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Die Seite 3
(K)ein Weihnachtswunder
Wenn schon nicht an den Weihnachtsmann, dann darf man ruhig an Weihnachtswunder glauben, denn diese können bekanntlich auch durch irdische Kräfte hervorgerufen werden. Dass die E-Rezepte ab Januar nun doch nicht verpflichtend eingeführt werden und wie Schneeflocken vom Himmel fallen, wundert nach den etlichen Verschiebungen dieses Jahr eigentlich niemanden mehr (S. 9). Nun gibt das Bundesgesundheitsministerium unter neuer Führung von Karl Lauterbach sogar kein konkretes Datum mehr an. Doch aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben!
Aus Sicht der Apotheken wäre es aber zum Beispiel ein Wunder gewesen, wenn die Kammern ganz ohne Einwände akzeptiert hätten, dass Apotheken für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur auch über mehrere Institutionskarten (SMC-B) mit unterschiedlichen Telematik-IDs verfügen dürfen. Doch kurz bevor es in die friedliche Adventszeit ging, hörte man Ende November lautes Gepolter aus Berlin. Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), zeigte sich höchst irritiert: „Unserer Ansicht nach darf eine Apotheke nur dann mehr als eine SMC-B-Karte besitzen, wenn es räumlich getrennte Organisationseinheiten gibt, etwa bei krankenhausbeliefernden Apotheken, oder aber als Ersatzkarte“, sagte er. In der Ausgabe mehrerer SMC-B-Karten für eine Apotheke befürchtet Benkert sogar eine Kollision mit dem Kammerrecht und kündigte an, das zu prüfen.
Dabei ist im Sozialgesetzbuch explizit vorgesehen, dass Organisationseinheiten von Leistungserbringern mit eigenen Telematik-IDs, also SMC-B-Karten, ausgestattet werden sollen. Doch dies ist den Apothekerkammern, allen voran der BAK, offenbar ein Dorn im Auge. Was den Kammern wohl nicht schmeckt, ist die Tatsache, dass Apotheken mit Versandhandelserlaubnis durch die Extra-SMC-B-Karte auch einen Extra-Eintrag im Apothekenverzeichnis der Gematik erhalten. Dadurch wären die Versand-Shops unter ihrem Markennamen zu finden und müssten nicht über die eigentliche Betriebsstätte gesucht werden. Weshalb sich allerdings plötzlich so vehement gegen die inländischen Betriebe mit (rechtmäßiger) Versandhandelserlaubnis gewehrt wird, ist nicht nachvollziehbar, vor allem deshalb nicht, weil es die ausländischen Versender sind, die den Markt beherrschen und deutsche Gesetze sowie Institutionen regelmäßig infrage stellen. Zuletzt hatte DocMorris beispielsweise per Eilantrag versucht, die neu eingerichtete Paritätische Stelle von Sanktionen bei Preisverstößen abzuhalten. DocMorris und Co. werden laut Aussage der Gematik bis Ende 2021 über die SMC-B-Karten und alle weiteren nötigen Komponenten für die Telematikinfrastruktur verfügen und damit in der E-Rezept-App direkt adressierbar sein.
Die Kammern sollten ihre Aufmerksamkeit also vielmehr den wahren Störern im System widmen und sich weniger gegen Apotheken richten, die durch ein differenziertes Leistungsangebot eben auch differenzierte Anforderungen haben. Wenn schon dem Versandhandel Paroli geboten werden soll, dann dort, wo tatsächlich Rechtsverstöße drohen und passieren und nicht auf Nebenkriegsschauplätzen! ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold hatte es im DAZ-Interview beim Rückblick auf das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 überraschend wohlwollend formuliert: „Wir müssen akzeptieren, dass wir einen Wettbewerber mehr haben auf der Welt – und das ist der Versandhandel.“
In diesem Sinne wünscht die DAZ-Redaktion „Friede auf Erden“ und schöne Weihnachten.
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