Unterschiedliche Auffassungen

Dürfen Zahnärzte die „Pille“ verordnen?

26.03.2015, 12:23 Uhr

Die Verordnung der „Pille“ fällt nicht unter die Zahnheilkunde. (Foto: Brigitte Meckle/Fotolia)

Die Verordnung der „Pille“ fällt nicht unter die Zahnheilkunde. (Foto: Brigitte Meckle/Fotolia)


Dürfen Zahnärzte Arzneimittel verschreiben, die nicht in Zusammenhang mit der zahnärztlichen Heilkunde stehen? Oder konkret, darf eine Zahnärztin sich selbst die „Pille“ verschreiben? Eine Meldung zu dieser Thematik hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt. Kommentare und Nachfragen zeigen, dass die Auffassungen zu dieser Frage unter Apothekern auseinandergehen. Und auch die Bundes-Zahnärztekammer bewertet die Lage – zumindest was den Eigenbedarf angeht – anders als die Apothekerkammern.

Die Arzneimittelkommission der Bundes-Zahnärztekammer (AKZ) bezieht in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“ aus dem Jahre 2008 zu diesem Thema klar Stellung (zm 98, Nr. 7, 1.4.2008): „Die Verschreibung von Analgetika, Lokalanästhetika und Antibiotika sei gesetzlich durch die Approbation abgedeckt. Die Verordnung eines Humanarzneimittels, das nicht primär dazu geeignet ist, Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten vorzubeugen bzw. diese zu behandeln, überschreite jedoch relativ eindeutig den durch die zahnärztliche Approbation abgedeckten und definierten Bereich der Zahnheilkunde.“ Auch die Verordnung des Eigenbedarfs dieser nicht primär zahnheilkundlichen Arzneimittel sieht die AKZ bei „genauer Betrachtung“ nicht durch die zahnärztliche Approbation gedeckt. Daher, so heißt es weiter, sollten Eigenbedarfsverordnungen auf begründete Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Keine Unterscheidung

Diese Interpretation der Rechtslage zum Eigenbedarf entspricht allerdings nicht der der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK). Dort nimmt man keine Unterscheidung zwischen Eigenbedarf oder Bedarf für die Behandlung eines Dritten vor. Nach Auffassung der BLAK darf der (Zahn-)Arzt Rx-Arzneimittel nur in erlaubter Ausübung seines Berufs verschreiben. Die Approbation als Zahnarzt berechtige daher ausschließlich zur berufsmäßigen, auf zahnärztliche wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Die Apotheke dürfe demnach ein Rezept über die „Pille“ nicht beliefern. Ob es sich um Eigenbedarf oder um Bedarf für die Behandlung eines Dritten handelt, sei hierbei unerheblich. Auch die LAK Baden-Württemberg teilt diese Auffassung.

Ebenso wird die Rechtslage im Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung (Cyran/Rotta Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, § 17 Rdnr. 681 ff.) bewertet: „Ein Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt darf Arzneimittel nur in dem Bereich des Zweiges der medizinischen Wissenschaft verschreiben, in dem er ausgebildet ist und auf den seine Approbation lautet. […] Einem Zahnarzt ist die Verschreibung oraler Ovulationshemmer nicht gestattet.“ An dieser Stelle wird auf eine „Verlautbarung der Bundesärztekammer zur Pille“ aus dem Jahre 1967 verwiesen.

In der heißt es, dass bei regelmäßiger Einnahme von Ovulationshemmern halbjährlich gynäkologische Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Derartige Vorsorgemaßnahmen seien aber an die Verordnung und Überwachung der Anwendung an einen Arzt gebunden. Der Kommentar führt dann weiter fort, dass bei objektiv erkennbarer Überschreitung der Verschreibungsbefugnis das verschriebene Arzneimittel vom Apotheker nicht abgegeben werden darf. Eine Differenzierung zwischen Eigenbedarf und einer Verordnung für Dritte findet auch an dieser Stelle nicht statt.

Und nun?

Auch wenn einzelne Zahnärztinnen und Zahnärzte das vielleicht anders sehen mögen: Die Verordnung der „Pille“ fällt nicht unter die Zahnheilkunde. Warum sollte also das Rezept einer Patientin über die Antibabypille aus einer Zahnarztpraxis abgelehnt, eines, das sich eine Zahnärztin für sich selbst ausgestellt hat, aber akzeptiert werden?


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3 Kommentare

Kontrolle

von Wilmer am 21.02.2017 um 18:55 Uhr

Ärzte und Zahnätzte sind nach ihren Approbationsordnungen in der Arzneimittellehre ausgebildet und staatlich geprüft worden. Ihnen ist die Beurteilung der Arzneimittelwirkung überlassen. Dem Apotheker ist nicht aufgegeben, zu überwachen, ob sich der Verordnende nur auf seinem Berufsfeld bewegt! Paragraf 17 Absatz 5 schreibt ihm vor, Bedenken zu klären, bevor er Arzneimittel abgibt. Nach Paragraf 20 hat er Ärzte zu beraten und zu informieren, ohne ihre Therapie zu beeinträchtigen. Er darf die Abgabe nicht einfach verweigern, weil ein Zahnarzt ein Mittel verordnet hat, von dem der Apotheker annimmt, es könne nicht der Zahnheilkunde dienen!

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§4 Abs. 2 AMVV

von Xenophon Amanantides am 17.03.2016 um 18:47 Uhr

Eh Leute, hier geht es um Eigenbedarf, der keiner schriftlichen oder elektronischen Form bedarf und nicht um eine Verschreibung zur Abgabe an Dritte. Und wenn Ihr meint, für den Eigenbedarf gelte das gleiche wie für die Verschreibung, weshalb gibt es dann seit ewigen Zeiten einen § 4 Abs.2 AMVV?

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AW: zu §4 Abs. 2 AMVV

von Malu Menger am 29.07.2016 um 11:04 Uhr

Lieber Xenophon, ich schreibe das nun, weil es schon der zweite Eintrag dieser Art ist, den ich unter verschiedenen Artikeln zu diesem Thema gefunden habe. Es geht doch hier gar nicht darum, ob der Zahnarzt, wenn er Arzneimittel für den Eigenbedarf in der Apotheke holt, für sich ein Rezept ausstellt oder nicht (jeder Apotheker weiß, dass das alleine mit dem Arztausweis und PA und ohne schriftlichen Nachweis möglich ist).
Es geht darum, dass ein Zahnarzt eigentlich (und das sehen anscheinend die verschiedenen Parteien etwas unterschiedlich) keine "nicht-zahnheilkundlichen Arzneimittel" holen darf und somit Arzneimittel wie z.B. Kontrazeptiva, Antidiabetika, Antidepressiva und viele viele weitere für ihn auch für den Eigenbedarf ausgeschlossen wären - Ausnahmen bilden v.a. Antibiotika, Analgetika und Lokalanästhetika, weil er das im zahnärztlichen Betrieb benötigt.

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