Gesundheitspolitik

Medikationsanalysen, Hausbesuche, Screenings

Welche pharmazeutischen Dienstleistungen plant die Bundesapothekerkammer?

bro/eda | Vielleicht wird mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das möglich, wofür die ABDA seit Jahrzehnten kämpft: Die Apotheker sollen erstmals pharmazeutische Dienstleistungen anbieten und mit den Kassen abrechnen dürfen.

Dafür sollen die Kostenträger sogar verpflichtet werden, entsprechende Verträge mit den Apotheken abzuschließen. Nach den Plänen Spahns soll es für die Vergütung der Dienstleistungen, wie bei der Notdienstpauschale, einen Fonds geben, in den pro abgegebener Packung zukünftig ein fixer Cent-Beitrag eingezahlt wird. Für jede erbrachte Dienstleistung werden die Apo­theken daraus dann vergütet.

Doch um welche Tätigkeiten soll es zukünftig konkret gehen? Viele Pilotprojekte laufen auf regionaler Ebene. Erfahrungen sammelten also vorrangig die Landesapothekerkammern. Mit der geplanten Apothekenreform sollen die Leistungen aber von allen Apotheken erbracht werden können. Die Bundesapothekerkammer (BAK) versucht nun, diese Fragen zu klären.

BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer hatte erklärt, dass bereits Leistungen bewertet und kategorisiert worden sind. Ende März fand in Berlin ein sogenanntes Werkstattgespräch statt, bei dem die Spitzen aller Landesapothekerkammern zusammenkamen, um über die von der BAK definierten pharmazeutischen Dienstleistungen zu diskutieren.

Foto: AZ/Alex Schelbert
BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer

Drei Leistungsblöcke

Ein offizielles Statement gab es im Nachgang der Veranstaltung nicht. Dem Vernehmen nach soll die BAK den Kammern eine Arbeitsgrundlage vorgelegt haben, über die dann in Workshops diskutiert wurde. Konkret ging es dabei um drei „Leistungsblöcke“, die in den Apotheken angeboten werden könnten.

Zum einen geht es dabei um Medikationsanalysen. Die ABDA hatte 2014 bereits ein „Grundsatzpapier zur Medikationsanalyse und zum Medikationsmanagement“ veröffentlicht. Auf dieser Basis soll diskutiert worden sein. Konkret peilt die BAK an, die sogenannte „Medikationsanalyse 2a“ als Leistung der Politik vorzuschlagen. Also eine erweiterte Analyse, an deren Ende ein Patientengespräch steht. In der Apotheke kann zunächst ein sogenannter Brown-Bag-Check durchgeführt werden, bei dem der Patient alle Präparate (auch OTC!) in die Apotheke bringt. In einem Patientengespräch werden dann arzneimittelbezogene Probleme thematisiert.

Der zweite Block bezieht sich offensichtlich auf die von Spahn geplante Pflegereform. Die BAK will anbieten, ambulante Pflegedienste zu entlasten. Konkret wurde diskutiert, ob und wie Apotheker Pflegebedürftigen und an die eigene Wohnung gebundenen Patienten mit der Arzneimittel­therapie helfen können. Auch hier soll es um Medikationsanalysen gehen: Bei einem ersten Hausbesuch könnte die pharmazeutische Fachkraft den Brown-Bag-Check vornehmen, die Analyse würde dann in der Apotheke erfolgen und das Beratungsgespräch wieder im Zuhause des Patienten. Ebenfalls helfen könnten Apotheker beim Stellen der Medikamente.

Schließlich hat die BAK auch die Möglichkeit vorgestellt, Screenings durchzuführen. In vielen Ländern ist das bereits geübte Praxis, auch in einigen Apotheken hierzulande werden Tests bereits angeboten, aber eben nicht ver­gütet: Apotheker messen den Blutzucker, überprüfen den Blutdruck oder führen Streptokokken-Tests durch.

Auf Nachfrage wollte sich ein Sprecher der ABDA nicht konkret zu den Ergebnissen des Werkstattgesprächs äußern, bestätigte aber, dass die Medikationsanalyse eine zentrale Rolle spielen werde. „Bei einem Werkstattgespräch werden keine Beschlüsse gefällt, es gibt daher keine formalen Festlegungen. Vielmehr ist [es] Teil eines kontinuierlichen Prozesses, bei dem wir uns mit pharmazeutischen Dienstleistungen beschäf­tigen“, so der Sprecher wörtlich. Man wolle Vorschläge für Dienstleistungen erst auf den Tisch legen, wenn eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen sei.

Gespaltene Meinung bei den Landesapothekerkammern

Bei den Landesapothekerkammern existieren sowohl positive, aber auch negative Stimmen zum aktuellen Zwischenstand der Werkstattgespräche. Einige Kammervertreter freuen sich, dass nun endlich Bewegung in eine Sache kommt, die sich in den vergangenen Jahren nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung nur sehr wenig bis gar nicht weiterbewegt hatte. In Sachsen und Thüringen praktizieren die Apotheker beispielsweise gemeinsam mit der AOK Plus bereits seit Jahren ein ausführliches, digitalisiertes Medikationsmanagement. Gleichzeitig gibt es aber auch Sorgen im Kammerlager. Können wirklich alle Apotheken Leistungen aus diesen drei „Blöcken“ ohne Wei­teres anbieten? ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte nach der letzten ABDA-Mitgliederversammlung im Januar gesagt, dass es der ABDA wichtig sei, möglichst alle Apotheken bei den pharmazeutischen Dienstleistungen mitzunehmen.

So gibt es einige Kammern, die sich noch niedrigschwelligere Leistungen wünschen – also Services, die wirklich jede Apotheke anbieten kann, ohne gleich den Offizin-Alltag umorganisieren zu müssen. Gesprochen wurde beispielsweise über eine zusätzliche Vergütung für das Erklären von Asthma-Inhalatoren, aber auch über ein Nicht-Abgabe-Honorar: Stellt ein Apotheker beispielsweise eine Doppelverordnung fest, kontaktiert den Arzt oder gibt ein Präparat wegen pharmazeutischer Bedenken nicht ab, könnte ebenfalls ein Zusatzhonorar gezahlt werden. |

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