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Arzneimittel und Therapie
Exenatid und Liraglutid im direkten Vergleich
Glucagon-like-peptide (GLP)-1-Agonisten (Syn. Inkretinmimetika) haben ihren festen Platz in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Ihre Wirkung beruht auf einer Stimulation von Glucagon-like-peptide-1-Rezeptoren. Dies führt zu einer Aktivierung der Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse, zu einer postprandialen Unterdrückung der Glukagonsekretion, zu einer Hemmung der Magenentleerung sowie zu einer zentralen Dämpfung des Appetits, was sich wiederum in einer Gewichtsabnahme bemerkbar macht. Da GLP-1 durch das Enzym Dipeptidylpeptidase IV (DPP-IV) innerhalb weniger Minuten abgebaut wird, kann es therapeutisch nicht eingesetzt werden. Daher wurden GLP-1-Agonisten entwickelt, die aufgrund einer Molekülmodifikation DPP-IV-resistent sind. Im Handel sind derzeit drei GLP-1-Rezeptor-Agonisten: Exenatid (Byetta®, seit 2006 auf dem Markt) ist eine biotechnologisch hergestellte Variante von Exendin 4 (Exendin 4 kommt im Speichel einer amerikanischen Echse vor) und muss zweimal täglich appliziert werden. Eine neue, retardierte Formulierung von Exenatid ist seit 2011 unter der Bezeichnung Bydureon® im Handel und muss dank einer speziellen Technologie nur einmal wöchentlich injiziert werden. Exenatid erhöht glucoseabhängig die Sekretion von Insulin durch die Betazellen des Pankreas.
Seit 2009 ist Liraglutid (Victoza®) verfügbar, das eine hohe Sequenzhomologie zu GLP-1 aufweist und einmal pro Tag subkutan als Injektionslösung mit einem Fertigpen appliziert wird. Alle drei GLP-1-Analoga werden bei erwachsenen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit oralen Antidiabetika eingesetzt.
Wirksamkeit und Sicherheit von Exenatid wurden im Rahmen des DURATION-Studienprogramms untersucht. Die jüngste Studie, DURATION-6, vergleicht erstmals retardiertes Exenatid mit Liraglutid. Dabei ging man von der Hypothese aus, dass Exenatid der Vergleichssubstanz Liraglutid nicht unterlegen war (Nicht-Unterlegenheitsstudie).
Im DURATION-Studienprogramm, das sechs Studien umfasst, wurde retardiertes Exenatid in Mono- und Kombinationstherapien mit nicht retardiertem Exenatid und anderen Antidiabetika verglichen. Die Studiendauer betrug jeweils rund 26 Wochen. Die Probanden waren Typ-2-Diabetiker mit erhöhten HbA1c-Werten und erhöhtem Body-Mass-Index. | ||
Studienbezeichnung |
Basistherapie |
Studienarme |
DURATION-1 |
frei |
Exenatid
retardiertes Exenatid
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DURATION-2 |
Metformin |
retardiertes Exenatid
Sitagliptin
Pioglitazon
|
DURATION-3 |
Metformin + Sulfonylharnstoff |
retardiertes Exenatid
Insulin glargin
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DURATION-4 |
keine |
retardiertes Exenatid
Metformin
Sitagliptin
Pioglitazon
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DURATION-5 |
zusätzlich zu oralen Antidiabetika wie Metformin, Sulfonylharnstoffen oder Thiazolidindionen |
Exenatid
retardiertes Exenatid
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DURATION-6 |
zusätzlich zu oralen Antidiabetika wie Metformin, Sulfonylharnstoffen oder Thiazolidindionen |
retardiertes Exenatid
Liraglutid
|
Head-to-Head-Vergleich
An der randomisierten, multizentrischen, nicht verblindeten Parallelgruppen-Studie nahmen 912 erwachsene Patienten mit Diabetes Typ 2 teil. Ihr durchschnittlicher HbA1c-Wert von 8,5% sowie ein Body-Mass-Index von 32 kg/m² spiegelt das typische Patientenkollektiv für einen Diabetes mellitus Typ 2 wider. Die bisherige Therapie der Patienten bestand aus der Einnahme oraler Antidiabetika und Änderungen im Lebensstil. Die Studienteilnehmer wurden zwei gleich großen Gruppen zugeteilt und erhielten neben oralen Antidiabetika entweder einmal täglich Liraglutid (maximal 1,8 mg/d) oder einmal wöchentlich 2 mg Exenatid in retardierter Form. Der primäre Studienendpunkt war die HbA1c-Änderung nach 26 Wochen, die mithilfe einer Intention-to-treatAnalyse ermittelt wurde. Sekundäre Studienendpunkte waren unter anderem Veränderungen unterschiedlicher Parameter wie etwa Gewicht, Blutdruck, Lipide, das Auftreten von Hypoglykämien sowie Sicherheit und Verträglichkeit der Therapie. Für die Analyse konnten die Daten von 911 Probanden (450 der Liraglutid-Gruppe, 461 der Exenatid-Gruppe) ausgewertet werden.
Die Veränderung des HbA1c-Wertes betrug in der Liraglutid-Gruppe -1,48%, in der Exenatid-Gruppe -1,28%. Die Gesamtdifferenz zwischen den zwei Gruppen war gering (0,21%; 95% Konfidenzintervall 0,08 bis 0,33). Das im Vorfeld definierte Studienziel – der Nachweis einer Nichtunterlegenheit von Exenatid – wurde nicht erreicht. In beiden Gruppen wurde eine Gewichtsabnahme verzeichnet, die unter Exenatid durchschnittlich 2,68 kg, unter Liraglutid durchschnittlich 3,57 kg betrug. Blutdrucksenkung und Verbesserungen bei kardiovaskulären Biomarkern waren in beiden Gruppen ähnlich.
Unerwünschte Wirkungen traten in der Exenatid-Gruppe weniger oft auf als in der Liraglutid-Gruppe. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Übelkeit (21% unter Liraglutid vs. 9% unter Exenatid), Durchfall (13% unter Liraglutid vs. 6% unter Exenatid) und Erbrechen (11% unter Liraglutid vs. 4% unter Exenatid). Diese Nebenwirkungen nahmen in beiden Gruppen im Verlauf der Studie ab und führten nur in geringem Umfang zu einem Therapieabbruch (5% unter Liraglutid vs. 3% unter Exenatid).
Fazit der Autoren
Sowohl unter Exenatid als auch unter Liraglutid wurde eine verbesserte glykämische Kontrolle erzielt. Im Hinblick auf die Abnahme des HbA1c-Wertes und der Gewichtsreduktion schnitt Liraglutid etwas besser ob, im Hinblick auf die unerwünschten Wirkungen Exenatid. Bei der Auswahl eines geeigneten GLP-1-Agonisten kann sich der verordnende Arzt nach den Wünschen der Patienten (einmal tägliche oder einmal wöchentliche Applikation) sowie am Spektrum der Nebenwirkungen orientieren.
QuelleBuse J, et al. Exenatide once weekly versus liraglutide once daily in patients with type 2 diabetes (DURATION-6): a randomised, open-label study. Lancet 2013; 381, 117 – 124.Thethi T, et al. Comparing diabetes drugs – helping clinical decisions? Lancet 2013; 381, 93 – 94.Büttner R, et al. Neue Entwicklungen in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 mit GLP-1-Agonisten. Arzneimitteltherapie 2012; 4, 109 – 120.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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