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„Rückschlag für die Gleichstellung“
Corona vergrößert die Lücke bei den Arbeitszeiten
Frauen waren vor Beginn der Corona-Pandemie im Schnitt fünf Wochenstunden weniger als Männer berufstätig. Im April und Oktober 2020 betrug der Unterschied dagegen etwa sechs Stunden pro Woche.
Noch größer ist der Abstand bei Familien mit Kindern im betreuungsbedürftigen Alter geworden: Bei Vätern ging die Erwerbstätigkeit im Oktober von 41 auf 39 Stunden zurück, bei Müttern dagegen von 31 auf 28 Stunden. Die Lücke betrug damit elf Stunden.
Bettina Kohlrausch, Direktorin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) und Professorin für gesellschaftliche Transformation an der Universität Paderborn, hat zusammen mit ihrem WSI-Kollegen Andreas Hövermann eine repräsentative und mehrfache Befragung von 6100 Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden durchgeführt. Die Ergebnisse betrachtet sie mit Sorge. Denn Kohlrausch befürchtet, dass nicht alle Frauen wieder zu ihren höheren Arbeitszeiten zurückkehren können – nach dem Motto „einmal reduziert, immer reduziert“.
Sorgearbeit statt Erwerbstätigkeit
Einen zentralen Grund für die Vertiefung der bestehenden Unterschiede am Arbeitsmarkt sehen die Autoren darin, dass Frauen stärker als Männer die zusätzliche Kinderbetreuung oder auch Pflege von Angehörigen übernehmen.
Zwei von drei befragten berufstätigen Müttern gaben im November an, dass sie den Hauptpart der Kinderbetreuung übernehmen. Lediglich 27 Prozent hielten die Sorgearbeit zwischen den Partnern für gleichmäßig verteilt, 7 Prozent sahen den Vater als denjenigen, der sich überwiegend um den Nachwuchs kümmert.
Ein Grund: Berufstätige Frauen erhalten oft ein geringeres Einkommen als ihr Partner. „Die finanziellen Einbußen wären größer, wenn der Mann im Job kürzertritt“, so Kohlrausch. „In der Corona-Krise zeigt sich wie unter einem Brennglas, dass Einkommensungleichheit eine ungleiche Aufteilung der Sorgearbeit noch verschärft – zuungunsten der Frauen.“
Familien klagen über Belastung
Kein Wunder: Zwei Drittel der Befragten mit betreuungsbedürftigen Kindern empfinden ihre familiäre Situation in der Pandemie als belastend. „Bei den Alleinerziehenden sagen das sogar 71 Prozent“, so Kohlrausch. Bei den Befragten ohne Kinder sind es dagegen „nur“ 48 Prozent.
Auch die Schließung des Einzelhandels mit Kurzarbeit als einer Konsequenz betrifft Frauen stärker, da hier sehr viele Beschäftigte weiblich sind. Und mit jeder Woche, in der Kitas und Schulen geschlossen bleiben müssen und nur eine Notbetreuung vor allem für systemrelevante Berufe möglich ist, verstärkt sich der äußere und innere Druck auf Frauen, zugunsten der unbezahlten Familienarbeit auf die bezahlte Erwerbstätigkeit zu verzichten.
Kurzarbeit: Bei Männern wird häufiger aufgestockt
Der Anteil von Frauen und Männern in Kurzarbeit war zwar im November 2020 ähnlich hoch (8 Prozent gegenüber 7 Prozent). Doch die finanziellen Folgen sind für die betroffenen weiblichen Beschäftigten deutlich gravierender als für die männlichen. Zum einen ist bereits das Ausgangsniveau der Erwerbseinkommen unterschiedlich hoch. Zum anderen wurde zwar bei 46 Prozent der Männer das Kurzarbeitergeld über das gesetzliche Maß aufgestockt, dies galt aber nur für 36 Prozent der Frauen. Hier sehen Kohlrausch und Hövermann einen Grund darin, dass weibliche Berufstätige seltener nach Tarifvertrag bezahlt werden. |
Quelle
NN. Frauen in der Corona-Krise stärker belastet. Hans-Böckler-Stiftung, Böckler Impuls 2021;1:1, www.boeckler.de/data/Impuls_2021_01_S1-2.pdf
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