Arzneimittel und Therapie

Hilft die Hörsturz–Spritze ins Ohr?

Intratympanale Corticoid-Injektionen lassen auf geringfügige Besserung hoffen

Die Wirksamkeit einer systemischen Corticoid-Therapie bei einem Hörsturz ist umstritten. Zunehmend wird jetzt auf eine intratympanale Corticoid-Injektion gesetzt. Die Cochrane-Gruppe „Ear Nose Throat“ (ENT) hat vor diesem Hintergrund in einem Review im Juli 2022 entsprechende Studiendaten ausgewertet.

Der akute idiopathische sensorineurale Hörverlust (ISSNHL) ist besser bekannt als „akuter Hörsturz“. Bei dieser Erkrankung des Innenohrs verändern sich die Hörschwelle und das Hörvermögen der Patienten. Weltweit werden Corticosteroide systemisch in Form von Tabletten oder Injektionen eingesetzt. Ein Cochrane-Review im Jahr 2006 kam für diese Anwendungsformen zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit der systemischen Corticoidtherapie bei der Behandlung von ISSNHL ungewiss ist.

Immer mehr Ärzte injizieren daher die Corticosteroide durch das Trommelfell direkt ins Mittelohr (intratympanische Injektion). Durch Auswertung von 30 Studien mit 2133 Teilnehmern ging die Cochrane-Gruppe ENT, der Frage nach, ob diese Methode wirksam ist.

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Sie wählte Studien aus, bei denen die intratympanale Behandlung mit keiner Behandlung, mit Placebo und mit systemischen Corticosteroiden verglichen worden war. Unterschieden wurde, ob es sich um die erste Behandlung eines Hörsturzes handelte oder ob die Betroffenen zuvor bereits eine andere (erfolglose) Behandlung erhalten hatten.

Die Cochrane-Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass bei Patienten, die zum ersten Mal wegen eines Hörsturzes behandelt wurden, das Hörvermögen durch eine intratympanale Corticosteroid-Therapie im Vergleich zu einer systemischen nur gering bis gar nicht verbessert wurde. Dieses Ergebnis beruht auf der Auswertung von 16 Studien mit 1108 Teilnehmern. Eine primäre kombinierte Behandlung könnte im Vergleich zu einer alleinigen systemischen Behandlung einen leichten Vorteil bieten (10 Studien mit 788 Teilnehmern), doch ist die Beweislage unsicher.

Bei Studien mit Teilnehmern, die schon eine erfolglose Behandlung absolviert hatten, gibt es Hinweise, dass intratympanale Corticosteroide im Vergleich zu Placebo oder keiner Therapie viele Betroffene besser hören lässt, die Hörschwelle jedoch nur gering verbessert (7 Studien, 279 Teilnehmer). Ob in der Sekundärtherapie eine kombinierte systemische und intratympanale Corticoid-Therapie einen zusätzlichen Vorteil zu einer alleinigen systemischen Therapie bietet, ist ungewiss. Zu dieser Fragestellung konnte die Cochrane-Gruppe nur eine Studie mit 76 Teilnehmern auswerten.

Nebenwirkungen unterschiedlich

Die dokumentierten Nebenwirkungen sind bei den beiden Applikationsformen systemisch und intratympanal sehr unterschiedlich. Bei der intratympanalen Behandlung besteht im Vergleich zur systemischen Gabe ein erhöhtes Risiko für Schwindel oder Ohrenschmerzen, typischerweise zum Zeitpunkt der Injektion. Bei einigen Patienten entstand ein kleines Loch im Trommelfell.

Die systemische Behandlung bringt ein erhöhtes Risiko für andere Nebenwirkungen mit sich. Schon bei kurzzeitiger Therapie kann es zur Erhöhung des Blutzuckerspiegels kommen. Obwohl nur wenig über unerwünschte Wirkungen in den untersuchten Studien berichtet wurde, sollten die unterschiedlichen Risikoprofile der intratympanalen Behandlung (einschließlich Perforation des Trommelfells, Schmerzen und Schwindel) und der systemischen Behandlung (z. B. Blutzuckerprobleme) bei der Wahl der geeigneten Behandlung berücksichtigt werden.

Die Autoren betonen, dass die Evidenzlage zu den genannten Fragestellungen schlecht ist und weitere Studien in Zukunft zu anderen Schlussfolgerungen führen könnten. |

Literatur

Plontke SK, Meisner C, Agrawal S et al. Intratympanic corticosteroids for sudden sensorineural hearing loss. Cochrane Library 2022;7:CD008080, DOI: 10.1002/14651858.CD008080.pub2

Apothekerin Alexandra Hinsken

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