Gesundheitspolitik

AOK-Chef: „Wozu mehr Geld für Apotheken?“

AOK-Studie verdeutlicht den Wert der Apotheken – dennoch sieht die AOK Bedarf zur Umstrukturierung

BERLIN (ks) | Der AOK-Bundesverband hadert schon lange mit den Apothekenstrukturen. Seine Überzeugung, dass es auch Apotheken ohne Labor oder Abgabe­automaten geben sollte und das Fremd- und Mehrbesitzverbot sich überholt hat, vertritt der Verband standhaft. Daran ändern auch die Ergebnisse einer von ihm selbst in Auftrag gegebenen Studie nichts.

Im Februar hatte der AOK-Bundesverband eine Studie präsentiert, in der es um die Zufriedenheit und Bedeutung der Bürger mit verschiedenen Infrastruktureinrichtungen geht – auch solchen des Gesundheitswesens. Allerdings fehlten dabei die Apotheken. Für sie hat der Verband diese Daten jetzt nachgeliefert – und zwar in Kombination mit einem Statement von Vorstandschef Martin Litsch zu den Eckpunkten des Bundes­gesundheitsministers für eine Apothekenreform.

Zunächst zu den Ergebnissen der Forsa-Umfrage unter rund 2000 Bundesbürgern: Die Apotheken belegten bei der Zufriedenheit deutlich den ersten Platz. 93% der Umfrageteilnehmer erklärten, mit den Apotheken sehr zufrieden/zufrieden zu sein. Es folgten die Einkaufsmöglichkeiten (83%) und die hausärztliche Versorgung (79%). Betrachtet man die Zufriedenheitswerte für Apotheken abhängig von der Ortsgröße, variieren sie zwischen 89% in kleinen Ortschaften und 94% in Großstädten. Gefragt nach der Bedeutung einzelner Einrichtungen erreichten die Apotheken mit 86% (sehr wichtig/wichtig) immerhin den sechsten Platz, hinter Hausärzten (95%), Einkaufsmöglichkeiten vor Ort (93%), Internetversorgung (90%), Schulen/Bildungseinrichtungen (87%) und Krankenhäusern (87%).

© Kai Felmy

Gleichwohl sieht Litsch Anpassungsbedarf. „Demographischer Wandel und Fachkräftemangel erfordern auch in der Arzneimittelversorgung strukturelle Veränderungen, damit die Zufriedenheit so hoch bleibt wie bisher“, meint er. Voraussetzung für die langfristige Sicherung einer gut erreich­baren Versorgung sei eine „Weiterentwicklung und Flexibilisierung der Betriebsformen von Apotheken“. Hierzu gehörten auch mobile Angebote, Apotheken ohne Vorhaltung eines eigenen Labors, Abgabe­terminals für Arzneimittel mit Teleberatung und größere Filialverbünde. Litsch: „Die Apothekenlandschaft kann eine Umstruktu­rierung vertragen. Es ist schade, dass die Koalition diese Chance zur Weiterentwicklung ein weiteres Mal verstreichen lässt.“

Denn die Reform-Eckpunkte aus dem BMG sieht er kritisch: Richtig sei zwar, die Not- und Nachtdienste aufzuwerten. Es bleibe aber „völlig unklar, warum darüber hinaus weitere 100 Millionen Euro für sogenannte zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen an die Apotheker fließen sollten“. Die Höhe der Mittel stehe bereits fest, ebenso, dass die Apotheker sie selbst verteilen dürfen. „Dagegen muss das zu lösende Versorgungsproblem erst noch erfunden werden“, sagt Litsch. Klar sei, dass sich die Koalition „mit diesem Klientelgeschenk vom Versprechen des Versandhandelsverbots freikauft“.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt konterte prompt: Es bleibe unerklärlich, warum die AOKen einerseits den Nacht- und Notdienst stärken wollen, andererseits dem ausländischen Versandhandel das Wort reden, der eben keinen solchen Service anbieten kann. Schmidt „Die AOKen schwimmen im Geld und negieren zugleich auf zynische Weise den Versorgungsbedarf ihrer Versicherten. Jedes Jahr werden schätzungsweise 250.000 Patienten bundesweit aufgrund vermeidbarer Medikationsfehler in Krankenhäuser eingewiesen. Deshalb braucht es endlich einen Anspruch der Patienten auf eine Medikationsanalyse in ihrer Stammapotheke“. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.