Prisma

Kann man Herzmuskelgewebe regenerieren?

(cae). Das Absterben von Herzmuskelzellen, z. B. infolge von Sauerstoffmangel während eines Infarktes, bedeutet einen unwiederbringlichen Verlust, der die Herzfunktion dauerhaft beeinträchtigt. Die Hoffnung schwergeschädigter herzinsuffizienter Patienten richtet sich derzeit auf die Transplantation von Stammzellen. Es könnte aber auch möglich sein, dass sich das geschädigte Gewebe selbst regeneriert, nachdem es entsprechend stimuliert worden ist.

Es war ein altes medizinisches Dogma, dass Nerven- und Muskelzellen sich nicht teilen, also sich auch nicht mehr vermehren. Bezüglich der Gehirnnervenzellen gilt dieses Dogma als überholt, und bezüglich der Herzmuskelzellen hat man nun herausgefunden, warum sie sich nicht teilen. Dies könnte ein Ansatz für die Entwicklung neuer Arzneimittel zur Therapie der Herzinsuffizienz sein.

An sich ist es natürlich, dass Zellen sich teilen. Sie durchlaufen einen Zellzyklus, der bei somatischen Zellen mit der Mitose endet: Aus der Mutterzelle sind zwei Tochterzellen entstanden, die nun ihrerseits einem Zellzyklus unterliegen. Der Zellzyklus wird jedoch streng kontrolliert, damit die Vermehrung und das Absterben von Zellen in einem Gleichgewicht sind und keine Tumoren entstehen. Bei manchen Zelltypen wie Muskelzellen ist von der Natur überhaupt keine Regeneration durch Teilung vorgesehen; der im Embryo und Fötus angelegte Vorrat soll ein ganzes Leben lang reichen. So endet bei Säugetieren die Teilungsfähigkeit von Kardiomyozyten etwa sieben Tage nach der Geburt – nicht aber bei niederen Wirbeltieren.

Es ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass der Transkriptionsfaktor Meis1, ein Homöobox-Protein, bei der Blut- und Gefäßbildung eine Rolle spielt. Nun haben Mediziner der University of Texas in Dallas bei Mäusen nachgewiesen, dass Meis1 nach der Geburt in größeren Mengen synthetisiert wird und dafür sorgt, dass die Kardiomyozyten sich nicht mehr teilen, indem es die Synthese der Proteine p15, p16 und p21 stimuliert; diese drei Proteine sind Inhibitoren der Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK-Inhibitoren) und bringen den Zellzyklus zum Stillstand.

Durch die Blockade von Meis1 und die daraus resultierende Abwesenheit von p15, p16 und p21 konnten die Texaner den Zellzyklus im Herzmuskel der Mäuse wieder in Gang setzen, ohne dass sich irgendwelche negative Auswirkungen bei den Tieren zeigten. Hier liegt also ein möglicher Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Arzneimittel zur Therapie der Herzinsuffizienz.

Es könnte aber auch sein, dass die Blockade von Meis1 beim Menschen das Risiko für die Entstehung von Tumoren erhöht.


Quelle: Mahmoud AI. Meis1 regulates postnatal cardiomyocyte cell cycle arrest. Nature, Epub 17. 04. 2013

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