Adexa-Info

Gute Arbeit? Was die Parteien planen

ADEXA-Prüfsteine zur Bundestagswahl, Teil 3

Welche Rahmenbedingungen wollen die Parteien künftig für Beschäftigte vorgeben – und was planen sie in Sachen Tarifpartnerschaft und Mitbestimmung?

CDU/CSU: „Sichere Arbeit mit Zukunft“

Sozialpartnerschaft, Tarifautonomie und Mitbestimmung „haben wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland eine weltweit führende Industrienation geworden ist“, schreibt die Union in ihrem Programm. Damit möglichst viele Beschäftigte durch Betriebsräte vertreten sind, sieht sie die Tarifpartner in der Pflicht. Diese sollen möglichst große Handlungsspielräume erhalten.

Die Minijobgrenze wollen CDU und CSU auf 550 Euro im Monat erhöhen und diesen Wert „mit Blick auf die Entwicklung des Mindestlohns regelmäßig überprüfen“.

Die Digitalisierung erfordere eine Reform des Arbeitszeitgesetzes. „Anstelle der täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit treten.“ Gesundheit und Sicherheit im Sinne des Arbeitnehmerschutzes müssten aber gewährleistet bleiben. Eine Abweichung von der bisherigen Tageshöchstarbeitszeit soll deshalb nur für „nicht gefahrgeneigte Berufe“ möglich sein.

Außerdem will sich die Union für eine „gute berufliche Ausbildung, die zunehmende Beschäftigung von Frauen, Älteren und Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt, die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen sowie den gesteuerten Zuzug gut ausgebildeter und leistungsbereiter Menschen“ aus der EU und außereuropäischen Staaten einsetzen.

Foto: kwarner/AdobeStock

Bündnis 90/Die Grünen: Gute Arbeit, faire Löhne

Die Grünen wollen den gesetzlichen Mindestlohn sofort auf zwölf Euro anheben und dann für weitere Steigerungen sorgen. Außerdem plant sie ein branchenunabhängiges Mindestkurzarbeitergeld und den Wegfall sachgrundloser Befristungen.

Tarifverträge und eine starke Mitbestimmung sollen wieder für mehr Beschäftigte und Betriebe gelten. Ein Bundestariftreuegesetz soll dafür ­sorgen, dass öffentliche Projekte nur von tarifgebundenen Unternehmen ­realisiert werden – oder zumindest zu Tariflöhnen. Tarifverträge sollen leichter branchenweit für allgemeinverbindlich erklärt werden können. „Tarifflucht darf sich für Unternehmen nicht lohnen“, heißt es im grünen Partei­programm. „Wir wollen Betriebe verpflichten zu veröffentlichen, ob sie Tarifvertragspartei sind.“

Für die moderne, digitale Arbeitswelt fordern die Grünen „mehr Mitsprache bei Ort, Lage und Umfang der Arbeit“. Kürzere Arbeitszeiten bieten aus ihrer Sicht die „Chance, Arbeit gerechter zu verteilen, Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitnehmer*innen zu entlasten“. Auch flexible Arbeitszeitkorridore anstelle einer starren Vollzeit sollten von den Tarifpartnern auf den Weg gebracht werden. Das Arbeitszeitgesetz dürfe aber nicht zum Nachteil der Beschäftigten aufgeweicht werden.

Außerdem soll ein Anspruch auf Arbeitslosengeld schon ab vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung eingeführt werden sowie ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit auch für Betriebe mit weniger als 46 Beschäftigten.

Nicht zuletzt plant die Partei ein „effektives Entgeltgleichheits­gesetz“ mit einem „Verbandsklagerecht“, um Frauen beruflich besserzustellen, sowie eine „gendersensible Berufsberatung“, um die Festlegung auf typische Frauen- und Männer­berufe aufzubrechen.

SPD: „Arbeit wertschätzen“

Wie Union und Grüne wollen die Sozial­demokraten Vollbeschäftigung erreichen und setzen dabei auf ein „Recht auf Arbeit“.

Allgemeinverbindliche Tarifverträge sollen leichter auf den Weg gebracht werden. Und bei der Aufspaltung oder Auslagerung von Betrieben sollen Tarifverträge weiter gelten. „Die Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden ohne Tarifbindung ist unanständig“, schreibt die SPD. Eine bessere Tarifbindung sei auch eine wichtige Voraussetzung für die Lohnangleichung zwischen Ost und West. Zu den geplanten Maßnahmen gehört ein Bundestariftreuegesetz.

Weitere Forderungen der SPD sind ein Mindestlohn von mindestens zwölf Euro und die Anhebung der Gleitzone für Midijobs auf 1600 Euro.

Die Schutzfunktion des Arbeitszeit­gesetzes will die SPD erhalten und schließt eine Verlängerung der täg­lichen Arbeitszeit aus. „Da wo Gewerkschaften für die Senkung von Arbeitszeit streiten, um mehr selbstbestimmte Zeit zu ermöglichen oder Beschäf­tigung zu sichern, stehen wir an ihrer Seite.“

Für kleinere Betriebe sollen Schwellenwerte bei der betrieblichen Mitbestimmung gesenkt werden, um Beschäftigte stärker zu beteiligen. Und auch bei der Digitalisierung müssten „die Belegschaften auf Augenhöhe beteiligt werden“. Ferner will die SPD den Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder ausweiten und die „Behinderung von Betriebsratsarbeit stärker verfolgen“.

FDP: „Gleiche Chancen für Aufstieg durch Leistung“

Die Freien Demokraten fordern mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz und wollen dafür eine wöchentliche Höchstarbeitszeit statt einer täglichen. Außerdem will die FDP mobiles Arbeiten und Homeoffice nach niederländischem Vorbild stärken: Dabei muss ein Antrag von Beschäftigten vom Arbeitgeber geprüft und gemeinsam erörtert werden.

Damit Frauen und Männer für gleiche und gleichwertige Leistung gleich bezahlt werden, sollen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihren Gender-Pay-Gap veröffentlichen. Hier sollen „sowohl der durchschnittliche als auch der mittlere Verdienstunterschied und der prozentuale Anteil von Frauen und Männern in den jeweiligen Gehaltsgruppen angegeben werden“.

Die Grenzen für Mini- und Midijobs sollen erhöht und dynamisch an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt werden.

Die Linke: „Demokratie gilt auch im Betrieb“

Die Linke will perspektivisch den Niedriglohnsektor abschaffen, Tarifverträge stärken und einen Rechts­anspruch auf eine Vollzeitstelle für alle Beschäftigten schaffen. Letzteres bedeutet jedoch nicht 40-Stunden-Jobs für alle. Im Programm heißt es vielmehr: „Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrem Kampf für deutliche Arbeitszeitverkürzung in Richtung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses mit 30 Stunden pro Woche.“ Die gesetzliche Höchstarbeitszeit soll auf maximal 40 Stunden pro Woche begrenzt werden. Außerdem wollen sich die Linken für ein Mitbestimmungsrecht bei der Personalbemessung und eine Antistressverordnung einsetzen. In Betrieben ohne Betriebsrat sollen Beschäftigte durch ein „individuelles ‚Vetorecht‘ vor gesundheitsgefährdender Überlastung“ geschützt werden.

Einen Weiterbildungsanspruch für alle Beschäftigten will die Partei mit einem Weiterbildungsgeld flankieren. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch soll schrittweise von 24 auf 36 Werktage angehoben werden, damit allen Beschäftigten mindestens sechs Wochen Urlaub zustehen.

Der Mindestlohn soll auf 13 Euro steigen und dabei Zuschläge und Sonderzahlungen nicht mehr verrechnet werden. Außerdem soll die Bundesregierung ein offizielles Meldeportal gegen Mindestlohnbetrug einrichten. Bei Mini- und Midijobs soll für Unternehmen bereits ab dem ersten Euro eine volle Pflicht zur Sozialversicherung greifen.

Tarifbindung müsse für alle Unternehmen und Branchen gelten, heißt es im Parteiprogramm. Maßnahmen wie ein Bundestariftreuegesetz und allgemeinverbindliche Tarifverträge gehören auch hier dazu, sowie ein unbefristeter Schutz von Tarifverträgen bei Betriebsübergang und Auslagerung. Außerdem müssten „OT-Mitgliedschaften (‚ohne Tarif‘) in Arbeitgeberverbänden [...] abgeschafft werden“.

Und nicht zuletzt: „Solidaritätsstreiks mit Beschäftigten anderer Betriebe und Branchen und politische Streiks zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen und zur Verteidigung von Demokratie und Frieden müssen ins Streikrecht eingeschlossen werden.“

Keine Wahlempfehlung

ADEXA spricht keine konkrete Wahlempfehlung aus. Die ungekürzte Version dieses Beitrags und weitere Wahlprüfsteine finden Sie unter www.adexa-online.de/bundestagswahl |

Sigrid Joachimsthaler

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