Die Seite 3

Chancen statt Problemkreise

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Mitten in der Corona-Krise gebar die ABDA ihr Grundlagenpapier zu den honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen (DAZ 2021, Nr. 6, S. 10). Es sollte das seit vielen Jahren angekündigte Rauchzeichen mit konkreten Zukunftsvisionen für die Apotheken sein. Doch die knapp zwei Textseiten dürften viele Erwartungen nicht erfüllt haben. Denn nach wie vor bleiben die meisten Fragen unbeantwortet. Statt der Politik und Gesellschaft Mehrwerte und Perspektiven aufzuzeigen und ihnen die pharmazeu­tischen Dienstleistungen schmackhaft zu machen, werden Schlagworte wie „Medikationsanalyse“, „Therapietreue“ und „Früherkennung“ unbekümmert durchdekliniert und mit Statistiken ­ausgeschmückt. Chancen werden zu „Problemkreisen“ degradiert. Viele, die in den letzten Jahren für die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft haben, dürfte dieser Startschuss sicher enttäuscht haben. Man fühlt sich um mehr als ein Vierteljahrhundert zurückversetzt, als es die Klinische Pharmazie noch äußerst schwer hatte, sich auch hierzulande an den Hochschulen und im Bewusstsein der Kollegen durchzusetzen.

Man kann nun spekulieren, weshalb die ABDA aus diesem Themenkomplex nach wie vor eine so undurchsichtige Sache macht. Bisher galt die Devise, dass jede öffentliche Diskussion über Tätigkeiten und Vergütungsmodelle die Gegner aus Politik und Kassenlager aufscheuchen und jegliche Chance auf Erfolg im Keim ersticken würde. Doch mit der Verabschiedung des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes (VOASG) Ende 2020 sind die Verbände der Apotheker und gesetzlichen Krankenkassen nun aufgefordert, Nägel mit Köpfen zu machen und für zunächst 150 Millionen Euro die pharmazeutischen Dienstleistungen zu etablieren. Dabei bietet dieses Papier keine vielversprechende Entscheidungsgrundlage, höchstens eine Präambel, die man zügig überblättert.

Zugegeben, die Corona-Krise ist kein günstiger Zeitpunkt, um als Berufsstand mit Gesundheitspolitikern und anderen Interessenvertretern über die Regelversorgung von morgen zu philosophieren. Die Pandemie ist gleichzeitig ein noch schlechterer Gradmesser dafür, inwiefern die Bedeutung der Apotheker und der Versorgungsstruktur auch zukünftig wertgeschätzt wird. Politische Entscheidungen, wie die Apotheken in die Ausgabe der kostenlosen FFP2-Masken einzubeziehen, sie in die nationale Teststrategie aufzunehmen und vielleicht sogar irgendwann mit Corona-Impfungen zu betrauen, werden derzeit aus der Not heraus geboren. Es bleibt daher die Aufgabe des Berufsstandes, auch nach der Pandemie die Entscheidungsträger zu erinnern und zu motivieren. Notwendig wäre dabei eine selbstbewusstere und pragmatischere Selbstdarstellung – als ein Papier im Stillen zu veröffentlichen wie das Protokoll der letzten Ausschusssitzung.

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