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Was steckte hinter der Antigentest-­Preisverordnung?

FDP-Fraktion fragt BMG nach kurzlebiger Verordnung – und bekommt wenig erhellende Antworten

cm/ks | Ganze 23 Tage lang galt Ende 2020 die Preisverordnung für SARS-CoV-2-Antigentests. Konnte sie in diesem Zeitraum ihren ursprünglich beabsichtigten Zweck erfüllen? Das wollte die FDP-Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wissen. Die Antwort stellt den liberalen Abgeordneten Andrew Ullmann nicht zufrieden.

Im Dezember 2020 hatte das BMG die Antigentest-Preisverordnung erlassen. Diese legte für Apotheken und Großhändler einen Festzuschlag für die Abgabe dieser Tests fest: 60 Cent je Test für Apotheken, 40 Cent für Händler, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Man wollte für das Medizinprodukt „PoC-Antigen-Schnelltest“ eine vergleichbare Preisregelung finden wie für Arzneimittel. Das BMG begründete dies seinerzeit damit, dass die Preise für die Tests auf dem Markt höher waren als die Coronavirus-Testverordnung als Erstattung für die Sachkosten vorsah (zunächst 7, später 9 Euro je Test). Aufschläge im Handel sollten also im Zaum gehalten werden. Nur gut drei Wochen später hob das Ministerium die Verordnung wieder auf – das Ziel sei erreicht, hieß es damals.

Die FDP-Fraktion wunderte sich über die kurze Geltungsdauer. Ullmann, Obmann der Fraktion im Gesundheitsausschuss, wollte daher in der Kleinen Anfrage unter anderem wissen, auf welcher Datenbasis das BMG die Verordnung erlassen hatte und weshalb es fixe Zuschläge für die Abgabe eines Produkts für nötig hielt, dessen Sachkosten durch die Testverordnung mit einem festen Betrag erstattet wurden. Dazu antwortet die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss, dass die Hersteller besagter Tests gegenüber dem BMG mitgeteilt hätten, dass sie einen Preis von 4 bis 5 Euro pro Test vorsehen. Auf dieser Basis habe man in der Testverordnung vorgesehen, dass Pflegeheime eine Sachkostenvergütung in Höhe der entstandenen Beschaffungskosten, aber höchstens 7 Euro je Test, erhalten sollen. Die Heime sollten die Kosten voll erstattet bekommen. Doch dann habe das BMG vermehrt Hinweise erhalten, dass die Tests für höhere Preise angeboten wurden. Damit sei das Ziel einer breiten Anwendung in Pflegeheimen gefährdet gewesen, so Weiss.

Die FDP fragte auch, warum „Händler“ lediglich 40 Cent je Test erhalten sollten. Tatsächlich war anfänglich geplant, dass sowohl Apotheken als auch Großhändler 40 Cent bekommen sollen. Die ABDA befand die 40 Cent zu gering und hielt es auch nicht für angemessen, dass beide Handelsstufen gleich hoch vergütet werden sollen. Das BMG bewegte sich daraufhin. Und auch jetzt erklärt Weiss: „Mit der Differenzierung des Zuschlags wurde berücksichtigt, dass aufgrund der heterogenen Handelsstrukturen größere Bestellungen einheitlicher Tests direkt beim jeweiligen Hersteller oder Großhandel erfolgen, die öffentlichen Apotheken mithin häufiger als andere Leistungserbringer als Lieferanten für Kleinmengen angefragt werden, deren Bereitstellung stückbezogen aufwendiger ist.“

Nicht zuletzt wollte die FDP wissen, wie sich die Datengrundlage entwickelt habe, wenn die Verordnung kurz darauf wieder aufgehoben wurde. Auch der Nutzen, den das BMG während der Geltungsdauer verzeichnet hat, interessiert die Liberalen. Weiss erklärt dazu, nach Inkrafttreten der Verordnung seien mehr als 100 Antigentests auf der BfArM-Seite gelistet worden, die damit zum Einsatz gemäß Testverordnung zur Verfügung standen. „Sowohl die inzwischen hohe Anzahl an Anbietern als auch die Sachkostenvergütung für Leistungserbringer sorgen für einen inzwischen funktionierenden Preis- und Qualitätswettbewerb und eine sichere Versorgung mit Antigen-Tests, sodass das Regelungsziel der AntigenPreisV erfüllt ist und ein Regelungsbedarf nicht mehr besteht“, so Weiss. Dies sei so nicht vorhersehbar gewesen.

Wie hoch die durchschnittlichen Zuschläge, die von Händlern und Apotheken vor der Einführung der AntigenPreisV erhoben wurden, gewesen sind und wie hoch diese nach Außerkrafttreten der Verordnung waren, dazu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Am 17. Dezember 2020 fand jedoch ein Gespräch zwischen der Fachebene des BMG und u. a. dem Geschäftsführer des Verbands der Diagnostica-Industrie statt. „In diesem Gespräch bestätigte sich der Eindruck, dass die AntigenPreisV eine Wirkung entfaltet, die vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigt war“, räumt das BMG ein. „Die anschließende rechtliche Bewertung führte zu der Entscheidung, die Verordnung aufzuheben.“

Ullmann stellen die Antworten nicht zufrieden. „Diese Verordnung bleibt für mich weiter ein Mysterium“, sagt er. Das BMG habe die Fragen nicht widerspruchsfrei beantworten können. „Die Einführung scheint nur auf Hören-Sagen geschehen zu sein. Daten liegen dem Ministerium schließlich nicht vor.“ Handwerkliche Fehler gebe das BMG zwar zu, leugne diese aber direkt wieder. Ullmann ist überzeugt: „Nicht die guten Marktentwicklungen, sondern die schlechte handwerkliche Arbeit der Bundesregierung haben die Verordnung außer Kraft gesetzt. Die Verordnung hat keine Probleme gelöst, sondern nur Schaden verursacht.“ |

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