Die Seite 3

Schlechter Scherz

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Der 1. Juli 2021 war der internationale Tag des Witzes. Und während in den Publikumsmedien die besten Kalauer rauf- und runter­liefen, haben wir von der DAZ versucht, ernst zu bleiben. Immerhin hätte der 1. Juli aus Apothekensicht zu einem wichtigen Stichtag mit historischer Bedeutung werden können. Jedenfalls gemessen an dem, was angekündigt wurde. Gehalten werden konnte davon nichts. Und somit küren wir den 1. Juli 2021 rückwirkend zum Tag des schlechten Scherzes.

Die gesetzliche Frist für die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband über die pharmazeutischen Dienstleistungen war am 30. Juni abgelaufen. Doch öffentlich zu kommunizieren gab es am Folgetag offenbar nichts. Auf Nachfrage erklärte ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz im Anschluss an die ABDA-Mitgliederversammlung, er hoffe, dass es noch im Verhandlungswege klappen wird und die Schiedsstelle nicht angerufen werden muss. Dass die Gespräche nicht einfach sein werden, war von Anfang an klar. Da ist es wenig überraschend, dass sich DAV und GKV-Spitzenverband bislang nicht haben einigen können. Man werde nun versuchen, die Verhandlungen zu intensivieren, so Schmitz. Und man kann dem Hauptgeschäftsführer nur beipflichten: Intensive Verhandlungen sind immer ein probates Mittel, um sich mit Vertragspartnern irgendwie zu einigen. Vor allem mit den Parteien, die es noch zu überzeugen gilt. Die pharmazeutischen Dienstleistungen bleiben für die Berufsöffentlichkeit somit nach wie vor eine Wundertüte, und jeder ist gespannt, was herauskommt, wenn sie irgendwann mal geöffnet wird.

Der 1. Juli 2021 musste aber auch für die (freiwillige) Einführung des E-Rezeptes herhalten – und konnte die Erwartungen dann doch nicht so ganz erfüllen. Das Mega-Digital-Projekt im deutschen Gesundheitswesen startete lediglich in einer einzigen Apotheke in Berlin-Schöneberg, zusammen mit einer unmittelbar benachbarten Arztpraxis und zunächst simulierten Tests. Wobei man korrekt bleiben muss: Die E-Rezept-Pflicht hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von Anfang an auf den 1. Januar 2022 terminiert. Doch zugleich wurde im Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) die Gematik verpflichtet, bis zum 30. Juni 2021 die entsprechenden Komponenten der Telematikinfrastruktur anzubieten. Dem Minister schwebte womöglich vor, dass sich in dem halben Jahr die Patienten freiwillig und voller Elan auf das E-Rezept stürzen, ohne dass die Geduld bei den Verantwortlichen zu arg strapaziert wird. Gleichzeitig hätte er sich und der Union in der noch verbliebenen Legislaturperiode ein gesundheitspolitisches Denkmal gesetzt.

Gemessen an den aktuellen Entwicklungen wirkt es nun verstörend, wie eng getaktet der Fahrplan für die Apothekerinnen und Apotheker hinsichtlich der E-Rezept-Einführung ist. Bis September 2020 waren sie verpflichtet, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Mit personellem und finanziellem Aufwand gelang dies den meisten Apotheken, ­inmitten der herausfordernden Corona-Pandemie, während die Bereitschaft der Ärzteschaft bekanntlich sehr zu wünschen übrig ließ. Doch nun werden erst mal kleine Brötchen ­gebacken, und es wird zur Aufgabe einer ­neuen Ministerin oder eines neuen Ministers, das E-Rezept nach den Tests in der Fokusregion bundesweit tatsächlich auszurollen.

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