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DAZ aktuell
Helfen – auch ohne Zulassung
Großbritannien will „Early Access to Medicines Scheme“ starten
REMAGEN (hb) | Die niederländische Initiative „My Tomorrows“ will schwerkranken Patienten den frühen Zugang zu noch nicht zugelassenen Arzneimitteln erleichtern (siehe DAZ 2014, Nr. 11, S. 25). Anfang April wollen nun auch die Briten einen solchen „Service“ starten – auf ausdrücklichen Wunsch der dortigen Gesundheitspolitik und koordiniert von der Arzneimittelagentur MHRA. Am 14. März 2014 gab es hierfür offiziell grünes Licht.
Die Initiative steht im Zusammenhang mit der 2011 ins Leben gerufenen Strategie für die Lebens-Wissenschaften in Großbritannien. Im ihrem Rahmen sollte die MHRA Vorschläge für ein neues „Early Access to Medicines Scheme“ (EAMS) auf den Weg bringen. Es soll nicht nur akut Patienten helfen, sondern auch die Entwicklung, Zulassung und die Beschaffung innovativer Arzneimittel beschleunigen. Das System ist freiwillig und ersetzt nicht das normale Zulassungsverfahren.
Stufe 1: PIM-Ausweisung
In Stufe 1 erteilt die MHRA für ein Arzneimittel auf Antrag eines Unternehmens eine Ausweisung als „vielversprechendes innovatives Arzneimittel“ (Promising Innovative Medicine, PIM). Dies kann bereits mehrere Jahre vor der Zulassung geschehen. Für die Ausweisung kommen neue Substanzen, aber auch bekannte Verbindungen, z.B. mit neuer Indikation, in Frage. Voraussetzung ist, dass das Arzneimittel einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung lebensbedrohlicher oder zu schwerer Invalidität führender Erkrankungen bietet, für die es keine oder keine zufriedenstellenden Behandlungsoptionen gibt.
Stufe 2: Empfehlung zum frühen Zugang
In Stufe 2 gibt die Arzneimittelagentur eine wissenschaftliche Stellungnahme zum frühen Zugang ab („Early Access to Medicines“ scientific opinion). Hierfür muss das Arzneimittel zwar noch nicht zulassungsreif sein, aber es müssen ausreichende Daten für die Bewertung vorliegen. Die Stellungnahme soll auf der Webseite der MHRA veröffentlicht werden und Ärzten bei der Entscheidung über den Einsatz des Arzneimittels helfen. Bis zur Erteilung der Zulassung müssen die Firmen das Präparat kostenfrei zur Verfügung stellen.
Stufe 3: Kassenerstattung
Zusätzlich zur der PIM-Ausweisung und der Stellungnahme wird ein koordinierter Prozess zur Bewertung durch das NICE und zum Einsatz des Produktes im Rahmen des National Health Service eingeführt. Hiernach soll das NICE „Early Access Medicines“ für den Routineeinsatz auf Basis der Daten bewerten, die in den frühen Stadien der Entwicklung gewonnen wurden. Wird ein Early-Access-Präparat zugelassen, soll es in der Regel national einheitlich beschafft und eingesetzt werden. Vom NICE positiv bewertete Technologien werden binnen drei Monaten nach Veröffentlichung finanziert.
Straffe Verfahren und Überwachung
In der Entwicklung einer „Early Access Medicine“ bis zur Zulassung sollen die Unternehmen möglichst eng mit der Arzneimittelagentur und auch mit dem NICE zusammen arbeiten, damit sie bei den Genehmigungsverfahren und der nachfolgenden Markteinführung nicht auf unvorhergesehene Widerstände stoßen. Um der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen, ist die Einrichtung von Alarmsystemen mit E-Mail-Benachrichtigung für die Angehörigen der Gesundheitsberufe geplant.
Nutzen für Ärzte und Industrie
Die britische Regierung sieht in dem Schema einen erheblichen Nutzen für die Ärzte und die Industrie. So sollen die verschreibenden Ärzte durch die positive Stellungnahme der MHRA Rückendeckung und mehr Vertrauen in die Sicherheit eines Präparates bekommen. Die Industrie soll auf mehreren Ebenen profitieren. Die PIM-Ausweisung soll den Neuentwicklungen ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit verleihen und helfen, weitere Investitionen zu sichern. Als weitere Vorteile werden die höhere Patienten-Exposition während der Arzneimittelentwicklung und die Möglichkeit, reale Daten zu sammeln, angeführt. Die frühzeitige enge Verzahnung des Prozesses mit dem NICE soll zudem die Chancen auf eine spätere erfolgreiche Vermarktung verbessern.
Was sind die nächsten Schritte?
Ab Anfang April will die MHRA entsprechende Anträge der Firmen auf Ausweisung als PIM entgegen nehmen. Zu dem Verfahren sollen auf der Website der Agentur noch weitere Hinweise veröffentlicht werden. Für die Anzahl der EAMS-Präparate soll es prinzipiell keine Begrenzung geben. Während die MHRA zunächst von nicht mehr als zwei pro Jahr ausgeht, rechnet die Industrie mit deutlich mehr.
Literatur
Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency, News vom 14.03.2014., www.mhra.gov.uk/NewsCentre/CON392899
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