Gesundheitspolitik

Zug-um-Zug-Abtretung soll Noventi-Kunden besser schützen

Änderung der AGB für die Rezeptabrechnung

tmb | Durch die AvP-Insolvenz ist das Kleingedruckte in den Bedingungen der Rechenzentren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Darauf reagiert nun Noventi als Marktführer unter den Apothekenrechenzentren. Noventi arbeitet weiterhin mit Forderungsabtretungen, will diese aber künftig im Interesse der Apotheken klarer regeln. Die bedingte Abtretung soll erst zum Zeitpunkt der Auszahlung wirksam werden.

Noventi wendet sich derzeit in Briefen an seine Kunden und kündigt eine Änderung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen an. Damit soll die Forderungsabtretung klarer und für die Kunden vorteilhafter geregelt werden. In seinen Briefen beklagt Noventi, die Unsicherheit im Abrechnungsmarkt nach der AvP-Insolvenz werde durch Wettbewerber verstärkt, die Geschäftsmodelle anderer Dienstleister infrage stellen. Noventi hingegen ergreife die Initiative und ergänze die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Bedingte Abtretung

Die Ergänzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde „bisherige Unschärfen, die (…) möglicherweise zu Unsicherheiten führen könnten, präzisieren“, heißt es in der Kundeninforma­tion. Die vorgeschlagene Ergänzung enthalte künftig eine aufschiebende Bedingung. Gemäß der neuen „Zusatzvereinbarung zur Abrechnungs- und Factoring-Vereinbarung“ erhält der Kunde „im Rahmen des unechten Factorings (…) auf laufender Basis rechtlich Darlehen“. Dort heißt es weiter, der Kunde trete die Forderungen „erfüllungshalber und aufschiebend bedingt auf die Auszahlung des korrespondierenden Auszahlungsbetrags (…) ab“. Im Anschreiben an die Kunden er­läutert Noventi dazu: „Sie bleiben so lange Inhaber der vorgelegten Forderungen, bis Sie die dafür vereinbarten Auszahlungen von uns erhalten haben.“ Diese Zug-um-Zug-Abtretung führe zu einem besseren Schutz für die Kunden.

Der Noventi-Vorstandsvorsitzende Dr. Hermann Sommer erklärt dazu, Noventi habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch einmal geschärft. Die ohnedies geübte Praxis der sogenannten „Zug-um-Zug-Abtretung“ sei aktualisiert und klarstellt worden, erklärt Sommer und folgert: „Damit ist auch formal in den AGBs noch mehr Sicherheit verankert, Interpretationsmöglichkeiten werden deutlich eingeschränkt und unsere Kunden sind noch besser geschützt.“

Foto: imago images/Rech

Vertragsbedingungen in der Diskussion

Diese Maßnahme von Noventi ist vor dem Hintergrund der Diskus­sion über die Vertragsbedingungen der Rechenzentren nach der AvP-Insolvenz zu betrachten. Dabei geht es im Kern darum, welche Vertragsbedingungen die Abrechnungsgelder im schlimmsten Fall einer Insolvenz des Rechenzentrums schützen, damit diese nicht in die Insolvenzmasse fließen. Dies ist derzeit ein zentrales Problem für die Gläubiger von AvP, die erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens auf eine Zahlung in unbekannter Höhe hoffen können. Bereits kurz nach Bekanntwerden der AvP-Insolvenz wurden insbesondere Forderungsabtretungen als potenziell problematisch betrachtet. Denn damit wird das Rechenzentrum Eigen­tümer der Forderung gegen die Krankenkassen. Die Forderungsabtretung, die AvP in vielen Verträgen vereinbart hatte, gilt als einer der Gründe, weshalb die meisten AvP-Kunden keine Aussonderungsrechte an den bei AvP vorhandenen Mitteln erhalten haben. Ein weiterer wesentlicher Grund ist, dass der Insolvenzverwalter dort keine Treuhandkonten vorgefunden hat. Vor diesem Hintergrund hatten mehrere andere Rechenzentren in den vorigen Monaten darauf verwiesen, dass in ihren Verträgen keine Forderungsabtretungen vorgesehen sind. Doch Noventi arbeitet mit Forderungsabtretungen und hatte insbesondere auf Treuhandkonten als Sicherheitsmaßnahme verwiesen.

Nun geht Noventi in die Offensive und schärft seine Vertragsbedingungen nach. Die neue Formulierung und der Zeitpunkt der Änderung dürften keine Zufälle sein. Vielmehr erscheint naheliegend, dass Noventi von den jüngeren Entwicklungen im AvP-Insolvenzverfahren inspiriert wurde. Denn Anfang Januar hatte AvP-Insolvenz­verwalter Dr. Jan-Philipp Hoos für viele überraschend plötzlich Aussonderungsrechte für eine bestimmte Fallkonstellation an­erkannt, obwohl er sich zuvor eher skeptisch zu Aussonderungsrechten geäußert hatte (siehe AZ 2021, Nr. 1 – 2). Hoos hatte Aussonderungsrechte für noch nicht von den Kostenträgern bezahlte Forderungen solcher Apotheken gewährt, die mit AvP eine bestimmte Zusatzverein­barung getroffen hatten. Dies betrifft 310 Offizin- und 150 Krankenhausapotheken. In der Zusatz­vereinbarung war eine bedingte Abtretung festgelegt worden, die erst im Gegenzug zur Zahlung durch die Krankenkasse wirksam wird. In den Fällen, in denen die Krankenkasse noch nicht gezahlt hatte, war damit die Forderungsabtretung noch nicht wirksam. Dies löst das Problem der AvP-Kunden mit einer ­solchen Zusatzvereinbarung allerdings nur teilweise, denn die bereits vor Beginn des Insolvenz­verfahrens von den Krankenkassen gezahlten Beträge fließen nach derzeitigem Stand in die ­Insolvenzmasse von AvP. Das Insolvenzverfahren ist damit für keine der Gläubiger-Apotheken erledigt. Außerdem ist bisher nicht bekannt, welche Beträge den Apotheken durch die gewährten Aussonderungsrechte zufließen.

Noventi bleibt bei Factoring und Forderungsabtretung

Doch die bedingte Abtretung, die erst im Gegenzug zur Zahlung wirksam wird, hat sich damit immerhin teilweise bewährt. Eine solche bedingte Abtretung soll nun auch bei Noventi ausdrücklich vorgesehen werden. Der Marktführer könnte damit darauf verweisen, dass eine solche Klausel sogar im problematischen Fall von AvP eine Schutzwirkung hatte. Dies dürfte für diese Formulierung sprechen. Noventi hat offenbar einen Weg gesucht und gefunden, den Kunden zusätzliche Sicherheit zu vermitteln, ohne dabei auf Forderungsabtretungen und Factoring zu verzichten. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.