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Arzneimittel und Therapie
Blutdruck senken = geringeres Schlaganfallrisiko
Bluthochdruck zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle, die Blutdrucksenkung als eine der effektivsten Vorbeugungsmaßnahmen. Zerebrale Mikroangiopathien – auch als Lakunen oder subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathien bezeichnet – machen rund 25% der ischämischen Hirninfarkte aus und werden mit Bluthochdruck in Zusammenhang gebracht. Obwohl diese Schlaganfallart häufig ist, gab es bisher keine Studien zur Vorbeugung eines erneuten Auftretens dieses Hirninfarkts.
Studie mit Schlaganfallpatienten
Eine internationale Forschergruppe versuchte nun herauszufinden, ob es optimale Blutdruckwerte gibt, die ein Wiederauftreten von Schlaganfällen verhindern. In der SPS3-Studie (Secondary Prevention of Small Subcortical Strokes) wurden Schlaganfallpatienten in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Blutdruck-Zielwerten eingeteilt und verglichen, ob in der niedrigeren Zielgruppe weniger Schlaganfälle auftreten. Diese randomisierte, unverblindete Studie wurde in Nordamerika, Lateinamerika und Spanien durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten mit kürzlich diagnostizierter zerebraler Mikroangiopathie. Die Patienten wurden entweder auf einen systolischen Zielblutdruck von 130 bis 149 mmHg (höherer Zielwert) oder auf unter 130 mmHg (niedrigerer Zielwert) eingestellt. Zum Erreichen der Zielwerte standen alle gängigen Antihypertensiva (Thiazide, ACE-Hemmer, Sartane, Calciumkanal-Blocker und Beta-Blocker) zur Verfügung. Als primärer Endpunkt wurde die Rate aller Schlaganfälle einschließlich ischämischer Infarkte und intrazerebraler Hämorrhagien definiert.
Positiver Trend, aber nicht signifikant
Insgesamt nahmen 3020 Patienten an der Studie teil, davon 1519 in der Gruppe mit höherem Zielwert und 1501 in der Gruppe mit niedrigerem Zielwert. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 63 Jahre, der durchschnittliche Untersuchungszeitraum 3,7 Jahre. Nach einem Jahr konnte der systolische Blutdruck in der höheren Zielwert-Gruppe auf durchschnittlich 138 mmHg eingestellt werden, in der niedrigeren Gruppe auf 127 mmHg. In dieser Gruppe mit dem niedrigeren Zielwert wurde zwar eine Verringerung der Schlaganfallrate pro Jahr erreicht (2,2%), diese war allerdings verglichen mit der höheren Zielwert-Gruppe (2,8%) nicht signifikant. Bei den intrazerebralen Hämorrhagien hingegen konnte in der niedrigeren Zielwert-Gruppe eine deutlich niedrigere Rate erzielt werden (0,1%) verglichen mit 0,29% in der höheren Zielwert-Gruppe. Die Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen war in beiden Gruppen gering.
Experten-Meinung
Prof. Dr. Graeme J. Hankey vom Royal Perth Hospital in Australien ist Neurologe und gilt als Experte auf dem Gebiet der Schlaganfall-Forschung. Seiner Meinung nach waren die Ergebnisse der Studie zwar wider Erwarten nicht signifikant. Trotzdem empfiehlt er im Lancet in seinem Kommentar zur Studie eine Einstellung des systolischen Blutdrucks bei Schlaganfallpatienten auf unter 130 mmHg. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Blutdruck langsam und vorsichtig gesenkt wird, um Komplikationen durch hypotonische Zustände zu vermeiden. Dass der "optimale Blutdruck" ein kontroverses Thema ist und bleibt, zeigt die Information in unserem Kasten: Die europäischen Kardiologenverbände sehen die Blutdrucksenkung bei Risikopatienten mittlerweile nicht mehr ganz so eng und lockern die Blutdruck-Zielwerte in ihrer aktuellen Leitlinie.
Europäische Kardiologenverbände lockern Blutdruck-ZieleIn der kürzlich vorgestellten Leitlinie der European Society of Hypertension (ESH) und der European Society of Cardiology (ESC) werden die Blutdruckziele für die antihypertensive Therapie bei Hochrisiko-Patienten gelockert. Für Patienten mit Diabetes, kardiovaskulären Vorerkrankungen oder Nierenschäden gelten jetzt die gleichen Zielwerte wie für Patienten ohne Organschäden. Ein systolischer Blutdruck von unter 140 mmHg wird als ausreichend angesehen. Bei über 80-Jährigen seien systolische Blutdruckwerte von unter 160 mmHg akzeptabel. Die letzte Leitlinie aus dem Jahr 2007 hatte für Hochrisiko-Patienten noch einen Zielwert von 130/80 mmHg vorgesehen. Die hoch-normalen Blutdruckwerte (130 bis 139 mmHg systolisch und oder 85 bis 89 mmHg diastolisch) sollen vor allem durch Diät und Änderung des Lebensstils gesenkt werden. In der Diagnostik ist das Vertrauen der Kardiologen auf die Selbstmessung gestiegen, die in vielen Situationen als Alternative zur 24-Stunden-Langzeitmessung anerkannt wird. Die Leitlinie legt stärker als bisher Wert darauf, die Hypertonie im Kontext mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren zu betrachten. In der medikamentösen Therapie gibt sich die Leitlinie undogmatisch. Eine Hierarchie mit Mitteln der ersten, zweiten oder dritten Wahl wird nicht aufgestellt. Auch in der Frage einer Mono- oder Kombinationstherapie steht das Ziel der Blutdrucksenkung und nicht der Weg im Vordergrund. Neue Erkenntnisse – etwa die zu vermeidende Kombination von ACE-Hemmern mit Angiotensin-Rezeptorblockern (siehe dazu auch DAZ 2013, Nr. 25, S. 41-42) – wurden in die Leitlinien aufgenommen. [Quelle: Europäische Kardiologenverbände lockern Blutdruck-Ziele, Ärzteblatt, 17. Juni 2013] |
QuelleThe SPS3 Study Group. Blood-pressure Targets in Patients with Recent Lacunar Stroke: the SPS3 Randomised Trial. Lancet 2013; http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)60852-1Hankey GJ. An Optimum Blood Pressure Target after Lacunar Stroke? Lancet 2013; http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)60940-X
Apothekerin Dr. Birgit Benedek
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