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Aus den Ländern
Vorbereitung zur Selbstständigkeit
Workshop für angehende Existenzgründer
Was ist rechtlich zu beachten?
Auf dem Programm standen am Vormittag vor allem rechtliche Themen. Der LAV-Jurist Frank Dambacher erörterte Kauf-, Pacht- und Mietverträge, das Arbeitsrecht und das Vertragsrecht der Arznei- und Hilfsmittelversorgung. Nebenbei schilderte er auch den einen oder anderen rechtlichen Fallstrick an konkreten Beispielen. Vor allem behandelte er die Fragen:
- Wie schließt man die Haftung für Verbindlichkeiten des Vorbesitzers aus?
- Was genau muss ins Handelsregister eingetragen werden?
- Wie wirkt sich der Kündigungsschutz des übernommenen Personals aus?
- Kann man bei der Übernahme eines Betriebes vertragliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern der Apotheke verändern?
Rechnet sich mein Objekt?
Den wirtschaftlichen Teil begann Diplom-Betriebswirt Stephan Gommert von der Treuhand Hannover mit einem Referat über die relevanten betriebswirtschaftlichen Eckdaten einer Apotheke. „Wichtig ist, vor dem Kauf zu wissen, was für Sie als Käufer unterm Strich pro Jahr übrig bleiben wird“, betonte er. Eine gewissenhafte und von wirklichen Marktkennern erstellte Standortanalyse sei zur Bewertung einer Apotheke unabdingbar. Wichtig sei auch das Verhältnis des Kaufpreises zum zu erwartenden Ertrag. Dabei ist die Umsatzstruktur von größerer Bedeutung als das Volumen des Umsatzes, denn beim Kauf einer „Vier-Millionen-Apotheke“ kann unterm Strich weniger für den neuen Inhaber „hängen bleiben“ als bei einem Objekt, das nur den halben Umsatz erwirtschaftet.
Welches Darlehen passt zu mir?
Andreas Sagert von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) führte in die Grundlagen der Investitionsplanung und Finanzierungsgestaltung ein. Das Finanzierungsvolumen für die Übernahme einer Hauptapotheke beträgt derzeit bei der apoBank durchschnittlich eine gute halbe Million Euro. Sagert appellierte an die Teilnehmer, die Investitionen in das Objekt auf ihre Rentabilität hin zu prüfen und dabei mit solchen Banken zusammenzuarbeiten, die durch spezielle Branchenkenntnisse eine entsprechende Finanzierung sachkundig begleiten können. Danach erklärte Sagert unterschiedliche Darlehensformen wie Zinszahlungs-, Annuitäten- und Tilgungsdarlehen, schilderte die Entschuldungsvarianten mit den entsprechenden Zinskonditionen und sprach auch die Inanspruchnahme öffentlicher Finanzierungsmittel an. Letzten Endes muss die Finanzierung „zur Apotheke, aber vor allem auch zu Ihrer persönlichen Lebensplanung passen“, so Sagert.
Heute schon wissen, was morgen dem Finanzamt gehört
Über das Thema Steuern referierte Johann Marxt, Leiter der Niederlassung Stuttgart der Treuhand Hannover. Er erklärte anhand einiger Beispiele, worin die Unterschiede zwischen der Steuergestaltung eines Angestellten und der eines Selbstständigen liegen und welche Spielräume sich hier auftun. Dabei beleuchtete er das sogenannte „abweichende Wirtschaftsjahr“, mit dem sich eine Ersparnis in Höhe der Zinsen auf die verschobene Steuerbelastung ermöglichen lässt. Regeln für Abschreibungen standen ebenso auf seiner Agenda wie die Liste der Erkenntnisvorteile, die sich aus einem internen und externen Betriebsvergleich ziehen lassen. „Unterschiedliche Apothekentypen haben ihre eigenen Kennzahlen“, erklärte Marxt. Ein Apothekenleiter müsse die Betriebswirtschaftliche Analyse (BWA) seiner Apotheke lesen und interpretieren können; dabei hilft ihm der Steuerberater.
Pharmazeut und Betriebswirt
Patrick Schäfer, Leiter der Aus-, Fort- und Weiterbildung der LAK, stellte den Teilnehmern den Aufbaustudiengang „Pharma MBA“ vor. Die LAK bietet den Studiengang in Kooperation mit der Hochschule Reutlingen an, um Apothekern betriebswirtschaftliche Kenntnisse auf hohem Niveau zu vermitteln. „Praxisnähe und Anwendungsorientierung waren uns bei der Entwicklung ganz wichtig“, erläuterte Schäfer. Der Studiengang umfasst Eigenstudium und Präsenzveranstaltungen. Wer nicht das komplette MBA-Programm absolvieren möchte, kann einzelne Kurse belegen, z. B. zu den Themen Personalführung und Marketing.
Erfahrungsbericht eines Existenzgründers
Einen Rückblick auf seine Vorbereitungen und seine ersten Schritte in die Selbstständigkeit gab Andreas Neudeck, der vor sechs Monaten eine Apotheke in Stuttgart übernommen hat. Von seiner Entscheidung, sich selbständig machen zu wollen, bis zur tatsächlichen Selbstständigkeit vergingen gut drei Jahre. „Ich habe mir viel Zeit genommen, das richtige und zu mir passende Objekt zu finden“, erklärte der 38-Jährige. Dabei habe ihm die „Apothekenbörse“ der Treuhand Hannover geholfen. Am Ziel war er, als er den „alten Chef“ seiner heutigen Apotheke kennenlernte: „Hier hat die Chemie gestimmt, und ich fand die Philosophie toll, auf die ich getroffen bin.“
Neudeck hat gemeinsam mit der Treuhand Hannover und der apoBank einen gründlichen Check der betrieblichen Kennzahlen vorgenommen und die Finanzierung der Übernahme entwickelt. Auch LAK und LAV waren ihm mit Checklisten und rechtsanwaltlichem Rat sowie in Sachen Präqualifizierung und im kompletten Versorgungsvertragsbereich behilflich.
Als neuer Inhaber hat Neudeck „erstmal alles so gelassen, wie es war“ und auch das komplette Team übernommen, was er im Nachhinein für genau richtig hält. Es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, das Team vom neuen Chef zu überzeugen – und umgekehrt. Auch bestehende Konditionen des Großhandels hat Neudeck beibehalten, „weil man zunächst so viele andere Dinge zu erledigen hat“.
Abschließend ermutigte Neudeck seine Kollegen, sich selbstständig zu machen, denn: „Es ist schön, jeden Tag in seine eigene Apotheke zu gehen. Man hat viel Freude dabei!“ |
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