Gedanken hörbar machen

mp | Die Hirnforscher um Ludovic Bellier an der University of California machten im Sommer 2023 Gedanken hörbar – und stießen auf die Band Pink Floyd. Aber der Reihe nach: Werden Elektroden per Operation in ein Gehirn eingebracht, können sie dort Ströme messen. Deutlich besser geworden ist in den letzten Jahren die Möglichkeit der Forscher, diese Daten zu interpretieren – insbesondere mithilfe von Algorithmen, die auf maschinellem Lernen basieren. Die Elektroden sollen in Zukunft bei Epilepsie-Patienten beginnende An­fälle erkennen, um diese mit einem gezielten Impuls zu unterbrechen. Zudem sollen sie Hirnströme in Sprache übersetzen bei Patienten, die aufgrund einer Lähmung nicht mehr sprechen können. Dies gelang Forschern bereits – allerdings nur bei einzelnen Sätzen, zudem klang die Sprache roboterhaft. Bellier und sein Team arbeiten daran, das zu verbessern. Für ihre Studie übersetzten sie einen über zehn Jahre alten Datenschatz in Musik. Damals hatten Forscher 29 Epilepsiepatienten tausende Elektroden auf ihre Hirnoberfläche gesetzt. Die Elektroden zeichneten Ströme auf, während die Patienten das Lied „Another brick in the wall“ von Pink Floyd hörten. Nun interpretierte Ludovic Bellier die alten Daten mithilfe der neuen Technik. Seine Algorithmen lasen Hirnwellen wie eine Partitur und übersetzten den Rock-Klassiker zurück. Das Ergebnis klingt zwar etwa so, als hätte jemand das Lied in ein blechernes Kissen gebrummt. Doch Rhythmus und Melodie stimmen. Der Text „All in all, it’s just another brick in the wall“ lässt sich zumindest erahnen. Mit ihrer Studie zeigen die Autoren, in welchen Hirn­regionen Ströme gemessen und übersetzt werden müssen, um eine musikalische und rhythmische Sprache wiederherzustellen. Die Hoffnung ist, eines Tages gelähmten Menschen wieder eine Stimme zu verleihen, die natürlich klingt. |