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Management
Wenn der Fauxpas zu groß ist
Auch eine Kündigung ohne Abmahnung ist möglich
Eine außerordentliche, also fristlose Kündigung stellt grundsätzlich immer nur das allerletzte Mittel dar. Normalerweise muss einer fristlosen, verhaltensbedingten Kündigung (mindestens) eine Abmahnung vorausgehen. Und selbst davor sollten Arbeitgeber Mitarbeiter anhören, die „etwas verbockt“ haben, um Missverständnisse auszuschließen und bestenfalls erst mal „nur“ mündlich zu ermahnen. Außerdem sollten Arbeitgeber berücksichtigen, dass sie ab dem Bekanntwerden des Verstoßes ein Zeitfenster von zwei Wochen haben, um mit einer fristlosen Kündigung zu reagieren.
Nur wenn der Verstoß derart vehement und gravierend ist, dass das Vertrauensverhältnis als dermaßen erschüttert angesehen wer-den muss, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist, ist eine außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung möglich. Jüngstes Beispiel: Ein Buchhalter einer Stadtverwaltung äußerte gegenüber einer Kollegin nach einem Streit mit seinem Vorgesetzten, dass er „den kleinen Wicht aus dem Fenster schmeißen“ und „er sich das nicht länger gefallen lassen“ werde. Er gab zudem an, „kurz vorm Amoklauf“ zu stehen: „Bald wird was passieren!“, so seine Ankündigung. Das sei eine „ernstzunehmende Drohung“, so das Arbeitsgericht Siegburg, die eine fristlose Kündigung nach sich ziehen durfte. Eine Abmahnung erübrige sich. (Az.: 5 Ca 254/21)
Nicht immer sind die Fälle so klar. In der Rechtsprechung deutscher Arbeitsgerichte gibt es verschiedene Auslegungen. Grundsätzlich sollte ein Arbeitgeber sehr sicher sein und den Fehler, aufgrund dessen er eine außerordentliche Kündigung ausspricht, gut nachweisen können. Dabei geht es insbesondere um Tätlichkeiten oder Körperverletzungen bei der Arbeit, Unterschlagungen oder Diebstähle im Betrieb, aber auch Beleidigung/Rufschädigung des Arbeitgebers, der Kollegen oder der Kunden sowie Selbstbeurlaubung oder die Ausübung eines Nebenjobs, obwohl beim „Hauptarbeitgeber“ eine Krankmeldung vorliegt.
Stichwort Diebstahl: Immer wieder gibt es Fälle, in denen Dinge von relativ kleinem Wert „mitgegangen sind“ und die trotzdem zur Entlassung führten. Ist das angemessen? Zunächst ist es so, dass jeder vermeintliche Diebstahl vom Arbeitgeber nachgewiesen wer-den muss. Indizien oder Vermutungen allein reichen vor Gericht nicht aus. Grundsätzlich genügt ein vollendeter oder auch ein versuchter Diebstahl, um einem Arbeitnehmer außerordentlich kündigen zu dürfen. Der Wert der Sache ist hier kaum entscheidend. Stichwort „Bienenstichfall“: Eine Buffetkraft verzehrte ein Stück Bienenstichkuchen, der zum Verkauf bestimmt war – und bezahlte nicht. Die Mitarbeiterin flog fristlos; laut Bundesarbeitsgericht zu Recht. Im Frühjahr 1984 entschieden die Richter: „Auch die rechtswidrige und schuldhafte Entwendung einer im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sache von geringem Wert durch den Arbeitnehmer ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Ob ein solches Verhalten ausreicht, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hängt von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung ab.“ (Az.: 2 AZR 3/83)
In anderen Fällen wurden Kündigungen deswegen auch schon mal aufgehoben. Wie bei der Supermarktkassiererin, die einen Pfand-bon im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte. Dort hielten die Richter der Kassiererin zugute, dass ihr Arbeitsverhältnis bereits über mehrere Jahrzehnte bestanden hatte – und hoben die Kündigung auf. Hier hätte zunächst abgemahnt werden müssen (Az.: 2 AZR 541/09). Fazit: Auch die Entwendung von Gegenständen von geringem Wert kann eine wirksame außerordentliche Kündigung nach sich ziehen, aber ...
Auch gern falsch gemacht: „Unentschuldigtes Fehlen“ und „Selbstbeurlaubung“. Der Klassiker: Der Arbeitnehmer beantragt Urlaub für einen gewissen Zeitraum, der abgelehnt wird. Darauf-hin geht er ohne Erlaubnis dennoch in Urlaub und fehlt unentschuldigt. Oder der Urlaub wird „eigenmächtig“ verlängert. Ob bei solch einer Selbstbeurlaubung eine Abmahnung erforderlich ist, hängt insbesondere davon ab, was zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zuvor „unterredet“ wurde. Es kommt also immer auf den Einzelfall an. |
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