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Länder gegen höheren Kassenabschlag
GKV-Finanzstabilisierungsgesetz in Bundesrat und Bundestag / Wie geht es weiter?
Die Länder begrüßen zwar die Absicht, die wachsende Finanzierungslücke in der GKV zu begrenzen und die Kassen stabil aufzustellen. Aber dies würden sie lieber mit Strukturreformen erreichen als mit kurzfristigen Kostendämpfungsmaßnahmen. Das macht ihre am 16. September beschlossene 30-seitige Stellungnahme zum Gesetzentwurf deutlich. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) erklärte in seiner Rede vor dem Plenum, das geplante Gesetz werde in sämtlichen Bereichen des Gesundheitswesens zu erheblichen Instabilitäten führen. Es belaste gerade jene über die Schmerzgrenze hinaus, die während der Pandemie Großes geleistet und sich als unverzichtbar erwiesen hätten. So sähen auch Apotheken „harten Zeiten entgegen“, würde der höhere Abschlag für sie Realität. Im schlimmsten Fall könne es zu Versorgungslücken kommen – gerade in ländlichen Regionen.
Ein Dorn im Auge sind den Ländern auch die zahlreichen Maßnahmen, die die Pharmaindustrie adressieren.
Zwar müsse auch diese ihren Beitrag zur Stabilisierung der Finanzen leisten, räumte Rhein ein. Aber die Bundesregierung schieße mit ihren Plänen weit über das Ziel hinaus. Die Belastungen beliefen sich vermutlich auf 4 Mrd. Euro pro Jahr – und das gefährde massiv den Standort Deutschland. Dies sei umso kritischer, so Rhein, da man gerade in der Pandemie die Verlagerung der Produktion bereut hätte. Wolle man wirklich resilient werden und die Produktion in Deutschland halten, müsse man den Standort attraktiv halten.
Neue Arzneimittel-Preisfindung separat regeln
In ihrer Stellungnahme fordern die Länder, die geplanten Änderungen am Verfahren zur Preisfindung für Arzneimittel ganz aus dem aktuellen Gesetzgebungsprozess herauszunehmen. Sie sollten einer „sorgfältigen Folgenabschätzung“ unterzogen und ggf. in einem separaten Gesetz geregelt werden.
Die Länder lehnen überdies ab, die außerbudgetären Vergütungen von Leistungen für Neupatienten zu streichen; dies gilt auch für die vorgesehenen Einschnitte bei Kliniken, die Doppelfinanzierungen bei der Pflege vermeiden sollen. Für ungeeignet halten die Länder zudem den Rückgriff auf die Reserven der Kassen. Der für 2023 vorgesehene Bundeszuschuss soll nach ihrer Ansicht 5 satt nur 2 Mrd. Euro betragen. Als „wesentlichen Lösungsbaustein“ für die Finanzierungsprobleme der GKV sehen die Länder die regelhafte Dynamisierung des Bundeszuschusses. Zudem sollte der Bund nicht länger warten, der GKV auskömmliche Beiträge für ALG-II-Bezieher zukommen zu lassen.
Die Empfehlungen enthalten auch die regelmäßig von den Ländern eingebrachten Forderungen, die Importförderklausel zu streichen und in Rabattverträgen eine Mehrfachvergabe zu berücksichtigen.
Ob und wie die massive Kritik der Länder die Parlamentarier beeinflusst, muss sich nun zeigen. Am 23. September findet die 1. Lesung im Bundestag statt. Zudem kann die Bundesregierung jetzt eine Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates verfassen und an den Bundestag weiterleiten. Das Parlament kann nachjustieren und das Gesetz beschließen. Wollen die Länder es dann noch immer nicht billigen, können sie den Vermittlungsausschuss anrufen. Zudem können sie einen Einspruch einlegen, den der Bundestag mit entsprechenden Mehrheiten aber zurückweisen kann. Kurzum: Die Länder können durchaus Druck aufbauen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen aber, dass ihre Durchsetzungskraft begrenzt ist. Dass das Parlament gerade beim Kassenabschlag nachgibt, scheint zweifelhaft. Wenn es bei einem der Leistungserbringer auf die vorgesehene Belastung verzichtet, wird es schwer die Einsparungen für die anderen zu rechtfertigen. |
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