Recht

Zwei Fälle aus der Rechtsprechung

Urlaubsanspruch nach unbezahltem Sonderurlaub oder wenn der Arbeitnehmer stirbt

wes | Er ist immer wieder ein Streitpunkt: der sogenannte Erholungsurlaub. Er steht nach § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) jedem Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr zu. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BUrlG ist diese Vorschrift unabdingbar. Die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit.

Das BUrlG bindet den Urlaubsanspruch damit weder an die Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis noch ordnet es die Kürzung des Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG) findet sich dagegen nicht. Kommt es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien – „Sonderurlaub“ -, hindert dies grundsätzlich weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt.

Darauf weist der Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.(VDAA) hin und verweist auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 6. Mai 2014. (Az. 9 AZR 678/12)

Die Klägerin war bei der beklagten Universitätsklinik seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach erfolglos von der Beklagten die Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der von den Parteien vereinbarte Sonderurlaub stand dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres 2011 nicht entgegen. Er berechtigte die Beklagte auch nicht zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs.

Anspruch selbst im Todesfall

Nicht einmal durch den Tod des Arbeitnehmers endet der Anspruch auf Erholungsurlaub, betont der VDAA. Er muss finanziell ausgeglichen werden, das Geld steht den Erben zu. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 12. Juni entschieden, dass das Unionsrecht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Er stellte weiter fest, dass diese Abgeltung nicht davon abhängt, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat. (Az. C 118/13)

Der Gerichtshof betonte, dass der Begriff des bezahlten Jahresurlaubs bedeutet, dass für die Dauer des Jahresurlaubs das Entgelt des Arbeitnehmers fortzuzahlen ist. Ein finanzieller Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers stellt die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen.

Entschieden hatte der EuGH aufgrund einer Vorlage durch das Landesarbeitsgericht in Hamm. In dem Fall hatte eine Witwe von dem früheren Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes einen finanziellen Ausgleich dafür verlangt, dass ihr Ehemann vor seinem Tode mehr als 140 Tage Urlaub wegen Krankheit nicht antreten konnte.

Der Präsident des VDAA, der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn empfiehlt, in Zweifelsfällen rechtlichen Rat bei einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuholen. Mit der Suchfunktion auf der Website des Verbands deutscher ArbeitsrechtsAnwälte – www.vdaa.de – sei ein Arbeitsrechtsanwalt schnell zu finden. 

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