Gesundheitspolitik

Der Norden protestiert gegen Lauterbachs Politik

Tausende kommen in Hannover zusammen / Gemeinsamer Heilberufe-Protest in Schwerin

ks/rr | Nachdem am 2. November bereits eine gemeinsame Protestaktion der Heilberufler in Erfurt stattfand, starteten am 9. November die von der ABDA initiierten regionalen Proteste: Den Anfang machte der Norden. Rund 3000 Apotheker:innen, PTA, PKA und sonstige Apothekenbeschäftigte aus Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kamen in Hannover zusammen. 

Apothekenteams, die sich nicht selbst mit Transparenten und Kittel- oder Westen-Botschaften ausgestattet hatten, bekamen die von der ABDA gesponserten weißen Warnwesten mit der Aufschrift „Apotheken stärken. Jetzt!“ sowie Protesttafeln. Berend Groeneveld, Vorstandschef des LAV Niedersachsen, brachte die Sorgen der Apotheken auf den Punkt und animierte die Anwesenden zu lautstarkem Protest: „Alle Apotheken stärken. Jetzt.“ Parallel machten in Schwerin um die 500 Apotheker, (Zahn-)Ärzte und Psychotherapeuten in einer weiteren Veranstaltung ihrem Unmut Luft.

Foto: AZ/ks

Auf dem Bahnhofsvorplatz in Hannover waren die Apotheker:innen sehr präsent.


Mittwoch um 12 Uhr ging es offi­ziell los auf dem Ernst-August-Platz direkt vor dem Hauptbahnhof in Hannover. Groeneveld schilderte in seiner Rede die Apotheke als Schiff in Seenot. Es sei auf Grund gelaufen, weil der Kurs nicht stimme: Der Leuchtturm, das Bundes­gesundheitsministerium, sende nämlich falsche Signale – wie soll es da möglich sein, auf Kurs zu bleiben? Groeneveld verdeutlichte, dass die jüngsten Reformvorschläge des Bundesgesundheitsministers für „Light-Filialen“ ohne Notdienst, Rezeptur und Approbierte, keinesfalls zu Einsparungen führen würden – und schon gar nicht zu einer besseren Versorgung. Dass es mehr Filialen geben werde, wenn die Anforderungen heruntergeschraubt werden, weist er zurück: „Wo eine Apotheke schließt, entsteht auch keine Apotheke light.“

Foto: Rika Rausch

Protest gegen Karl Lauterbachs Politik in Schwerin.


Vielmehr müssten jetzt wichtige Forderungen der Apothekerschaft erfüllt werden: ein Fixum von 12 Euro samt Dynamisierung und weniger Bürokratie. Während den Apotheken in Zeiten der Corona-Pandemie tatsächlich viel Freiraum eingeräumt wurde, um Patienten umgehend zu versorgen, kommt das Engpassgesetz ALBVVG und nun auch die jüngst beschlossene Austauschregelung für Kinder­arzneimittel wieder mit mehr Aufwand daher. „So kann es nicht weitergehen!“ Wenn Lauterbach davon rede, es könne für Apotheken nur mehr Geld für mehr Leistung geben, so kann der LAV-Chef dem nur entgegnen: „Wir sind an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit – wie bitte sollen wir noch mehr Leistung erbringen?“

Landespolitiker an der Seite der Apotheken

In Niedersachsen selbst ist das Verhältnis zur Politik gut – sowohl zur rot-grünen Regierung als auch zur CDU als Opposition. Das wird auch in den Reden des niedersächsischen Gesundheitsministers Andreas Philippi (SPD) und des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion im Landtag, Volker Meyer, deutlich. Beide waren zum Protest gekommen, sparten nicht an wertschätzenden Worten für alle, die in einer Apotheke arbeiten, und schlossen sich deren Forderungen nach auskömmlicher Honorierung und weniger Bürokratie an.

In Schwerin protestierten unter­dessen die Heilberufler in Sicht­weite des Schweriner Schlosses, dem Sitz des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Diese gemeinsame Aktion war bereits vor dem „Protestmonat November“ der ABDA geplant. Hier sprach u. a. der Vorsitzende des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pudimat. Arztpraxen und Apotheken seien für die wohnortnahe Gesundheitsversorgung unverzichtbar, betonte er. „Versorgung braucht Profis.“ Mit Dankesbotschaften seitens der Politik begnügt man sich nicht mehr, ebenso wenig mit Aufwandsentschädigungen wie 50 Cent pro Fall eines nicht lieferbaren Arzneimittels. Auf dieser Grundlage könne man nicht wirtschaftlich arbeiten oder wettbewerbsfähige Gehälter zahlen, geschweige denn einen Nachfolger für sein Unternehmen begeistern.

Karl Lauterbachs „Scheinapotheken“-Pläne ernteten Buh-Rufe. „Weniger Apotheken heißt ja nicht weniger Arzneimittelausgaben, sondern nur weitere Wege und längeres Anstehen“, betonte Pudimat.

Auch in Schwerin war die Landesgesundheitsministerin gekommen: Stefanie Drese (SPD) zeigte Verständnis für die Sorgen der Heil­berufler. Es gebe aber nicht die eine Lösung und auch nicht die eine Institution für die angesprochenen Probleme. Die Politik könne nur die Rahmenbedingungen schaffen, vieles liege auch in den Händen der Selbstverwaltung, spielte die Ministerin den Ball zurück.

Diese Woche Mittwoch geht der Protest der Apothekenteams im Westen weiter: in Dortmund. |

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