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Arzneimittel und Therapie
Herzpatienten vor Schäden schützen
AHA-Statement zu Arzneistoffen, die bei Herzproblemen problematisch sind
Herzinsuffizienz ist in Deutschland einer der häufigsten Gründe für einen stationären Krankenhausaufenthalt und stellt somit eine der kostenintensivsten chronischen Erkrankungen dar. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden Prävalenz und Inzidenz der Herzinsuffizienz künftig zunehmen. Als mögliche Ursache für Komplikationen gilt unter anderem die Einnahme von Arzneistoffen, die sich aus unterschiedlichen Gründen ungünstig auf eine Herzinsuffizienz auswirken können. Um die Kosten der Erkrankung sowie den zu erwartenden Anstieg von Hospitalisierungen in den kommenden Jahren zu begrenzen, hat die American Heart Association (AHA) in einem umfangreichen Scientific Statement eine Liste der Arzneimittel zusammengestellt, die eine Herzinsuffizienz direkt verursachen oder verschlechtern können bzw. die mit typischen Herzinsuffizienzmedikamenten interagieren und somit indirekt dem Patienten schaden. Die Daten wurden anhand von Fallstudien, Metaanalysen und prospektiven klinischen Studien evidenzbasiert analysiert.
Direkt und indirekt ungünstig
In der Liste finden sich sowohl verschreibungspflichtige Medikamente als auch solche aus dem OTC-Bereich und der Komplementärmedizin. Einige dieser Arzneistoffe wirken sich bereits bekanntermaßen negativ auf die Herzfunktion aus, wie QT-Zeit-verlängernde Substanzen. Daneben werden Arzneistoffe diskutiert, die bisher weniger mit kardialen Exazerbationen assoziiert werden, jedoch entsprechend ihrer möglichen direkten kardiotoxischen Wirkungen, negativ chronotroper, inotroper oder lusinotroper Effekte, blutdruckverändernder Mechanismen bzw. aufgrund der hohen Natriumlast die Herzfunktion weiter beeinträchtigen können.
Für Herzinsuffizienz-Patienten erhöht sich aufgrund der regelmäßigen Einnahme mehrerer Medikamente zudem das Risiko für Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen, was auch im Rahmen der Selbstmedikation zu Komplikationen führen kann. Das Scientific Statement widmet sich gesondert den Präparaten aus dem OTC-Bereich. Hierzu gehören nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), die aufgrund der COX-Inhibition zu einer Wasserretention und Erhöhung des peripheren Widerstands führen. Problematisch ist hierbei auch der oftmals bedenkenlose Umgang mit solchen OTC-Präparaten mit Verlängerung der empfohlenen Einnahmedauer und Dosierung, wodurch sich das Risiko für entsprechende Komplikationen erhöht. Viele Grippemittel enthalten Analgetika in Kombination mit Vasokonstriktoren, wie Phenylephrin und Pseudoephedrin, wodurch ebenso kardiotoxische Effekte provoziert werden können.
Übliche Nasensprays, die vorzugsweise eine lokal vasokonstriktorische Wirkung erzielen, sind mit kritischen systemischen Nebenwirkungen assoziiert, sofern diese übermäßig angewendet werden. Auch Antazida können potenziell problematisch sein. Während neuere Aluminium- oder Magnesium-haltige Vertreter keine relevanten Mengen an Natrium enthalten, ist dessen hoher Gehalt bei älteren Präparaten ebenso zu berücksichtigen wie bei den zuvor erwähnten PPI und H2-Antihistaminika.
Praxisrelevante Probleme
Für Patienten mit Herzinsuffizienz gilt es, eine salzarme Diät (weniger als 1500 mg Natrium pro Tag) einzuhalten, denn eine übermäßige Natriumaufnahme über die Ernährung kann zu einer Hypervolämie führen, eine der häufigsten Ursachen für vermeidbare Krankenhausaufenthalte. Dabei müssen jedoch auch nicht-diätetische Salzquellen berücksichtigt werden. Natriumchlorid gilt als übliches Vehikel für intravenöse sowie orale Applikationswege, weshalb hier besondere Vorsicht geboten ist.
Eine Reihe von Antiinfektiva, beispielsweise Ampicillin, Erythromycin oder Metronidazol, enthalten hohe Mengen an Kochsalz (bis zu 790 mg Natrium pro Vial), und auch bei Medikamenten gegen Refluxösophagitis und Magen-Darm-Geschwüre, wie Omeprazol und Ranitidin, ist der hohe Natriumgehalt von bis zu 304 mg pro Kapsel für die empfohlene Tagesgesamtmenge an Kochsalz mit zu berücksichtigen. Darüber hinaus rät die AHA davon ab, die Herzinsuffizienz mit alternativen oder komplementärmedizinischen Präparaten zu behandeln oder die Therapie mit Nahrungsergänzungsmitteln im Rahmen der Sekundärprävention zu ergänzen. Insbesondere die Supplementierung mit Vitamin E (> 400 IU/Tag) kann nach Einschätzung von Experten das Auftreten von Komplikationen fördern.
Alternative Therapeutika, wie Ginkgo-, Weißdorn- oder Herzgespann-Präparate, verändern die Blutgerinnung. Grapefruitsaft, Johanniskraut sowie Traubensilberkerze-Präparate interagieren mit einer Vielzahl von Arzneistoffen gegen Herzinsuffizienz (z. B. Digoxin, ACE-Hemmer oder Betablocker).
Apotheker angesprochen
Abschließend empfiehlt die AHA, eine umfassende Analyse der Polymedikation von Herzinsuffizienz-Patienten durchzuführen sowie durch eingehende Befragung zu Selbstmedikation und Medikationshistorie mögliche Interaktionen oder Komplikationen zu erkennen bzw. zu vermeiden. Dies kann im Rahmen der Konsultation beim behandelnden Arzt erfolgen, aber auch im Beratungsgespräch in der Apotheke ergänzt werden. Solch ein Medikationsmanagement kann neben der Evaluation möglicher Risiken auch die Verschreibung unnötiger Präparate mit ungünstigem Nutzen/Risiko-Verhältnis verhindern und somit die Anzahl an Nebenwirkungen verringern. Eine eingehende Schulung des Patienten vorausgesetzt, erhöht sich auch die Compliance und somit die Wirksamkeit und Effektivität der Therapie. Daher lohnt sich auch für Apotheker ein Blick auf das nun veröffentlichte Scientific Statement, um anhand der Empfehlungen der Experten die Patienten bei Bedarf umfassend beraten zu können. |
Quelle
Page RL, et al. Drugs That May Cause or Exacerbate Heart Failure.“ Circulation 2016;134(6):e32-69
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