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Gesundheitspolitik
Rezeptdatenhandel: Anzeigen erstattet
Damit könnten sich in absehbarer Zeit die Staatsanwälte mit den durch einen "Spiegel-Bericht" aufgetauchten Vorwürfen gegen die VSA und deren Tochterfirma GFD/Pharmafakt befassen. Auch die Landesdatenschützer haben sich vergangene Woche bei einem Treffen ausführlich mit dem Thema befasst. Dabei gab es allerdings keine Beschlüsse über das weitere Vorgehen. Es habe einen "intensiven Austausch" zu diesem Thema gegeben, sagte Dr. Thilo Weichert, Chef des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, zur AZ. Die Datenschützer würden sich weiterhin mit den Vorgängen befassen. Es gebe noch "viel Ermittlungs- und Abstimmungsbedarf".
VSA schlägt ABDA-Einladung aus
Derweil kommt die von ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf geforderte Aufklärung der Vorwürfe intern nicht recht voran. Die VSA kam einer Einladung der ABDA nach Berlin nicht nach, im Apothekerhaus die Zusammenhänge zu erläutern. Als Grund wurde die Vereinbarung mit den zuständigen Datenschutzbehörden in Bayer genannt, Stillschweigen zu bewahren. Bayerns Datenschützer hatten Ende Februar der VSA-Tochter GFD/Pharmafakt einen Kontroll-Besuch abgestattet und Akteneinsicht erhalten.
In einer der AZ vorliegenden Eidesstattlichen Versicherung gibt der frühere GFD-Geschäftsführer Alexander Liesenhoff zu Protokoll, dass die GFD von der VSA über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren "nicht anonymisierte Rezeptdaten" bezogen habe und dass daraus "nicht anonymisierte Datenprodukte für Drittabnehmer sowie Analysen für das Marketing der pharmazeutischen Industrie" erstellt wurden. "Diese Rezeptdaten wurden monatlich unverschlüsselt an GFD geliefert und beinhalteten alle Datenfelder der bei der VSA zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechneten Rezepte, also auch personenbezogene Daten zu Versicherten, Ärzten und Apotheken", so die eidesstattliche Versicherung.
Früherer GFD-Geschäftsführer: VSA war im Bilde
Des Weiteren behauptet Liesenhoff, bei diesem Vorgehen und der Verschleierung von Verstößen auf Weisung der VSA und deren Gesellschaften gehandelt zu haben: "Obwohl ich mehrfach als GFD-Geschäftsführer auf die aus datenschutzrechtlicher Sicht mindestens grenzwertige Verfahrensweise hingewiesen habe, hat die Gesellschafterversammlung, vor allem aber VSA, die ebenfalls mit 25,1 Prozent an GFD beteiligt ist, die Fortführung des beschriebenen Verfahrens beschlossen und gebilligt, um die Ertragssituation der GFD aufrecht zu erhalten." Weitere Gesellschafter der GFD sind die Apotherverbände Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen.
Bereits im Januar 2009 weist ein Gutachten der Rechtsanwälte/Steuerberater CMS Hasche Sigle für die GFD, das der AZ vorliegt, auf die Datenschutzprobleme hin. Unter der Überschrift "Risikobewertung aus Sicht der Praxis" kommen die Gutachter im Januar 2009 zu folgendem Schluss: "Gerade wegen der zuletzt gestiegenen Sensibilisierung der Gesellschaft für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften ist das Risiko, wegen der geltenden Praktiken ins Visier der Aufsichtsbehörden zu geraten, für die Rechenzentren relativ hoch. Die hier ermittelten Rechtsverstöße gegen § 300 Abs. 2 SGB V sind rechtlich gesehen relativ offensichtlich und zudem bei näherer Beleuchtung des Sachverhalts durch die Aufsichtsbehörden leicht nachvollziehbar."
In dem Gutachten weist CMS auch auf rechtliche Konsequenzen hin: "Den Betroffenen (also den Patienten oder Ärzten) stehen datenschutzrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz (§7 BDSG), Berichtigung, Sperrung und Löschung (§35 BDSG) ihrer Daten zu." Nach Angaben von Branchenkennern standen VSA/GFD die Rezeptdaten von circa 40 Millionen Versicherten und 140.000 Ärzten zur Verfügung.
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