Wirtschaft

„Dieses Gesetz wird das Engpass-Problem nicht lösen“

ALBVVG: Pharmaverbände fordern Senkung des Kostendrucks bei allen Generika

ks | Die Pharmaverbände begrüßen zwar, dass die Politik die Lieferengpässe angeht. Doch die im Referentenentwurf für das Arzneimittel-Lieferengpass­bekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) geplanten Maßnahmen gehen aus ihrer Sicht nicht weit genug.

Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbands Pro Gene­rika, sieht die Ansätze des Gesetzgebers grundsätzlich positiv: „Die Politik hat erkannt, dass das Hauptsache-Billig-Prinzip bei Generika die Versorgung destabilisiert hat und zu Engpässen führt. Es ist richtig, dass sie jetzt den extremen Kostendruck lockern will.“ Allerdings tue sie dies nicht konsequent. „Dieses Gesetz wird das Engpass-Problem nicht lösen, denn es geht seine Ursachen nur bei Antibiotika und Krebsmitteln an“, kritisiert Bretthauer. Diese speziellen Arzneimittel machten zusammen gerade einmal 1,1 Prozent aller Arzneimittel (in Tagestherapiedosen) aus. Bretthauer fragt sich daher: „Wie erklärt die Politik einer Diabetespatientin, dass ihre Versorgung weniger verlässlich sein muss als die eines Anderen?“ Aus Sicht von Pro Generika sollten die Maßnahmen für alle Generika gelten. „Sämtliche Rabattverträge für Generika müssen Kriterien enthalten, die Herstellern eine diversifiziertere Produktion gestatten“, so Bretthauer. Denn: „Auch Herz-Kreislaufmittel, Schmerz-Medikamente oder Antidepressiva werden immer wieder knapp. Ursache ist hier ebenfalls: das niedrige Kostenniveau, das diversifizierte Lieferketten unmöglich macht.“

Hans-Georg Feldmeier, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), erklärte in einem ersten Statement zum Referentenentwurf: „Die Gesundheitspolitik hat spät, aber richtigerweise erkannt, dass strukturelle Maßnahmen im Generikabereich nötig sind, um die Versorgungssicherheit zu stärken.“ Hauptursache der Lieferengpässe sei „der ungeheuere Preisdruck bei generischen Arzneimitteln der Grundversorgung, der, wie es Gesundheitsminister Lauterbach selbst eingeräumt hat, bis zum Äußersten getrieben wurde“.

Dass die Lage ernst sei, werde am Beispiel der Kinderarzneimittel auch im Gesetzesentwurf deutlich. Hier werde der Spardruck weg­genommen, was aus BPI-Sicht aber mit Blick auf die gesamte Versorgung völlig unzureichend ist. „Warum setzt man nur in einzelnen Bereichen an, wo die Probleme doch die gesamte Grundversorgung betreffen?“, fragt auch Feldmeier. Pharmazeutische Unternehmen könnten durch diverse Sparzwänge, wie beispielsweise dem Preismoratorium und „ruinösen Rabattver­trägen“, die gestiegenen Kosten nicht weitergeben und wirtschaftlich produzieren. „Jetzt braucht es ein Umdenken bei den Preisen der Arzneimittel der Grundversorgung, und zwar nicht nur in einzelnen Versorgungsbereichen, sondern in der Breite“, fordert daher der BPI-Vorsitzende.

BAH: Ausschreibepraxis bei Rabattverträgen überprüfen

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) Hubertus Cranz kommentierte: „Dass das Thema Versorgungssicherheit bei Generika Beachtung bekommt, finden wir gut. Aber ein umfassender Ansatz zur Verbesserung der Situation sieht anders aus.“ Punktuelle Korrekturen und zusätzliche Belastungen für die Hersteller seien keine Lösung für die großen Herausforderungen, betont Cranz. Sie würden nicht zu einer Verringerung von Abhängigkeiten und zu einer erhöhten Versorgungssicherheit führen. Dem BAH fehlt eine umfassende Überprüfung der Ausschreibepraxis bei Rabattverträgen. Und: „Besonders enttäuschend ist, dass der dringend notwendige Inflationsausgleich für preisregulierte Arzneimittel überhaupt nicht vorkommt“, sagte Cranz.

Der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) äußerte sich ebenfalls. Präsident Han Steutel erklärte: „Positiv an dem vorgelegten Gesetzentwurf ist, dass auch der Bundesgesundheitsminister erkannt hat, dass es Spitzenmedizin nicht zum Nulltarif geben kann. Leider bleibt es in der Ausgestaltung beim angekündigten Stückwerk, das weder dazu führen wird, künftige Versorgungsengpässe schneller zu erkennen, noch eine grundlegende Strategie verfolgt, um Versorgungssicherheit in Zukunft zu gewährleisten.“ |

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