Arzneimittel und Therapie

Von Akupunktur über Cimicifuga bis Yoga

Was Brustkrebs-Patientinnen bei klimakterischen Beschwerden hilft

Unter einer endokrinen Therapie treten klimakterische Beschwerden vor allem in Form von Hitzewallungen bei vielen Brustkrebs-Patientinnen auf. Welche medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen helfen, erläuterte Dr. Katrin Schaudig bei der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V.

Viele Brustkrebs-Patientinnen, die während einer endokrinen Therapie unter klimakterischen Beschwerden leiden, suchen Rat und Hilfe in der Apotheke. Da bei Hormonrezeptor-­positiven Mammakarzinomen hormonelle Stimulanzien vermieden werden sollten, kommen nicht alle medikamentösen Interventionen infrage. Dennoch gibt es eine ganze Palette an Maßnahmen aus den unterschiedlichsten Bereichen. So können bereits Änderungen des Lebensstils wie etwa Ausdauersport die Schlafqualität und Stimmung verbessern; auch für Yoga wurden günstige Effekte auf klimakterische und vasomotorische Symptome gezeigt. Akupunktur hilft bei Hitzewallungen, auch wenn ein Cochrane Review dieser Methode nur eine geringe Wirksamkeit attestiert. Hypnose kann zu einer objektiven und subjektiven Reduktion von Hitzewallungen führen, setzt allerdings einen geeigneten Therapeuten und Zeit voraus. Auch kognitive Verhaltenstherapien sind bei einem Teil der Patientinnen wirksam.

Foto: Flower_Garden/AdobeStock

Cimicifuga racemosa: Traubensilberkerze

Phytotherapeutika gegen Hitzewallungen

Wünscht die Patientin eine phytotherapeutische Unterstützung zur Linderung von Hitzewallungen, so sollte vorrangig Cimicifuga eingesetzt werden. Cimicifuga-haltige Arzneimittel werden durch eine alkoholische Extraktion aus dem Wurzelstock von Cimicifuga racemosa gewonnen. Es ist nicht klar, welche Substanzen biologisch aktiv sind. Isoliert wurden unter anderem Triterpenglykoside (Actein, Cimifugosid), nach deren Gehalt die Extrakte teilweise standardisiert sind. Derzeit gilt der Gesamtextrakt als der wirksame Bestandteil. Die in Cimicifuga enthaltenen Wirkstoffe binden nicht primär an Estrogen-Rezeptoren und weisen auch keine klassischen Estrogen-Wirkungen auf. Cimicifuga führt im Vergleich zu Placebo zu einer Abnahme der Hitzewallungen um 20 bis 25% und hat möglicherweise auch antioxidative, antiinflammatorische und antiatherogene Effekte. Ein weiterer Vorteil: Derzeit ist keine klinisch relevante Interaktion zwischen Cimicifuga und einer antihormonellen Therapie mit Tamoxifen oder Aromatase-Inhibitoren bekannt. Aufgrund dieser Daten kommt auch die S3-Leitlinie zur „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patientinnen“ (derzeit noch in der Konsultationsfassung) zu dem Schluss, dass der Einsatz von Cimicifuga zur Linderung menopausaler Symptome wie Hitzewallungen erwogen werden kann. Gemäß dieser Leitlinie liegt keine Evidenz für hepatotoxische Effekte in klinischen Studien vor.

Abkühlung gefällig?

Foto: BrAt82/AdobeStock

Für die Thermoregulation sind bestimmte Neuronen im Hypothalamus verantwortlich, die neben Kisspeptin- und Dynorphin- auch Neurokinin-B-Peptide exprimieren. Normalerweise werden diese Nervenzellen über Estrogene inhibiert und über Neurokinin B stimuliert. Kommt es Wechseljahres-bedingt zu einem Abfall der Estrogene, entfällt der schützende Hemmmechanismus: Die Neuronen hypertrophieren und werden überaktiviert – Hitzewallungen und nächtliche Schweißattacken sind die Folge. Mithilfe von Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonisten versuchen Wissenschaftler, diesen entgegenzuwirken. Fezolinetant ist ein Kandidat dieser Wirkstoffgruppe, der sich aktuell in der Phase III befindet. Zuvor hat er sich schon in einer Phase-IIb-Studie bewiesen. Bei der Doppelblindstudie hatten 287 Frauen zwischen 40 und 65 Jahren randomisiert verschiedene Dosen Fezolinetant oder Placebo erhalten. Bereits nach vier Wochen litten die Frauen an etwa 1,9 bis 3,5 Hitzeattacken weniger am Tag. Die Nebenwirkungen fielen überwiegend mild bis moderat aus.

Fraser et al. A phase 2b, randomized, placebo-controlled, double-blind, dose-ranging study of the neurokinin 3 receptor antagonist fezolinetant for vasomotor symptoms associated with menopause. Menopause. 2020 Apr;27(4):382-392.doi: 10.1097/GME.0000000000001510

Wenn die Stimmung schwankt

Bestehen neben Hitzewallungen auch Stimmungsschwankungen, so kann eine Kombination aus Cimicifuga und Johanniskraut versucht werden. Es gibt Hinweise, dass Brustkrebs-Patientinnen, die diese Kombination (mit oder ohne Tamoxifen) einnahmen, ein längeres rezidivfreies Überleben hatten. Beim Einsatz von Phytoestrogenen wie Rotklee oder Soja ist zu beachten, dass diese ihre Wirkung im Wesentlichen über den Estrogen-­Rezeptor entfalten. Die Frage, ob und wie Phytoestrogene aus Soja (dazu gehört unter anderem das Isoflavon Genistein) das Tumorgeschehen be­einflussen, ist nicht geklärt. Derzeit gibt es keinen Hinweis auf schädliche Wirkungen. [Anmerkung: Laut S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin sollen Isoflavone nicht zur Reduktion menopausaler Symptome beim Mammakarzinom eingesetzt werden]. Zwischen Rotklee und Tamoxifen bestehen Interaktionen, deren Relevanz derzeit noch nicht konkret eingeschätzt werden kann.

Off-Label-Therapieoptionen

Können die klimakterischen Beschwerden – vornehmlich Hitzewallungen - mithilfe nicht-medikamentöser Maßnahmen oder der Einnahme von Phytopharmaka nicht gelindert werden, kommen weitere Interventionen in Betracht. Zu einer statistisch signifikanten Besserung im Hinblick auf Anzahl und Intensität der Hitzewallungen führt die Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI): Im Off-Label-Use werden bevorzugt Fluoxetin, Paroxetin, Escitalopram und Citalopram eingesetzt. Unter einer Tamoxifen-Therapie sollten keine SSRI, sondern der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitor Venlafaxin eingesetzt werden. Die gleichzeitige Anwendung von Paroxetin und Tamoxifen ist kontraindiziert, da dies zu einer signifikanten Reduktion von Endoxifen, dem aktiven Metaboliten von Tamoxifen, und damit zu einer Wirkminderung von Tamoxifen führt. Eine weitere Option zur Linderung von Hitzewallungen ist die Einnahme von Pregabalin, welches zusätzlich die Schlafqualität verbessert. Auch die beiden Anticholinergika Oxybutinin und Methanthelinium können zu einer Verminderung der Hitzewallungen führen, sind allerdings mit Nebenwirkungen wie Harnverhalt, trockenem Mund und Bauchschmerzen assoziiert. Untersucht wird auch die Gabe von Metformin und Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonisten (s. Kasten „Abkühlung gefällig?“). |

Literatur

Dr. Katrin Schaudig, Hamburg, „Klimakterische Beschwerden – effektive Therapie möglich?“ Vortrag gehalten bei der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V. am 17. Juni 2021

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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