Arzneimittel und Therapie

Inhalatives Levodopa für Off-Phasen

Umgehende Parkinson-Symptomlinderung durch schnellen Wirkungseintritt

cel | Tremor, Rigor, Bradykinesie – lässt die Levodopa-Wirkung nach, tritt bei Parkinson-Patienten die ­typische Symptomatik wieder auf. Inbrija soll als erstes inhalatives ­Levodopa diese Off-Phänomene rasch bessern – seit Mai ist es auf dem EU-Markt.

Zugelassen ist Inbrija® bereits seit einiger Zeit: Im September 2019 genehmigte die Europäische Kommission das inhalative Levodopa-Präparat, das bei Parkinson zur Kupierung von Off-Symptomen angewendet werden kann, nachdem der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) Inbrija® im Juli 2019 zur Zulassung empfohlen hatte. Nun wurde es in inhala­tiver Form in Deutschland eingeführt. Seit Mai ist es auf dem deutschen Markt – es ist das erste inhalative ­Levodopa (L-Dopa) überhaupt.

Eingesetzt werden darf es zusätzlich zu einer Behandlung mit Levodopa plus Dopa-Decarboxylasehemmer, wie Benserazid oder Carbidopa, um motorische Fluktuationen – Off-Symptome, sprich Phasen mit Bewegungsschwierigkeiten – abzufangen. Vorteil von Inbrija® ist, dass sich durch Inhalation die Dopamin-Spiegel rasch erhöhen und die Patienten ihre Symptome zügig lindern können. Zum Vergleich: Im Median liegt nach zwei Kapseln ­Inbrija® (66 mg Levodopa) die maximale L-Dopa-Plasmakonzentration nach 30 Minuten vor, bei schnell freisetzenden Carbidopa/Levodopa-Tabletten (25 mg/100 mg) nach 45 Minuten.

„Inbrija® wird angewendet zur intermittierenden Behandlung von episodenhaft auftretenden motorischen Fluktuationen (Off-Episoden) bei erwachsenen Patienten mit Morbus Parkinson, die mit Levodopa und einem Dopa-Decarboxylasehemmer behandelt werden“.

Vor Therapiestart sollten die Patienten bereits auf eine stabile Dosis mit Levodopa/Carbidopa oder Levodopa/Benserazid eingestellt sein. Zudem müssen sie die Symptome einer Off-Phase erkennen können.

Der Zulassungsinhaber, Acorda Therapeutics Ireland Limited, bringt Inbrija® als Kapseln auf den Markt, welche in einen zugehörigen Inhalator eingesetzt werden müssen. Das bedeutet aber auch: Die Patienten müssen in der Lage sein, den Inhalator mit den Kapseln zu bestücken. Oder es muss eine Bezugsperson geben, die diese Aufgabe bei Bedarf übernimmt. Jede Kapsel enthält 42 mg Levodopa, pro Inhalation werden lediglich 33 mg Wirkstoff abgegeben.

Maximal zwei Kapseln, nicht oral!

Für eine vollständige Dosis müssen zwei Kapseln in einem Abstand nicht länger als zehn Minuten inhaliert werden, und das nicht öfter als fünfmal pro Tag (maximal 330 mg Levodopa). Pro Off-Phase sollten nicht mehr als zwei Kapseln inhaliert werden. Als ­Signal für eine korrekte und ausreichend starke Inhalation hört oder spürt man bei Anwendung das Rotieren der Kapsel im Plastikgehäuse – sollte dies nicht zu vernehmen sein, rät die Fachinformation zu „einem tieferen und längeren Atemzug“ oder dazu, das Mundstück zu reinigen. Der Hersteller weist explizit darauf hin, dass die Kapseln lediglich inhaliert und nicht oral eingenommen werden dürfen. Der Inhalator muss nach Anwendung der letzten Kapsel der in einer Packung enthaltenen 60 Kapseln entsorgt werden.

Monotherapie mit Levodopa – wie ist das möglich?

Die oralen Levodopa-Präparate kombinieren stets einen Dopa-Decarboxylasehemmer. Der Grund: Dopamin penetriert nicht ins ZNS. Bei einer oralen Levodopa-Monotherapie gelangen nur geringe Wirkstoffmengen ins Zentralnervensystem, da mindestens 95 Prozent des L-Dopas in Darm, Leber, Nieren, Herz und Magen zu Dopamin ­decarboxyliert werden – was die ­Wirkung im ZNS schwächt und die extrazerebralen unerwünschten Wirkungen erhöht. Die Kombination mit beispielsweise Benserazid verhindert die periphere Decarboxylierung vor allem in der Darmschleimhaut nahezu vollständig. Bei Inhalation umgeht der Wirkstoff den Gastrointestinaltrakt und gelangt direkt von der Lunge ins Blut und sodann ins ZNS, was eine ­zusätzliche Dopa-Decarboxylase-­Hemmung überflüssig macht.

Die Datenlage

Die Zulassung von Inbrija® stützt sich auf eine zwölfwöchige klinische Studie (placebokontrolliert, doppelblind, randomisiert) mit 114 Patienten in der Inbrija®-Gruppe und 112 Patienten in der Placebogruppe [1]. Behandelt wurde mit Inbrija® oder Placebo als Zusatz zu einer dopaminergen Hintergrundtherapie (maximal 1600 mg Levodopa/ Tag). Die Studienmedikation konnte bei Off-Symptomen im Bedarfsfall bis zu fünfmal täglich angewendet werden (maximal 330 mg Inbrija®). Bei Studienbeginn waren die Patienten täglich mindestens zwei Stunden in der Off-Phase. Die Wirksamkeit der Behandlung wurde anhand eines Scores – „Unified Parkinson’s Disease Rating Scale“ (UPDRS) – analysiert, mit dem der Schweregrad des Morbus Parkinson (Tremor, Rigor, Bradykinesie, posturale Instabilität) anhand von Punkten zu bestimmen ist. Der UPDRS-Score wurde in der Off-Phase, je 30 Minuten vor und 30 Minuten nach Akutmedikation beurteilt. Mit inhalativem Levodopa verbesserte sich die Parkinson-Symptomatik um 9,83 Punkte bei einem Ausgangswert von 32,1 Punkten vor Inhalation, während Placebo zu einer Verbesserung von 5,91 Punkten bei einem Ausgangswert von 29,0 führte. Anhand der „Patient Global Impression of Change Scale“ konnten die Patienten zudem ihre subjektive Wahrnehmung einer möglichen Symptomverbesserung bewerten (sekundärer Endpunkt). Hier gaben 46,4 Prozent unter Placebo eine viel bessere, bessere oder wenig bessere Symptomkontrolle an, mit Inbrija® ­waren es 71,4 Prozent.

Zudem wurde in einem sekundären Endpunkt erfasst, um wie viele Minuten sich unter inhalativem Levodopa und unter Placebo die tatsächliche ­Off-Zeit am Tag reduzierte. Bestimmt wurde dies an je drei aufeinander­folgenden Tagen vor Studienbeginn und zum Ende der Studie. Diese Werte wurden miteinander verglichen. In der Tat zeigten sich hier zwischen ­Placebo und Levodopa inhalativ mit einer je halbstündlichen Verbesserung keine Unterschiede: Inbrija® verkürzte die Off-Zeit um 0,47 Stunden (Ausgangswert 5,35 Stunden), Placebo um 0,48 Stunden (Ausgangswert 5,59 Stunden).

Die häufigsten Nebenwirkungen

Sehr häufig kommt es bei Anwendung von Inbrija® zu Husten, meist leichter bis mittelschwerer Natur und in der Regel in den ersten 30 Behandlungstagen. Husten führte bei zwei von 100 Studienteilnehmern zum Abbruch der Therapie. Zusätzlich ließen sich häufig Infektionen der oberen Atemwege, Rachenreizung sowie Übelkeit, Erbrechen und Stürze beobachten. Kurz nach Inhalation beschrieben Studienpatienten zudem ein Erstickungsgefühl. |

Literatur

LeWitt PA et al.: Safety and efficacy of CVT-301 (levodopa inhalation powder) on motor function during off periods in patients with Parkinson‘s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 trial. The Lancet Neurology. Februar 2019 doi.org/10.1016/S1474-4422(18)30405-8.

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