Prisma

Wie Wandermotten dem Wetter trotzen

Dem Totenkopf­schwärmer auf der Spur

Foto: MPI f. Verhaltensbiologie/ Christian Ziegler

Der winzige Sender wiegt nur 0,2 g. Das sind circa 15% des Körpergewichts des Totenkopfschwärmers.

mp | Das Verreisen ist nicht nur den Menschen in den Sommermonaten vorbehalten, auch im Tierreich wechseln Zugvögel, Zebras oder Wale ihre Residenz. Die kleinsten tierischen Nomaden finden sich unter den Insekten. Aufgrund ihrer Größe fiel es Wissenschaftlern bisher schwer, ihre Reisen zu verfolgen und zu verstehen. Doch neue Technologien machen es möglich. ­Myles Menz und sein Team vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz gingen dem Totenkopfschwärmer auf die Spur. Totenkopfschwärmer sind Motten, die zwischen Europa und Afrika jährlich bis zu 4000 Kilometer Strecke zurücklegen. Doch nicht allein: Ein einzelner Totenkopfschwärmer kennt die gesamte Strecke nicht, sondern der kollektive Instinkt mehrerer Generationen.

Menz und sein Team versahen die Motten mit winzigen Funksendern. Sie ließen die Insekten in Konstanz frei und flogen den Faltern mit dem Flugzeug nach. Bis zu 80 Kilometer verfolgten sie ihre Schwärmer, die in Richtung Süden über die Alpen strebten. Noch nie konnten Forscher Insekten über solch eine Distanz durchgängig beobachten. Die Biologen fragten sich: Wie können sich die Tiere orientieren? Wie gehen sie mit verschiedenen Wetterlagen um? Ihre Verfolgungsjagd in die Berge lieferte Antworten. Egal welches Wetter tobte: Die Nachtschwärmer flogen auf völlig geraden Flugbahnen. Sogar bei starkem Wind schafften sie es, auf ihrem Weg zu bleiben. Bei Starkregen flogen sie niedrig und schnell, bei günstigen Bedingungen hingegen langsam und hoch und ließen sich vom Luftstrom tragen. Für Menz ist klar: In Sachen Koordination stehen Insekten den Zugvögeln in nichts nach. Eine weitere Beobachtungsreihe soll mehr Antworten finden: Mit welcher „Karte“ orientieren sich Totenkopfschwärmer? Greifen Sie über visuelle und magnetische Kompasse zurück? Dazu werden sich die nomadischen Motten und mit ihnen die Forscher schon bald wieder auf die Reise machen. |

Literatur

Avolio C, Menz M. Die lange Reise der Totenkopfschwärmer - Die Nachtfalter nutzen ähnlich hochentwickelte Flugstrategien wie Wirbeltiere. Max-Planck-Gesellschaft 2022, News vom 11. August 2022

Das könnte Sie auch interessieren

Fische sparen Kraft im Schwarm

Gemeinsam weiter schwimmen

Über das Zugverhalten von Weißstörchen

Die Alten sind schneller

Mehrheit bestimmt die Futterstelle

Demokratische Geierperlhühner

Thermoregulatorisches Verhalten analysiert

Nicht jede Amsel fliegt in den Süden

Flugdaten ermöglichen gezielten Schutz

Steinadler vermeiden Stau

Fledermäuse verbrauchen mehr Energie an warmen Tagen

Hohe Herzfrequenz im Sommer

Menschen greifen ins soziale Gefüge ein

Wer die Giraffen stört

Landtiere wichtig für Wiederaufforstung

Zu Fuß zu mehr Artenvielfalt

Yersinien explodieren zum Wohl ihrer Artgenossen

Bomberbazillen

Auf den Spuren der Fisch-Kollektive

Schwärmen ist schlau

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.