu haben sind.

Am besten verkaufen sich Kondome und Schwangerschaftstests

„Kondome und Schwangerschaftstest verkaufen sich am besten“, verrät Fehske. Daneben gibt es aber auch etwa Windeln, Babymilch, Hustenbonbons, Handcremes, Pflaster und etliches mehr. Alles Dinge, die apothekenüblich, aber nicht apothekenpflichtig sind, erklärt Fehske, und die man etwa auch in einem Drogeriemarkt kaufen könnte.

Auch wenn es ein Apotheken-Automat ist, hat das Gerät nichts mit Projekten zu tun, wie sie etwa die niederländische Versandapotheke DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt plant. Dort sollen an einem Automaten auch Medikamente auf Rezept ausgegeben werden, allerdings mit einer entsprechenden Beratung und Kontrolle per Videoschaltung. Tests mit einem ähnlichen Projekt namens Visavia waren 2014 in Rheinland-Pfalz abgebrochen worden, 2010 war eine solche Beratung per Video mit dem Visavia-Projekt vor dem Bundesverwaltungsgericht abgelehnt worden, weil die Dokumentationspflichten des Apothekers in dem Fernverfahren nicht erfüllt seien.

Ist das überhaupt erlaubt?

In Hagen plant Apotheker Fehske aber auch gar keine Abgabe von Arzneimitteln in seinem Automaten – und dürfte das auch gar nicht. Denn an dem Automaten gibt es ja gar keine Möglichkeit der Beratung – und die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel ohne Beratung an einem Automatensystem ist in Deutschland nicht gestattet. „Unser Automat enthält auch nur Produkte, für die es gar keinen Beratungsbedarf gibt“, sagt Fehske. Dass diese erlaubte Automaten-Ausgabe aber auch Grenzen hat, musste Fehske bereits feststellen. So habe man anfangs auch Hustentee dort bereitgestellt. Dagegen intervenierte aber die Amtsapothekerin. Denn für Produkte wie Tees mit einer medizinischen Wirkung wie jenem Hustentee gebe es sehr wohl einen Beratungsbedarf – schon wegen möglicher Allergien. Daher wurde dem Apotheker nicht gestattet, diese Produkte in seinem Automaten zu verkaufen.

In NRW ist der Automat ein Unikum, in ganz Deutschland nur einer von insgesamt sechs aufgestellten Geräten. Weitere stehen in Berlin, Frankfurt und München, wo 2012 der erste installiert wurde. In Italien dagegen, wo der Hersteller der Automaten seinen Sitz hat, gebe es rund 1000 davon – laut Hersteller sind es weltweit derzeit rund 1500 Geräte. „Kunden, die aus dem Italien-Urlaub zurückkommen, sagen dann immer, in Italien hätten sie unseren Automaten gesehen“, sagt der Apotheker. Den Support für den Automaten gäbe es dann aber auch nur in Italienisch und Englisch per Telefon oder Skype, spricht Fehske einen kleinen Nachteil an. In Italien verkaufen die Apotheker ebenfalls nur rezeptfreie nicht apothekenpflichtige Waren – sehr gut würde sich dort allerdings auch Sex-Spielzeug verkaufen, ein Sortiment, das Fehske nicht in seinem Gerät bereitstellen will.

Anschaffung in rund fünf Jahren amortisiert

An dem zentralen Standort der Apotheke nahe mehrerer Bushaltestellen werde der Automat gut angenommen. Vor allem am Wochenende und nachts aber auch während der ganz normalen Öffnungszeiten würden Kunden Produkte dort kaufen. Nachts anscheinend insbesondere Kondome und Schwangerschaftstests. Das niederschwellige Angebot werde da dankend angenommen. Eigentlich hatten Fehske und sein Vater aber gar nicht mit der guten Resonanz gerechnet.

 „In rund fünf Jahren schätze ich, hat sich der Automat amortisiert“, sagt der Apotheker. Das sei in Ordnung für eine solche Anschaffung. Eine große Entlastung sei das Gerät auch für den Notdienst. „Artikel wie Pflaster oder Babymilch, für die früher der Notdienst herausgeklingelt wurde, werden jetzt am Automaten gekauft“, sagt Fehske. Wenn er Notdienst habe, bekomme er aber mit, wie oft der Automat genutzt wird. „Der poltert halt ein bisschen“, sagt der Apotheker.

Es kommt auf einen guten Standort an

Die Idee, das moderne Gerät nach Hagen zu holen, sei seinem Vater und ihm gemeinsam gekommen. „Wir haben das mal auf der Expopharm gesehen“, sagt er. Entschieden hatte man sich dann für die „XL-Variante“ des Automaten – „der sollte ja auch einen Gutteil der Schaufensterfläche einnehmen“, erklärt Fehske. Rund 20.000 Euro hat das Gerät gekostet. Das sei sicherlich auch ein Grund, warum sich der italienische Hersteller auf dem deutschen Markt noch schwer tue mit seinen Apotheken-Automaten. „Wir sind eine recht große Apotheke und können so eine Investition stemmen“, sagt Fehske. Dazu käme der sehr gute Standort der Offizin, der für den Automaten bestens geeignet sei. „Das geht halt nicht überall“, sagt der Apotheker.

„Außerdem“, sagt er, „sind Apotheker nicht unbedingt die experimentierfreudigsten Menschen.“ Für so eine Sache brauche man auch etwas Pionier-Geist. „Und den haben wir“, sagt Fehske.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Automaten Apotheken

von Dr.Diefenbach am 23.01.2017 um 13:37 Uhr

Bisher hielt ich die Fehske Truppe immer für Top und bewundernswert.Das ist jetzt vorbei.Wenn man solcherlei Dinge installiert ,erübrigen sich halt massenweise unsere Argumente zum Erhalt bewährter Strukturen.Eigene "Strategien"sind eben nicht immer eine zukunftsweisende Installation.Die können auch gut nach hinten losgehen

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Auch in Frankreich

von Brigitte Hillner am 23.01.2017 um 8:40 Uhr

So einen Automaten, ziemlich ähnlich bestückt, habe ich n vor einigen Jahren in einer französischen Kleinstadt vor der örtlichen Apotheke gesehen. Der ein oder andere deutsche Kollege hat auch schon einen Kondom-Automaten vor der Tür, also ganz neu ist der Gedanke nicht.

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