Rechtsprechung 2018

EuGH, Rx, G-BA, Zyto, BtM, SEPA – und natürlich DocMorris

Christian Rotta | Es ist ein Potpourri sowohl ermutigender wie enttäuschender, überraschender wie skurriler Gerichtsentscheidungen, die das Rechtsjahr 2018 prägen. Einmal mehr wurde deutlich, wie zahnlos das nationale deutsche Arzneimittel- und Apothekenrecht gegenüber ausländischen Versandapotheken ist: Das apothekenrechtliche Zuweisungsverbot soll nur für deutsche Pharmazeuten gelten, nicht für niederländische Arzneimittelversender, die auch 2018 regelmäßig im Fokus gerichtlicher Entscheidungen standen. Politik und Aufsicht sind gefordert. Aber es gab auch ermu­tigende Judikate: Der Bundesgerichtshof äußert kaum verhohlene Kritik am Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf und dem ­daraufhin ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arzneimittelpreisbindung: Ein ­weiteres Verfahren vor dem EuGH halten die Karlsruher Richter für durchaus denkbar. In Hüffenhardt scheiterte (vorerst) ein neuer Angriff von DocMorris auf die Grundfeste des deutschen Apothekenrechts und auch die Arzneimittel-Ambitionen von Amazon stehen auf dem rechtlichen Prüfstand. Schockierende Einzelheiten wurden schließlich in dem Strafprozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. aufgedeckt. Die Folge: 12 ½ Jahre Haft und ein lebenslanges Berufsverbot. Ansonsten: Neues zu Retax und Einzelimport, Rezeptsammlung und Päckchenpacken, Impfstoffstreit und Mischpreisen und manches mehr. Erinnern Sie sich noch?

Müssen Apotheker tödliche BtM-Dosis abgeben? Im März 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einem unheilbar kranken und suizidwilligen Patienten in einer extremen Notlage den Erwerb eines tödlichen Betäubungsmittels nicht verwehren darf. In einem Gutachten für das Bundesministerium für Gesundheit äußerte sich der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio kritisch zu der Entscheidung. Er hält das Urteil für verfassungswidrig. (AZ Nr. 4, S. 2)

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Hüffenhardt: Weitere Niederlagen für DocMorris. DocMorris hat erneut juristische Niederlagen einstecken müssen. Das Landgericht Mosbach hat fünf weiteren Klagen in Hauptsacheverfahren stattgegeben, die sich gegen den Betrieb des Hüffenhardter Arzneimittelautomaten richteten. Kläger waren ein Versandapotheker aus Nordrhein-Westfalen, drei Apotheker aus dem Umkreis Hüffenhardt und der Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Eine Klage richtete sich gegen die DocMorris-Tochterfirma Tanimis, die die Räume in Hüffenhardt gemietet hatte. Das Gericht stellte fest, dass DocMorris in Hüffenhardt weder eine Apotheke noch einen zulässigen Versandhandel betreibt und deshalb via Automat keine Arzneimittel ab­geben darf. (AZ Nr. 8, S. 14)

Bewährungsstrafen für Benzo-Handel. Im bayerischen Landshut sind sieben Personen zu Freiheitsstrafen auf Bewährung sowie Geldstrafen verurteilt worden – darunter zwei Apotheker. Das Verfahren gegen zwei weitere Apotheker, die ebenfalls zu der Bande gehörten, wurde abgetrennt. Alle neun hatten in den Jahren 2005 bis 2008 einen schwunghaften illegalen Handel mit Benzodiazepinen im Internet betrieben. Nicht zuletzt weil sie geständig waren, fielen die Strafen für die Angeklagten relativ milde aus. Drei der Angeklagten wurden zu jeweils zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die übrigen Haftstrafen lagen zwischen einem Jahr und einem Jahr und elf Monaten. (AZ Nr. 5, S. 2)

Novartis und Roche vor dem EuGH. Obwohl Avastin – anders als Lucentis – für keine augenheilkundliche Indikation zugelassen ist, kommt es off label zur Anwendung. Die Hersteller Roche und Novartis wollten dies unterbinden, worauf die italienische Wettbewerbsbehörde intervenierte. Nun hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass Avastin und Lucentis zum selben Markt gehören und daher miteinander im Wettbewerb stehen. Eine Absprache zwischen Roche und Novartis könne nicht als eine zulässige Nebenabrede zu ihrer bestehenden Lizenzvereinbarung gerechtfertigt werden, da die Absprache darauf ab­gezielt habe, das Verhalten Dritter, insbesondere von Ärzten, zu beeinflussen. (AZ Nr. 5, S. 3)

Werbung für Rx? In Deutschland gilt, dass für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur innerhalb der Fachkreise, nicht aber in der allgemeinen Öffentlichkeit geworben werden darf. Doch es gibt Ausnahmen: Das Oberlandesgericht Köln entschied in einem Fall, in dem MSD mit Facebook-Posts auf einen „Shitstorm“ gegen sein verschreibungspflichtiges Tierarzneimittel Bravecto® reagiert hatte, teilweise zugunsten des Pharmaunternehmens. Nach dem „Shitstorm“ verbreitete MSD mehrere Facebook-Posts, die sich an „kritische Hundehalter“ sowie „Tiermediziner / Tiermedizinische Fachangestellte“ richteten. Der Post nannte lediglich den Wirkstoff und bezeichnete diesen als „sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken“; ein anderer stellte die Frage „Ist dieses verschreibungspflichtige Medikament sicher für meinen Hund?“ und nannte in diesem Zusammenhang weder Produktname noch Wirkstoff. Ein Wettbewerber ging dagegen vor, weil er das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel verletzt sah. Das Oberlandesgericht Köln gab ihm nur im Fall des ersten Posts Recht. (DAZ Nr. 5, S. 14)

Kein Jagen unter Cannabis. Wer Cannabis konsumiert, darf, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof feststellte, keine Waffe tragen. Das Gericht bestätigte damit einen Bescheid des Landratsamts Miesbach. (AZ Nr. 6, S. 2)

Rezepturen: DocMorris muss aufklären. Lange Lieferzeiten und ein eingeschränktes Angebot – darauf muss DocMorris Verbraucher deutlich hinweisen. Da dies nicht geschah, erwirkte die Apothekergenossenschaft Noweda zwei einstweilige Verfügungen gegen den niederländischen Arzneimittelversender. (DAZ Nr. 6, S. 14)

Jameda muss Bewertung löschen. Das Ärztebewertungsportal Jameda muss die Daten einer Kölner Hautärztin vollständig löschen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden, da im konkreten Fall das Grundrecht der klagenden Ärztin auf informationelle Selbstbestimmung das Recht von Jameda auf Meinungs- und Medienfreiheit überwiege. Jameda habe, so die Karlsruher Richter, die für Bewertungsportale gebotene Neutralität verlassen, weil es durch sein Geschäftsmodell die Mediziner begünstige, die sich dort Werbeplatz kauften. (DAZ Nr. 8, S. 14; DAZ Nr. 9, S. 19)

Gericht verbietet Geschenk-Koffer. Die in der Heilmittelwerbung vom Bundesgerichtshof definierte Wertgrenze von 1 Euro für Werbegaben gegenüber Verbrauchern gilt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart auch bei Werbegeschenken an Apotheker und andere Fachkreise. In dem Fall stand ein Produktkoffer von Klosterfrau mit sechs verschie­denen Arzneimitteln gegen Erkältungsbeschwerden im Streit. (AZ Nr. 10, S. 3)

Wertungsspielraum beim Gesundheitsschutz. Dass in Rumänien Tierarzneimittel im Einzelhandel nur von Tierärzten vertrieben werden dürfen, ist nach Auffassung der Dritten Kammer des Europäischen Gerichtshofs unionrechtskonform. Eine Diskriminierung vermochte das Gericht in dem Tierarztvorbehalt nicht zu sehen, da er gleichermaßen für rumänische Tierärzte und in Rumänien tätige EU-Bürger mit entsprechendem Diplom bzw. Zeugnis gelte. Zudem diene der Vorbehalt dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Bemerkenswert ist, dass das Gericht auf die EuGH-Rechtsprechung abhebt, die vor dem Urteil der Ersten Kammer des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 zur grenzüberschreitenden Rx-Preisbindung ergangen war. Die Dritte Kammer kommt zu dem Ergebnis, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den nationalen Gesundheitsschutz gewährleisten wolle und wie dieses Niveau erreicht werden solle. (DAZ Nr. 10, S. 20)

Korruptionsprozess beendet. Vor dem Landgericht Berlin wurde das Strafverfahren gegen einen früher bei der Charité angestellten Oberarzt und eine Apothekerin wegen des Verdachts besonders schwerer Bestechung bzw. Bestechlichkeit gegen Auflagen eingestellt. Die Angeklagten konnten sich mit Staatsanwaltschaft und Gericht darauf einigen, eine Geldauflage von jeweils 10.000,– Euro an die Staats­kasse zu zahlen. (AZ Nr. 11, S. 3)

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BGH: Das letzte Wort im Streit um 1-Euro-Gutscheine

Gericht erlaubt 1-Euro-Gutscheine.Rx- Boni blieben auch 2018 umstritten. In einem Urteil bezweifelte das Kammergericht Berlin, dass 1-Euro-Gutscheine das Verbraucherverhalten wesentlich beeinflussen können. Im Mittelpunkt standen Gutscheine, die ein Apotheker seinen Kunden aus verschiedensten Anlässen gewährte: wegen längerer Wartezeiten, der Fußball-Weltmeisterschaft des Jahres 2014, eines sogenannten „Seniorenfreitags“ oder der Wiedereröffnung der Apo­theke. Mit seiner Entscheidung widersprach das Kammergericht einer erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Berlin, das der Klage der Wettbewerbszentrale gegen den Berliner Apotheker stattgegeben hatte. Das Gericht hat die Revision zugelassen, sodass nunmehr der Bundes­gerichtshof das letzte Wort hat. (AZ Nr. 12, S. 1; DAZ Nr. 15, S. 19)

Verwurf-Retax gestoppt. Verwürfe, die bei der Zubereitung parenteraler Zytostatika-haltiger Lösungen entstehen, sorgen immer wieder für Ärger zwischen Apothekern und Krankenkassen. Im Mittelpunkt steht dabei oftmals die Frage: Wann ist ein Verwurf unvermeidbar? In einem Urteil hat das Sozialgericht Nürnberg einen solchen Rechtsstreit zugunsten der Apotheke entschieden. (AZ Nr. 12, S. 2)

Tatverdacht bestätigt sich nicht. Am 14. September 2016 führten Beamte des Bundeskartellamts zusammen mit der örtlichen Kriminalpolizei Durchsuchungen bei Kehr (Pharma Privat), Noweda, Gehe, Phoenix, Sanacorp, Alliance Healthcare, Hageda Stumpf und AEP durch. Der Hintergrund: Ein Verdacht auf Wettbewerbsabsprachen. Im März hat das Bundeskartellamt den Unternehmen mitgeteilt, dass ein hinreichender Tatverdacht nunmehr nicht mehr bestehe und deshalb eine kartellrechtliche Verurteilung unwahrscheinlich sei. In einer Stellungnahme kritisierte die Noweda die Behörde. (DAZ Nr. 12, S. 18)

Industrieapotheker können auf­atmen. Das Bundessozialgericht hat entschieden: Ein Apotheker ist nicht nur dann von der Rentenversicherungspflicht befreit, wenn er als approbierter Apotheker tätig ist; ausreichend ist auch eine andere, nichtberufsfremde Tätigkeit. Geklagt hatte im jetzt entschiedenen Fall ein approbierter Apotheker aus Hessen, der seit 2009 als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen in einem Unternehmen beschäftigt ist. (AZ Nr. 13/14, S. 1)

Widerrufsrecht gilt auch bei Versandapotheken. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat festgestellt, dass Versandapotheken Verbrauchern ein Widerrufsrecht bei Arzneimitteln nicht generell verwehren dürfen. Der beklagte Versender Apovia hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen apothekenpflichtige Arzneimittel vollständig vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Sein Argument: Da ein Weiterverkauf der zurückgesandten Medikamente nicht möglich sei, würden sie „rechtlich verderben“. Dieser Argumentation vermochte das Oberlandesgericht, wie auch schon das vorinstanzliche Landgericht Konstanz, jedoch nicht zu folgen. (AZ Nr. 13/14, S. 2)

Porwoll gewinnt Arbeitsprozess gegen Bottroper Zyto-Apotheker. Der frühere kaufmännische Leiter der Bottroper Zyto-Apotheke Martin Porwoll hatte durch seine Anzeige den Prozess gegen Peter S. ins Rollen gebracht. Kurz nach dessen Inhaftierung Ende November 2016 kündigte der Apotheker dem Whistleblower fristlos. Dagegen klagte Porwoll. In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen unterlag er im Streit gegen seinen früheren Freund und Chef – doch in der nächsten Instanz erklärte das Landesarbeitsgericht Hamm die Kündigung für rechtsunwirksam. (DAZ Nr. 13, S. 17)

Ist Almased „das Original“? Die Almased Wellness GmbH darf ihre Formula-Diät Almased jedenfalls vorläufig nicht als „das Original“ bezeichnen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden. (DAZ Nr. 41, S. 18)

Später Freispruch für Berliner Apotheker. Ein Berliner Apotheker, gegen den das zuständige Berufs­gericht im April 2013 wegen seiner Werbung für 1-Euro-Gutscheine bei Rezepteinlösung eine Geldbuße in Höhe von 5.000,– Euro verhängt hatte, ist vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg freigesprochen worden. In seiner Begründung führt das Gericht aus, dass der Apotheker mit seinen Rx-Boni zuvor zwar eine Berufspflichtverletzung begangen hat – es habe ihm jedoch an dem für eine Ahndung notwendigen Vorsatz gefehlt. (AZ Nr. 44, S. 3)

BPI darf AOK kritisieren. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) muss seine Kritik an der Grippeimpfstoff-Vereinbarung zwischen der AOK Nordost und den Apothekerverbänden nicht zurück­nehmen. Das Landgericht Berlin hat den Antrag der Krankenkasse auf eine einstweilige Verfügung zurückgewiesen. In einer Pressemitteilung hatte der BPI festgestellt, dass mit der Vereinbarung bestehendes Recht umgangen werde und das „Ausschreibungsmodell“ der Kasse „klar den gesetz­geberischen Zielen einer stabilen Impfstoffversorgung und einer hohen Impfquote“ widerspreche. (AZ Nr. 15, S. 3)

Kritische Kids Card. Wirbt eine Apotheke mit einer Anzeige, die sich vornehmlich an Kinder richtet, so verstößt sie gegen das Heilmittelwerberecht. Dies musste ein Apotheker erfahren, der Kinder aufforderte, in seiner Apotheke Sticker zu sammeln, und als Gewinn ein Kinderfahrrad auslobte. Das Landgericht Potsdam bejahte einen Verstoß gegen § 11 Nr. 12 Heilmittelwerbegesetz. (AZ Nr. 16, S. 2)

Kein Anspruch auf Windel-Müll­tonne. Ein GKV-Versicherter, der von seiner Krankenkasse mit Inkontinenzmitteln versorgt wird, kann nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von der Kasse nicht auch noch verlangen, dass sie die Kosten für die Ent­sorgung seiner Windeln übernimmt. (AZ Nr. 17, S. 2)

DocMorris und das Presseprivileg. Die Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) muss nun doch nicht für einen DocMorris-Flyer, der im Jahr 2014 ihrer Kundenzeitschrift beilag, juristisch geradestehen. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München kann sich die Kasse nämlich auf ihr Presseprivileg berufen. Im Zentrum des Verfahrens stand ein Werbeflyer der niederländischen Versandapotheke, in dem es hieß: „Testen Sie uns jetzt – Rezept einsenden – 10 €-Gutschein sichern“. Die Apothekerkammer Nordrhein machte gegen die Kasse, die den Flyer über ihr Mitgliedermagazin verbreitete, einen Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen das Heilmittelwerberecht geltend. Das Landesgericht gab der Kammer recht: § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) sei auch nach der am 19. Oktober 2016 ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Arzneimittelpreisrecht anwendbar. Zwar gebe es bei Anzeigen in Presseerzeugnissen keine umfassende Prüfungspflicht. Hier sei jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der SBK um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handle, die auch bei nur „angemessener“ Prüfung hätte erkennen müssen, dass hier ein Wettbewerbsverstoß vorlag. Genau dies sah das Oberlandesgericht München in zweiter Instanz anders. Die SBK sei keine taugliche Beklagte; vielmehr könne sie sich auf die Grundsätze der eingeschränkten Presse­haftung für wettbewerbswidrige Anzeigen ihrer Inserenten berufen. (AZ Nr. 19, S. 3)

Kein Festzuschlag bei Einzelimport. Die Arzneimittelpreisverordnung gilt nicht für Arzneimittel, die im Wege ­eines zulässigen Einzelimports nach Deutschland gelangt sind. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden und damit ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden bestätigt, das festgestellt hatte, dass die Arzneimittelpreisverordnung auf nach § 73 Abs. 3 AMG einzelimportierte Arzneimittel nicht anwendbar ist. (AZ Nr. 20, S. 1)

Vergabekammer kippt Impfstoff­vereinbarung. Die Vergabekammer des Bundes hat die Vereinbarung zwischen der AOK Nordost und den drei Apothekerverbänden der Region zur Grippeimpfstoff-Versorgung zum Festpreis für unwirksam erklärt. Zwar pflegten Kammern und Krankenkassen im Nordosten Deutschlands dieses Modell bereits seit dem Jahr 2011, ohne dass es großes Aufsehen erregt hatte. Doch 2018 änderte sich dies: Erstmals wurde ein Erstattungsfestpreis für einen tetravalenten Impfstoff vereinbart. Allerdings gab es nur einen Hersteller, nämlich Mylan, der bereit war, den Apotheken hierfür noch eine Gewinnmarge anzubieten. Mitbewerber GlaxoSmithKline (GSK) wollte sich dagegen wehren und stellte einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer. Die Kammer entschied: Die Krankenkasse hätte das Vergaberecht beachten müssen. Die AOK Nordrhein bedauerte den Beschluss. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sah sich hingegen in seiner Kritik an dem Festpreismodell bestätigt. (AZ Nr. 21, S. 1)

Erfolg für Truvada®-Generika. Seit vergangenem Sommer gibt es zur HIV-Behandlung und Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) neben dem zugelassenen Arzneimittel Truvada® generische Konkurrenz. Dadurch sah das Pharmaunternehmen Gilead sein Patent verletzt. Doch vor dem Bundespatentgericht musste das Unternehmen eine Niederlage hinnehmen: Das Gericht hält das ergänzende Schutzzertifikat für Truvada® für nichtig. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. (AZ Nr. 22, S. 3)

VAD ist „maßgeblich“. Beim Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands (VAD) handelt es sich nach einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg um eine „maßgebliche Spitzenorganisation der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene“. Er darf deshalb an der Bildung der „AMNOG“-Schiedsstelle und Rahmenvereinbarungen nach § 130 b Abs. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mitwirken. Das Gericht hat eine Revision gegen seine Entscheidung zugelassen. (AZ Nr. 22, S. 3)

Juristen attestieren dem G-BA Reformbedarf. Ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verfassungsrechtlich ausreichend legitimiert? Das Bundesgesundheitsministerium hatte drei Rechtsprofessoren beauftragt, diese Frage zu beleuchten. Seit Dezember 2017 liegen die Gutachten der Professoren Kingreen, Gassner und Kluth vor. Auf Nachhaken des FDP-Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann wurden die Exper­tisen schließlich auch veröffentlicht. Die Juristen kommen zu unterschied­lichen Ergebnissen, sehen aber alle einen Nachbesserungsbedarf bei der rechtlichen Ausgestaltung des Gemeinsamen Bundesausschusses. (DAZ Nr. 23, S. 15)

Bundesverfassungsgericht: Drei Jahre reichen nicht. In einer Grundsatzentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz, wonach ein Arbeitnehmer, der bei einem Arbeitgeber schon einmal „ohne sachlichen Grund“ beschäftigt war, nicht erneut ohne Sachgrund befristet tätig sein darf, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Mit der Regelung wolle der Gesetzgeber eine Ausbeutung von Mitarbeitern durch Kettenbefristungen verhindern. Jedoch gelte dies nur, soweit die Beschäftigten nach Art und Umfang der Vorbeschäftigung tatsächlich des Schutzes vor Kettenbefristungen bedürften. Zugleich stellte das Gericht klar, dass die Rechtsauslegung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine wiederholte sachgrundlose Befristung zwischen denselben Vertragsparteien immer dann gestattet sei, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen mehr als drei Jahre liegen, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sei. Richterliche Rechtsbildung dürfe den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine solche Frist zu setzen, nicht übergehen. (AZ Nr. 25, S. 3)

SEPA: DocMorris lenkt ein. Im Streit um SEPA-Lastschriften hat die Wettbewerbszentrale gegen DocMorris ein Anerkenntnisurteil erwirkt. Die niederländischen Versender mussten einsehen, dass es die europäischen Regelungen zum SEPA-Lastschriftverfahren einhalten muss. (AZ Nr. 26, S. 3)

1:1 im Impfstoffstreitpunkt. Nachdem die Vergabekammer des Bundes die Grippe-Impfstoff-Vereinbarung zwischen der AOK Nordost und den drei Apothekerverbänden ihrer Region für unzulässig erklärt hatte, sieht das Landessozialgericht Hessen in einem Urteil die Rechtslage pro AOK. (DAZ Nr. 26, S. 11)

Keine Rezeptsammlung im Supermarkt. Das Aufstellen einer Sammelbox für Rezepte im Eingangsbereich eines Supermarktes durch eine wenige Kilometer entfernte Apotheke ist unzulässig. Weder liegt eine Erlaubnis zur Rezeptsammlung nach § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vor, noch kann eine solche Erlaubnis erteilt werden, da die Rezeptsammlung in einem Gewerbebetrieb unterhalten werden soll. Die Rezeptsammlung ist auch nicht auf der Grundlage einer bestehenden Versandhandelserlaubnis nach § 11a Apothekengesetz zulässig. Zwar kommt § 24 ApBetrO im Versandhandel nicht zur Anwendung. Die Rezeptsammlung in einem räumlich nahe gelegenen Supermarkt ist jedoch nicht dem Versandhandel zuzuordnen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem ausführlichen Urteil festgestellt. (DAZ Nr. 27, S. 12)

Päckchen packen nur mit Qualifikation. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat einen Schlussstrich unter den Streit zwischen einem Versand­apotheker und der Apothekerkammer Niedersachsen gezogen. Es hat dem Apotheker untersagt, zum Packen von Arzneimittelpäckchen ungelernte Personen zu beschäftigen. Bei der Vorbereitung von Arzneimitteln zur Abgabe darf sich pharma­zeutisches Personal der Apotheke nur von Apothekenhelfern, Apothekenfacharbeitern, pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten sowie Personen, die sich in der Ausbildung zum Beruf des pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten befinden, unterstützen lassen. (DAZ Nr. 27, S. 12)

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Der „Bottroper Zyto-Apotheker“ musste sich vor dem Landgericht Essen wegen langjähriger Unterdosierungen und wegen Betrugs verantworten.

Zwölf Jahre Haft für Zyto-Apotheker. Im Skandal um gepanschte Krebs­medikamente hat das Landgericht Essen den Bottroper Apotheker Peter S. zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte 13 ½ Jahre Haft gefordert, die Verteidiger auf Freispruch plädiert. In ihrem Urteil stellen die Richter fest, dass in der Apotheke des Bottroper Pharmazeuten Infusionslösungen gestreckt, bei den Krankenkassen aber voll abgerechnet wurden. Dabei ist von mehr als 14.000 Arzneimitteln die Rede, die in ihrer Qualität nicht „unerheblich gemindert“ waren. Die Richter verhängten außerdem ein lebenslanges Berufsverbot. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: sowohl Verteidiger als auch Staatsanwaltschaft und Nebenkläger haben an­gekündigt, Revision zum Bundes­gerichtshof einzulegen. (AZ Nr. 28, S. 1; AZ Nr. 29, S. 2)

Sieg für die Mischpreise. Über sieben Jahre nach Inkrafttreten des AMNOG-Verfahrens zur Preisregulierung von Arzneimitteln hat das Bundessozial­gericht in zwei Urteilen den sogenannten Mischpreis für Erstattungsbetrags-Arzneimittel für rechtmäßig erklärt. Danach ist die Praxis der Mischpreisbildung bei Arzneimitteln zulässig und zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe eines einheitlichen Erstattungsbetrags unumgänglich, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss für verschiedene Patientengruppen den Zusatznutzen eines Arzneimittels unterschiedlich bewertet hat. Das Gericht widersprach damit der vor­instanzlichen Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, das die Mischpreise infrage gestellt hatte. (AZ Nr. 28, S. 3)

Tankgutscheine nur einzeln. Vorsicht bei Sachbezügen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Form von Tankgutscheinen. Nach einem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts verfällt der Steuervorteil, wenn gleich mehrere Gutscheine auf einmal aus­gegeben werden. (AZ Nr. 34/35, S. 3)

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Video-Aufzeichnungen können auch Monate später noch zur Ahndung einer Pflichtverletzung herangezogen werden.

Kündigung nach Videoaufzeichnung. Wie lange darf ein Apotheker Aufnahmen einer Videoüberwachung speichern und sie als Beweis in ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen einen Mitarbeiter einbringen? Nach einem Urteil des Bundesarbeits­gerichts können Bildsequenzen aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung, die zeigen, wie ein Mitarbeiter etwas stiehlt, auch ein paar Monate später noch zulässigerweise ausgewertet und als Rechtfertigung für eine außerordentliche Kündigung herangezogen werden. Allein der Zeitablauf macht eine solche Speicherung nicht unverhältnismäßig, solange die Ahndung der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber arbeitsrechtlich möglich ist. (AZ Nr. 36, S. 2)

Steuerbetrug mit Folgen. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerbetrugs hatte für einen Pharmazeuten aus Düren den Verlust seiner Apo­thekenbetriebserlaubnis zur Folge. Obwohl sich der Apotheker geständig zeigte und die Schulden beim Finanzamt beglichen hatte, bestätigte das Verwaltungsgericht Aachen den behördlichen Erlaubnisentzug. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. (AZ Nr. 36, S. 3)

Mutter und Sohn gestehen Rezeptbetrug. Rezeptbetrug ist auch in einer finanziellen Notlage keine Option. Das haben eine 64-jährige Apothekerin und ihr 37-jähriger Sohn, der ebenfalls Apotheker ist, zu spüren bekommen. Sie wurden vom Landgericht Halle wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten bzw. zu einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Strafe gegen den Sohn wurde zur Bewährung ausgesetzt. (AZ Nr. 36, S. 3)

Lügen kosten die Betriebserlaubnis. Auch ein Apothekenleiter, der seine Apotheke nur kurzfristig verlässt, ohne für eine approbierte Vertretung zu sorgen, verstößt gegen Apothekenrecht. Kommen weitere Verstöße und sogar Lügen gegenüber der Aufsichtsbehörde hinzu, kann ein solches Verhalten auch die Betriebserlaubnis kosten. Diese schmerzliche Erfahrung musste eine Apothekerin vor dem Verwaltungs­gericht Schleswig-Holstein machen. (AZ Nr. 37, S. 3)

Sovaldi®-Patent hat Bestand. Das US-Pharma-Unternehmen Gilead darf sein Patent auf das Hepatitis-C-Präparat Sovaldi® behalten – allerdings mit Änderungen. Dies hat das Europäische Patentamt in München entschieden. Verschiedene Nichtregierungsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ und „Ärzte der Welt“ hatten versucht, das Patent auf den Wirkstoff Sofosbuvir zu kippen. (AZ Nr. 38, S. 3; DAZ Nr. 50, S. 16)

Keine Kassen-Empfehlung vom Chef. Arbeitgeber dürfen sich nicht in die Krankenkassenwahl ihrer Mitarbeiter einmischen. Darauf macht die Wett­bewerbszentrale aufmerksam. Sie hatte in vier Fällen Unternehmen abgemahnt, die ihren Mitarbeitern eine konkrete Krankenkasse empfohlen hatten. Alle Unternehmen lenkten ein. (AZ Nr. 40, S. 3)

Gericht stoppt Arzneimittelverkauf auf Amazon. Dem Münchener Apotheker Dr. Hermann Vogel jun. sind Arzneimittelverkäufe von Apothekern über Amazon schon lange ein Dorn im Auge. Er ist überzeugt, dass hier sensible Patientendaten missbraucht werden. Das Landgericht Dessau-Roßlau gab seiner Klage gegen einen Versandapotheker aus Sachsen-Anhalt statt. Demnach darf die Versandapotheke keine apothekenpflichtigen Arzneimittel über Amazon vertreiben, solange bei dem Anmelde- bzw. Kaufprozess über die Internet-Handelsplattform nicht sichergestellt ist, dass der Kunde vorab seine Einwilligung zu Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner Gesundheitsdaten gegenüber einer Person oder Institution erteilen kann, die zum Umgang mit diesen gesundheitsbezogenen Daten berechtigt ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (DAZ Nr. 14, S. 17)

BGH: Kein Zuweisungsverbot für ausländische EU-Versender. In einem bemerkenswerten Urteil hat der Bundesgerichtshof seine Kritik an der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sowie des Europä­ischen Gerichtshofs in seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 zur Arzneimittelpreisbindung bestätigt. Danach ist es in einem Vorabentscheidungsverfahren zum Europäischen Gerichtshof Sache des vorlegenden nationalen Gerichts, den Sachverhalt festzustellen und dem Gerichtshof zur rechtlichen Beurteilung zu unterbreiten. Handelt es sich bei dem Ausgangsverfahren um einen Zivilprozess, trifft das vorlegende Gericht seine Feststellungen nach den Regeln der Zivilprozessordnung auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien. Die Ausführungen des BGH ergingen im Zusammenhang mit einem Verfahren zu sogenannten Applikationsarznei­mitteln. Die Karlsruher Richter stellten fest, dass Ärzte, die Applikationsarzneimittel beschaffen und in ihrer Praxis an Patienten anwenden, nicht gegen das arzneimittelrechtliche Verbot verstoßen, apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch außerhalb der Apotheke in den Verkehr zu bringen. Nach Auffassung des Gerichts erfasst das Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Apothekengesetz Rechtsgeschäfte und Absprachen zwischen Apotheken und Ärzten, die Applikationsarzneimittel zum Gegenstand haben. Allerdings unterliegen dem Absprache- und Zuweisungsverbot nur Inhaber einer Erlaubnis nach dem deutschen Apotheken­gesetz, nicht dagegen Apotheken eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die über eine Erlaubnis nach ihrem nationalen Recht verfügen. In seiner Entscheidung deutet das Gericht an, dass es zur Schließung dieser Gesetzeslücke den Gesetzgeber gefordert sieht. (AZ Nr. 23, S. 3; Nr. 46, S. 2)

PTA muss nicht gerade stehen. Ein Apotheker, der von einer früher bei ihm angestellten PTA Schadensersatz gefordert hat, weil sie für eine Retax-Aktion in Höhe von 1.770,– Euro verantwortlich sein sollte, ist mit seiner Klage vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gescheitert. Der Apotheker hätte darlegen und beweisen müssen, dass die PTA ihre arbeits­vertraglichen Pflichten verletzt hat und ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist – dies hat er aus Sicht der Arbeitsrichter nicht ausreichend getan. (AZ Nr. 49, S. 3) |

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