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Arzneimittelaustausch – ein Dauerthema

Gute Substitutionspraxis und neue Retax-Erfahrungen

HAMBURG (tmb) | Die Leitlinie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) zur guten Sub­stitutionspraxis (GSP) macht viele Probleme beim Arzneimittelaustausch deutlich. Doch wer diesen Ansprüchen im Apothekenalltag ­gerecht werden will, braucht auch Tipps zur Vermeidung von Retaxationen.

Über diese beiden Aspekte der Arzneimittelsubstitution informierten sich am 24. und 25. Februar jeweils etwa 200 Teilnehmer bei Veranstaltungen des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und des Hamburger Apothekervereins mit Prof. Dr. Theo Dingermann, Frankfurt, und Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer der beiden Apothekerverbände.

Dingermann betonte, dass bei der Zulassung eines Generikums die Bioäquivalenz in einem paarweisen Vergleich nachgewiesen wird, während beim Arzneimittelaustausch alle Generika in einen Topf geworfen werden. Zudem gelten die verschärften Bioäquivalenz­anforderungen für Arzneistoffe mit ­geringer therapeutischer Breite nicht rückwirkend, sodass bei einem Präparat nicht zu erkennen sei, auf welchen Regeln seine Zulassung beruht.

Gemäß der GSP-Leitlinie der DPhG (www.dphg.de, Stand 24. 2. 2014) seien viele sozialrechtliche Regeln zum Austausch von Generika wissenschaftlich unhaltbar, beispielsweise wenn es sich um

  • verschiedene Salze, Ether, Ester oder Isomere eines Arzneistoffs,
  • unterschiedliche Darreichungs­formen oder
  • Retardarzneiformen mit unterschiedlichen Konzepten

handelt. Dingermann ermunterte daher die Apotheker, konsequenter auf „pharmazeutische Bedenken“ zu verweisen und besonders auf die Probleme bei modifizierten Arzneiformen zu achten.

Foto: DAZ/tmb

Informierten über gute Substitutionspraxis und die Folgen:Dr. Thomas Friedrich (links) und Prof. Dr. Theo Dingermann.

Tipps gegen Retaxationen

Auch für Friedrich sind die „pharmazeutischen Bedenken“ ein wichtiges ­Instrument, doch er konstatierte einen neuen Trend bei Retaxationen, sogar solche begründeten Ausnahmen infrage zu stellen. Wenn wegen „pharmazeutischer Bedenken“ oder Dringlichkeit kein Rabattarzneimittel abgegeben wird, müsse sowohl die Sonder-PZN angegeben als auch ein schriftlicher Vermerk mit der Begründung auf dem Rezept angegeben werden, betonte Friedrich. Als Begründung sollte anstatt auf die Compliance treffender auf die inhaltlich umfassendere Adhärenz verwiesen werden, weil diese auch die subjektive Sicht des Patienten berücksichtigt. Der Verweis auf die Dringlichkeit könne problematisch werden, wenn Ausstellungs- und Abgabedatum weit auseinander liegen. Allerdings könne eine ältere Dauerverordnung dringlich werden, wenn der Patient erst nach dem Aufbrauchen der alten Packung in die Apotheke kommt – dies müsse dann dokumentiert werden. Wenn der Rabattvertrag aufgrund einer dokumentierten Ausnahme nicht angewendet wird, müsse das verord­nete Arzneimittel oder eines der drei günstigsten Produkte abgegeben ­werden, erklärte Friedrich.

Als Lösung der Retaxationsprobleme empfahl Friedrich eine gute Dokumentation durch die Apotheken und eine Quotenregelung wie im Arzneiliefervertrag mit der AOK Rheinland /Hamburg. Denn es sei lebensfremd und „irgendwo unmenschlich“, anzunehmen, dass solche Verpflichtungen im Alltag zu 100 Prozent umgesetzt werden könnten. |

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