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Gesundheitspolitik
Eigenbeteiligungsverzicht vor Gericht
Die seit 15. Dezember 2020 geltende Coronavirus-Schutzmaskenverordnung bestimmt, dass Apotheken in den Wintermonaten in drei Wellen 15 FFP2- oder vergleichbare Masken an Risikopatienten abgeben – die Kosten hierfür übernimmt der Staat. Seit Januar gilt: Die Abgabe erfolgt in Sechser-Sets gegen Berechtigungsscheine, die die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen derzeit verschicken. Die Verordnung sieht dabei vor, dass die Anspruchsberechtigten einen Eigenanteil von zwei Euro je Sechser-Pack zu leisten haben.
Gespaltene Apothekerschaft
Diese Schutzmaskenausgabe an Risikopatienten spaltet derzeit die Apothekerschaft: Darf man eine solche Maßnahme zu Marketingzwecken nutzen oder nicht? Heißt konkret: Dürfen Apotheken auf die Eigenbeteiligung von zwei Euro je Sechser-Set Schutzmasken verzichten und auch damit werben? Eine nicht ganz einfache Frage. Die Appelle aus den Landesorganisationen der Apotheker an ihre Mitglieder waren aber deutlich: Für Marketingzwecke hielt man die Maskenverteilung nicht geeignet. Auch die ABDA sprach sich klar dafür aus, solche Werbeaktionen zu unterlassen – zugleich sah sie aber auch keinen rechtlichen Ansatzpunkt, wie ein solcher Verzicht unterbunden werden könnte.
Viele Anfragen bei der Wettbewerbszentrale
Auch bei der Wettbewerbszentrale, bei der sich im Moment die Maskenanfragen häufen, war man sich nicht klar, wie die Gerichte das Vorgehen sehen. Doch man wollte es herausfinden – und mahnte daher ab. So auch die Easy Apotheken Holding, die auf ihrer Website warb: „Die 2 Euro Eigenbeteiligung tragen wir für Sie …“
Eine Unterlassungserklärung wollte die Holding nicht abgeben und so beantragte die Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Düsseldorf. Das Gericht sollte der Holding untersagen, für den Verzicht auf den Eigenanteil durch die mit ihr verbundenen Apotheken zu werben.
Und die Wettbewerbszentrale hatte Erfolg (Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2021, Az. 34 O 4/21, nicht rechtskräftig).
Verstoß gegen Marktverhaltensregelung
Das Landgericht sieht in der Eigenbeteiligungsregelung der Schutzmaskenverordnung (§ 6 SchutzMVO) eine Marktverhaltensregel mit der Folge, dass Verstöße gegen diese Vorschrift zugleich einen Wettbewerbsverstoß darstellten. Denn Ziel der Regelung sei es, die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen mit FFP2-Masken sicherzustellen, so das Gericht. Die Verordnung diene der gleichmäßigen und sinnvollen Verteilung der Masken. „Die Masken sollen sinnvoll genutzt und nicht im Überfluss verschwendet werden“, heißt es im Beschluss. Die Versicherten sollten zu erhöhter Eigenverantwortung angehalten werden, „um das zur Zeit rare Gut der FFP2-Masken denen zukommen zu lassen, die sie wirklich brauchen und deshalb bereit sind, dafür 2 Euro zu zahlen“.
Damit ist für die Easy-Holding die Werbung vorläufig verboten. Eine Zuwiderhandlung kann mit einem Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro geahndet werden – ersatzweise mit Ordnungshaft.
Flächendeckende Abmahnungen sind nicht geplant
Nun bleibt abzuwarten, ob der Beschluss rechtskräftig wird. Nächste Instanz ist das Oberlandesgericht.
Für Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, ist die rechtliche Klärung das Entscheidende an dem Prozess. Die jetzt ergangene Entscheidung sei erst ein „Zwischenschritt“ auf diesem Weg, habe aber bereits eine Signalwirkung. Gegenüber DAZ.online betonte sie, dass es der Wettbewerbszentrale nicht darum gehe, Apotheken nun flächendeckend abzumahnen.
Apothekerverband rät dringend vom Verzicht ab
Auch wenn die Entscheidung formal nur für die Antragsgegnerin gilt, also die Apotheken Holding, nutzt sie etwa der Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz bereits für einen erneuten Appell an seine Mitglieder: Er rät ihnen „dringend, Angebot und Abgabe von FFP2-Masken ohne Eigenbeteiligung sofort zu unterlassen“. |
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