- DAZ.online
- News
- Apotheke
- Venenmittel – schlucken...
ZUSAMMENFASSUNG
Ökotest untersuchte Venenmittel – „mangelhaft“ und „ungenügend“ lauten die vernichtenden Urteile der Verbraucherschützer für Cremes und Gele. Wie schneiden Tabletten und Kapseln bei Venenleiden ab? Und sind Präparate aus der Apotheke empfehlenswerter als aus dem Drogeriemarkt?
Fast jede Frau kennt die unschönen, fein-rotvioletten Verästelungen, die sich hartnäckig über Ober- und Unterschenkel schlängeln. Vielleicht sogar die knotigen, dicken blauen Adern, die reliefartig die Kniekehlen und Waden zu dominieren scheinen. Besenreiser und Krampfadern sind oberflächliche Zeichen eines schwachen Bindegewebes und von schwachen Venen. Die tiefen Venen sieht man nicht. Sie liegen zwischen den Wadenmuskeln und sind hauptsächlich für den Rücktransport des Blutes entgegen der Schwerkraft verantwortlich. Funktioniert dieser nicht mehr einwandfrei, sind geschwollene und schmerzende Beine die Folge. Insbesondere im Sommer klagen Patienten in der Apotheke über Venenleiden. Wäre es da nicht schön, einfach durch Pillen und Salben diesen beschwerlichen Nebenwirkungen heißer Sommertage beizukommen?
Ökotest ging dieser Frage auf den Grund. Die Verbraucherschützer testeten insgesamt 31 Venenmittel – 18 davon waren zum Einnehmen, 13 zum Einreiben. Die untersuchten Präparate umfassten neben Produkten aus dem Reformhaus und Drogeriemarkt auch apothekenpflichtige Arzneimittel.
Vernichtend: Topische Venenmittel – „mangelhaft” bis „ungenügend”
Bei Cremes und Gelen sind sich die Verbraucherschützer einig: Für kein einziges Präparat gibt es Nachweise zur Wirksamkeit. Offenbar macht es bei Fragen der Wirksamkeit auch keinen Unterschied, ob ein Extrakt aus Weinlaub (Antistax® Venencreme), Rosskastanie oder Chondroitinpolysulfat (Hirudoid® Gel Stada) als wirksames Agens eingesetzt wird. Sei Menthol enthalten, kühle dies angenehm – der Nutzen des Monoterpens, die Venenleiden zu lindern, sei allerdings nicht belegt.
Professor Schubert-Zsilavecz vom Pharmazeutischen Institut der Goethe-Universität Frankfurt am Main, betätigt dieses Urteil vom wissenschaftlichen Standpunkt:
Für alle lokal-oberflächlich anzuwendenden Zubereitungen liegen bis heute keine Daten aus zeitgemäßen klinischen Studien vor, die die Wirksamkeit für die beanspruchten Indikationen belegen. Insofern können die entsprechenden Produkte nicht empfohlen werden.
Sechs der Cremes halten die Tester für „mangelhaft“. Das war noch das beste Urteil, zu dem sich Ökotest durchringen konnte. In sieben Fällen verteilten sie ein „ungenügend“ – das ist die schlechteste Bewertung, die möglich ist. In die abschließende Beurteilung bezog Ökotest neben der Wirksamkeit auch die Unbedenklichkeit weiterer Inhaltsstoffe, Mängel bei der Deklaration und den Preis des Produkts mit ein.
Ökotest versteht unter Deklarationsmängeln fehlende Hinweise in der Gebrauchsinformation zu therapeutischen Alternativen wie Kompressionstherapie oder kalte Wassergüsse. „Darüber sollten Verbraucher aufgeklärt werden“, findet das Magazin.
Sind Cremes zumindest unbedenklich?
Die Arzneimittel Hirudoid® Gel von Stada und Venostasin-Gel® Aescin – zwar ebenfalls mit „mangelhaft“ bewertet – enthalten zumindest keine umstrittenen Hilfsstoffe. Das gleiche gilt für die Präparate von Rossmann (Altapharma® Venon Gel N), dm (Das gesunde Plus® Venen Gel N) und Müller (Fit und Vital® Venen Gel N). Preislich punkteten die Drogerieprodukte bei Ökotest verglichen mit den Apothekenpräparaten: Kunden zahlen bei dm 2,19 Euro, ein vergleichbares Produkt aus der Apotheke kostet etwa 13 Euro.
Unbedenklichkeit ist nach Ansicht der Ökotestler die Mindestanforderung an die topischen Venenmittel – wenn sie schon nicht wirkten. Umstrittene Zusätze wie Polyethylenglykole, Parabene, Salicylsäure, allergieauslösende Duftstoffe wie Lyral und Diethylphtalat, führten somit zum Punkteabzug in der Bewertung.
Parabene als Konservierungsmittel enthielten die Aldi Venen-Aktiv-Creme® oder das Präparat der Firma Abtei. Abtei fiel außerdem durch Lyral als sensibilisierenden Duftstoff negativ auf. Zusätzlich fand Ökotest im Abtei Venen-Aktiv-Balsam® einen nicht deklarierten Inhaltsstoff – Cumarin.
Antistax® Venencreme – ein apothekenpflichtiges Arzneimittel – überzeugte die Verbraucherschützer ebenfalls nicht: Sie bemängelten die enthaltene Salicylsäure, die „hauterweichend und -auflösend wirkt”. Im Bein-Gel von Klosterfrau fanden sich stark erhöhte Konzentrationen Diethylphtalat. Der Weichmacher greift Kunststoffe an.
Das abschließende Ökotest-Urteil zu den Topika bei Krampfadern, Besenreisern & Co.:
Wer auf Cremes und Gels setzt, wird enttäuscht.
„Sehr gut ” bei Kapseln und Tabletten aus der Apotheke
Bessere Daten zur Wirksamkeit gibt es bei oralen Präparaten zur Behandlung der Venenschwäche. Insgesamt schnitten Kapseln und Tabletten überzeugender ab. Für drei Wirkstoffe gibt es Wirksamkeitsnachweise: Oxerutin (Venoruton® Intens), standardisierter Extrakt aus Rosskastaniensamen und standardisierter Extrakt aus rotem Weinlaub.
Ökotest weist darauf hin, bei Extrakten aus Rosskastaniensamen auf das Extraktionsmittel – Methanol oder Ethanol – zu achten, und dass der Extrakt auf das Saponingemisch Aescin eingestellt sei. 100 Milligramm Aescin pro Tag müssten zur Wirksamkeit eingenommen werden. Bei Extrakten aus rotem Weinlaub gebe es derzeit lediglich für Antistax® Extra Venentabletten von Boehringer Ingelheim überzeugende Studiendaten – diese könnten jedoch nicht ohne Weiteres auf Weinlaubextrakte anderer Hersteller übertragen werden, betont Professor Schubert-Zsilavecz.
Kritisch zu bewerten seien Arzneimittel zur traditionellen Anwendung, Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel. Diese benötigen für ihren Marktzugang keine Nachweise zur Wirksamkeit.
Von den insgesamt 18 Venenmitteln zur oralen Einnahme, bewerteten die Verbraucherschützer acht Präparate mit „sehr gut“. Darunter Aescorin® Forte Hartkapseln von Steigerwald, Aescusan® Retard 50 Tabletten der Firma Mibe, Antistax® Extra Venentabletten sowie die Venentabletten von Ratiopharm und Stada.
Venoruton® bekam als Testurteil „gut“. Abzüge gab es durch den Einsatz synthetischer Farbstoffe und Deklarationsmängel.
Die Verlierer aus der Drogerie: Nicht wirksam!
Anders als bei den Cremes, zeigt sich bei Venenmitteln zum Einnehmen, dass Arzneimittel aus der Apotheke erheblich besser abschneiden. Bei fast allen Präparaten ist die Wirksamkeit nachgewiesen. Veno® Sl 300 Hartkapseln besteht mit dem Inhaltsstoff Troxerutin den Wirksamkeitsnachweis nicht. Das niederschmetternde Urteil der Verbraucherschützer: „Ungenügend”
Dm, Rossmann und Abtei können für ihre Präparate keine Wirksamkeit nachweisen. Das Nahrungsergänzungsmittel von Tetesept hält dem kritischen Auge der Tester ebenfalls nicht stand. Sie bekommen für ihre Präparate durchweg schlechte Zensuren: „Mangelhaft“ und „ungenügend“.
Lesen Sie hier die Zusammenfassung
Was nehmen Sie für die Beratung in der Apotheke mit? Sport, Stützstrümpfe, Kapseln schlucken.
Cremes und Gele als Venenmittel können durch kühlende Inhaltsstoffe subjektiv angenehm sein. Venenleiden bessern sie nicht. Bei leichteren Venenbeschwerden können orale Arzneimittel unterstützend hilfreiche Dienste tun. Gute Daten zur Wirksamkeit gibt es für Oxerutin (Venoruton® intens Filmtabletten) und für Trockenextrakte aus Rosskastaniensamen und roten Weinrebenblättern. In der Beratung sollten Apotheker auf apothekenpflichtige Arzneimittel zurückgreifen, für die Wirksamkeitsnachweise existieren – zum Beispiel: Antistax® extra Venentabletten, Venentabs® Ratiopharm, Venentabletten® Stada, Aescusan® Retard 50 Tabletten, Aescorin® Forte Hartkapseln
Venenmittel können nur als unterstützende Maßnahme gesehen werden. Sport aktiviert die Muskelpumpe. Die fördert den venösen Rückstrom. Die Kompressionstherapie ist bei Venenleiden Mittel der Wahl – auch wenn sie bei Betroffenen meist äußerst ungeliebt sind.
1 Kommentar
Venen-Cremes in Öko-Test
von Bernd Schinschel am 02.08.2016 um 10:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.