Gesundheitspolitik

Widerstand gegen Apothekerhaus-Aufstockung

ABDA will zwei Etagen aufsetzen – Sanierung notwendig – Gesamtkosten: 26,5 Millionen Euro

BERLIN (lk) | Drei Jahre nach dem gescheiterten Versuch der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), das Berliner Apothekerhaus durch einen Anbau auf dem benachbarten Grundstück zu erweitern, unternimmt die Standesvertretung einen erneuten Anlauf: Für 26,5 Millionen Euro soll das Mendelssohn Palais um zwei Etagen aufgestockt und zusätzlich renoviert werden.

Dagegen formiert sich abermals Widerstand in den ABDA-Mitgliedsorganisationen. Eine zweite Niederlage der ABDA-Führung bei der für kommenden Mittwoch angesetzten Abstimmung in der Mitgliederversammlung wäre keine Überraschung. Viele Kammern und Verbände wollen die Abstimmung verhindern und noch keine Entscheidung treffen. Man könne „nur auf der Grundlage unternehmerischer Fakten“ entscheiden, heißt es aus Kreisen der Kammerpräsidenten. Dazu reiche die Abstimmungsvorlage der ABDA nicht aus. Man müsse zunächst prüfen, ob eine Aufstockung des Apothekerhauses wirtschaftlich sinnvoll sei und Alternativen in Erwägung ziehen. Auch ein Verkauf des ABDA-Sitzes und die Anmietung eines modernen Bürohauses seien dabei zu prüfen. Das erhöhe die Flexibilität der ABDA auf veränderten Personalbedarf zu reagieren, so die Argumente.

Linz: Kosten und Nutzen unverhältnismäßig

Offenen Widerstand gibt es von der Apothekerkammer Niedersachsen. Mit großer Mehrheit lehnte die Kammerversammlung die ABDA-Baupläne letzten Mittwoch ab. Kammerpräsidentin Magdalena Linz soll versuchen, eine Abstimmung am kommenden Mittwoch zu verhindern. Falls dies nicht gelingt, wird die Kammer Niedersachen mit Nein stimmen. Kosten und Nutzen stünden bei einem Baupreis von 10.000 Euro pro Quadratmeter in keinem Verhältnis, sagte die wiedergewählte Kammerpräsidentin Magdalene Linz zu DAZ.online. Außerdem fehlten detaillierte Informationen. Die sollten zwar in der ABDA-Mitgliederversammlung nachgereicht werden. Dennoch fühle man sich für eine Abstimmung nicht ausreichend vorbereitet. Es seien noch zu viele Fragen nicht nur hinsichtlich des Denkmalschutzes offen.

Kontroverse Diskussion in Hessen und Westfalen-Lippe

Auch in Hessen stoßen die ABDA-Pläne auf Missfallen. Bei der Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen in Eschborn wurde das Projekt ebenfalls kontrovers diskutiert. Dr. Hans Rudolf Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes HAV, erwartet ein hartes Ringen um die Aufstockung. Er werde sich für eine Ablehnung stark machen. Sein Abstimmungsverhalten will der HAV noch festlegen.

Auch bei der Kammerversammlung Westfalen-Lippe wurde kritisch über die Aufstockung diskutiert. Es wurden Fragen zu Alternativen ebenso gestellt wie zum Denkmalschutz. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening sicherte zu, die Bedenken in der ABDA-Mitgliederversammlung zur Sprache zu bringen.

Gerd Ehmen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, wünscht sich eine Versachlichung der Debatte um das Haus. Diese sei nötig, um zu einer „vernünftigen Lösung“ zu kommen, die auch die Interessen der ABDA-Mitarbeiter berücksichtigen müsse. Er erwarte eine intensive Diskussion, denn auch die Alternativen seien zu prüfen.

Deutlicher wurde Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg. Gegenüber DAZ.online sagte er: „Ich war noch nie ein Freund dieses Hauses.“ Siemsen erklärte, das Haus habe Charme, aber die ABDA brauche ein funktionaleres Gebäude, in dem alle Sitzungen stattfinden könnten. Diese Bedingungen könne nur ein modernes Gebäude erfüllen, das man neu bauen oder auch mieten könnte, so Siemsen.

Das Leid mit dem Nachbargrundstück

Im Frühjahr 2011 war die ABDA schon einmal mit Erweiterungsplänen für das Apothekerhaus bei den Mitgliedsorganisationen abgeblitzt. Mit großer Mehrheit lehnte die ABDA-Mitgliederversammlung damals den Kauf des Nachbargrundstücks ab. Dort wollte die ABDA einen modernen sechsstöckigen Bürokomplex bauen. Inzwischen hat die Berliner Groth-Gruppe dort eine Luxus-Immobilie errichtet, deren Bau für Risse im Apothekerhaus verantwortlich ist. Der Neubau sollte damals 23,5 Millionen Euro kosten.

Jetzt will die ABDA auf das Mendelssohn Palais zwei Etagen aufstocken. Die Aufstockung soll 15 Millionen Euro kosten. Neu entstehen sollen damit 1500 Quadratmeter Büro- und Verkehrsflächen: Baukosten pro Quadratmeter 10.000 Euro. Nach dem Ausbau soll die Bürofläche insgesamt 5300 Quadratmeter umfassen.

Unabhängig von der Aufstockung besteht zusätzlicher Renovierungsbedarf am Apothekerhaus, der von der ABDA wie folgt geschätzt wird: Brandschutz, Rettungswege 6.000.000,00 Euro, Haustechnik und technische Gebäudeausrüstung 2.500.000,00 Euro, Risssanierung 3.000.000,00 Euro. Die Kosten der Risssanierung sind nach Auffassung der ABDA vom Nachbarn zu tragen. Darüber laufen Verhandlungen mit der Groth-Gruppe.

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