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- DAZ 36/2013
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Arzneimittel und Therapie
Zolpidem beeinträchtigt Fahrtauglichkeit
EMA leitet ein europaweites Risikobewertungsverfahren ein
Sekundenschlaf am Steuer ist noch vor Alkohol- und Drogenmissbrauch die häufigste Ursache von Verkehrsunfällen. Jeder vierte Unfall im Straßenverkehr wird von übermüdeten Fahrern verursacht. Solche Müdigkeitsattacken sind häufig Folge von Ein- bzw. Durchschlafstörungen (primäre Insomnie), an denen bis zu 15% aller Deutschen regelmäßig leiden.
Die Behandlung von Schlafstörungen richtet sich nach deren Form und Ursache. Ein Schlafmittel soll daher entweder die Einschlafzeit verkürzen, die physiologische Schlafdauer verlängern oder die Anzahl nächtlicher Schlafunterbrechungen verringern. Vor allem langwirksame Sedativa können jedoch die mentale Vigilanz am folgenden Morgen stören und dadurch ihrerseits ein erhöhtes Unfallrisiko im Straßenverkehr provozieren. Das Benzodiazepin-Analogon Zolpidem gehört zu den kurz wirkenden Hypnotika und hat sich zum weltweit am häufigsten verkauften Schlafmittel entwickelt. Obwohl gut vom Körper aufgenommen und schnell abgebaut, erkannte man jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Elimination von Zolpidem. Anders als Männer zeigten Frauen in pharmakokinetischen Studien acht Stunden nach Einnahme von Zolpidem (als Dauer der typischen Nachtruhe) Plasmakonzentrationen, bei denen mit einer eingeschränkten Fahrtauglichkeit zu rechnen ist.
Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) halbierte daher die Dosierungsempfehlung für Zolpidem in unretardierten Arzneiformen für Frauen von 10 mg/d auf 5 mg/d und empfahl weiterhin, bei Männern die Verschreibung der geringeren Dosis individuell zu erwägen [1, 2]. Zolpidem-Präparate mit verzögerter Freisetzung sind laut FDA besonders kritisch zu betrachten, da hierbei die Gefahr einer Wirklatenz am höchsten ist. Auch hier halbierte die FDA die Dosierungsempfehlung von 12,5 mg/d auf 6,25 mg/d und empfahl darüber hinaus, nach Einnahme retardierter Arzneiformen am folgenden Tag auf jegliche Aktivität zu verzichten, bei der eine erhöhte Aufmerksamkeit benötigt wird. In Deutschland sind diese retardierten Arzneiformen nicht verfügbar, hier sind Zolpidem-haltige Fertigarzneimittel als unretardierte Film- und Sublingualtabletten erhältlich.
Nachdem die FDA ihre Empfehlung aussprach, hat nun auch der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Zolpidem beantragt. Als zugelassenes Hypnotikum besitzt die aktuelle Packungsbeilage bereits hinreichende Warnhinweise auf eine reduzierte Aufmerksamkeit und daraus resultierend eine erhöhte Unfallgefahr nach Einnahme von Schlafmitteln. Eine vorläufige Analyse der Nebenwirkungsberichte im Spontanmeldesystem veranlasste die PRAC bisher nicht dazu, die aktuelle Gebrauchsinformation inhaltlich anzupassen. In der derzeitigen Neubewertung steht neben der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses noch die Frage nach einer Verringerung der Dosis nach Vorbild der FDA aus. Im Dezember 2013 wird die Entscheidung hierfür erwartet.
Beratungstipp
Solange europaweit noch keine Entscheidung über eine Dosisreduktion erfolgt ist, steht der Apotheker in zentraler Verantwortung, den Patienten auf eine mögliche Wirklatenz von Zolpidem hinzuweisen. Dies ist vor allem darum wichtig, da ein verringertes Reaktionsvermögen nach Einnahme von Zolpidem vom Patienten subjektiv nicht wahrgenommen wird und dieser demnach auch nicht gewarnt ist.
Somnologen warnen jedoch davor, den kurzzeitigen Einsatz von Zolpidem zu kritisch zu bewerten, da ein „Hang-over-Effekt“ zwar typisch für viele Psychopharmaka ist, eine Nichtbehandlung der Schlafstörungen durch die folgende Vigilanzminderung jedoch die Fahrtüchtigkeit viel stärker beeinträchtigt. Daher wird in Deutschland eher eine Forderung individuell abgestimmter Medikamentendosen unterstützt. Die Benzodiazepin-Analoga gelten hinsichtlich des Abhängigkeitspotenzials den Benzodiazepinen als gleichgestellt. Daher sollte eine Therapie mit einer viertel bis halben Tablette beginnen und sich nur bis zu der Dosis steigern, die der Patient individuell benötigt, sodass auch das Abhängigkeitspotenzial gering ist. Die Dauer der Behandlung sollte so kurz wie möglich sein; im Allgemeinen sollte die Einnahmedauer nur wenige Tage bis circa zwei Wochen betragen bzw. einschließlich der schrittweisen Absetzphase vier Wochen nicht übersteigen.
Quelle
[1] FDA drug safety communication: risk of next-morning impairment after use of insomnia drugs; FDA requires lower recommended doses for certain drugs containing zolpidem (Ambien, Ambien CR, Edluar, and Zolpimist) www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm334033.htm
[2] FDA drug safety communication: FDA approves new label changes and dosing for zolpidem products and a recommendation to avoid driving the day after using Ambien CR (www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm352085.htm)
[3] EMA, Review of zolpidem-containing medicines started (www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/referrals/Zolpidem containing_medicines/human_referral_prac_000030.jsp&mid=WC0b01ac05805c516f)
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