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Arzneimittel und Therapie
Moderater Sport tut Herzkranken gut
Früher wurde Patienten mit Herzinsuffizienz häufig geraten, körperliche Anstrengung zu vermeiden, um das Herz nicht unnötig zu belasten. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich hier ein Paradigmenwechsel vollzogen. Denn man vermutet, dass die durch das "Schonen" bedingte Abnahme der körperlichen Fitness wahrscheinlich eine Schlüsselrolle bei der weiteren Verschlechterung der Krankheitssymptome spielt.
Aktuelle Behandlungsleitlinien empfehlen daher, bei Patienten mit stabiler chronischer Herzinsuffizienz körperliches Training in Erwägung zu ziehen. Bisherige Studien konnten jedoch noch nicht hinreichend klären, wie groß der Nutzen solcher Sportprogramme tatsächlich ist. Denn ein Restrisiko bleibt: im Vergleich zu anderen Herzkranken ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz das Komplikationsrisiko während einer Rehabilitationsmaßnahme erfahrungsgemäß höher.
Derzeit größte Studie zum Trainingseffekt
Kleinere Studien sowie zwei Metaanalysen hatten bereits Hinweise darauf geliefert, dass körperliches Training bei Herzinsuffizienz-Patienten des Überleben verbessern und die Hospitalisationsrate im Vergleich zu Patienten, die sich nicht sportlich betätigten, senken kann. Die HF-ACTION-Studie (Heart Failure: A Controlled Trial Investigating Outcomes of Exercise Training) sollte nun die Hypothese prüfen, dass sich bei Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz, die leitliniengemäß mit ACE-Hemmern, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten oder Beta-Blockern behandelt werden, durch körperliches Training die Inzidenz von Mortalität und Klinikeinweisungen jeglicher Ursache signifikant verringern lässt (kombinierter primärer Endpunkt). Der sekundäre Endpunkt beinhaltete unter anderem die kardiovaskuläre Mortalität und die Klinikeinweisung aufgrund von Herzversagen.
Die multizentrische, randomisierte kontrollierte Studie schloss 2331 Patienten aus den USA, Kanada und Frankreich ein. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 59 Jahren, 28% waren weiblich. Sie wiesen Symptome entsprechen der Klassifikation der New York Heart Association (NYHA) der Stufen II bis IV auf.
Für die Patienten der "Trainingsgruppe" (n = 1159) war vorgesehen, dass sie dreimal pro Woche und insgesamt 36-mal in drei Monaten unter Anleitung verschiedene Übungseinheiten (Walking, Laufband oder Fahrradergometer) absolvierten.
Zu Beginn lag die Trainingsdauer bei 15 bis 30 Minuten, nach sechs Einheiten wurde sie auf 30 bis 35 Minuten ausgedehnt. Nach 18 angeleiteten Einheiten begannen die Partienten mit dem häuslichen Training, das nach Abschluss der 36 Einheiten komplett zuhause weitergeführt wurde.
Die Patienten der Kontrollgruppe (n = 1171) hatten lediglich Aufklärungsbroschüren zum Selbststudium zur Verfügung, die an alle Studienteilnehmer ausgegeben wurden. Diese Broschüren enthielten unter anderem Informationen über die Medikation, Ernährungshinweise sowie die Empfehlung, sich möglichst an mehreren Wochentagen moderat 30 Minuten lang zu bewegen.
Keine signifikante Überlegenheit
Die Übungseinheiten wurden gut toleriert. 759 Patienten (65%) der Trainingsgruppe verstarben bzw. wurden im Laufe des Follow-ups in eine Klinik eingewiesen, in der Vergleichsgruppe waren es 796 Patienten (68%, HR 0,93, 95% CI 0,84-1,02, p = 0,13). Auch bei den sekundären Endpunkten wurde durch das körperliche Training keine signifikante Risikoreduktion erzielt. Die absolute Verminderung der Ereignisrate bezüglich des primären Endpunktes lag nach drei Jahren bei 4%. Es gab keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Zahl der Todesfälle (189 vs. 198 Patienten in der Kontrollgruppe).
Eine moderate Signifikanz (p zwischen 0,01 und 0,03) wurde nach Adjustierung für hoch-prognostische Indikatoren des primären Endpunkts erzielt.
Nachgewiesen werden konnte ein positiver Effekt auf die Leistungsfähigkeit der Studienteilnehmer. Verglichen mit den Kontrollpatienten verbesserten sie sich beispielsweise bei einem sechsminütigen Lauftest signifikant stärker (p < 0,001).
Signifikanter Effekt auf den Gesundheitszustand
Ein weiteres Ziel der HF-ACTION-Studie war es herauszufinden, welche Auswirkungen die Übungseinheiten auf den von den Patienten selbst beurteilten Gesundheitszustand hatte. Dies wurde mithilfe eines Fragebogens (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire, KCCQ) evaluiert. Die Patienten wurden ein Jahr lang alle drei Monate und anschließend jährlich bis zu vier Jahre lang befragt, der mediane Follow-up lag bei zwei Jahren.
Die Hypothese dieser Studie war, dass Herzinsuffizienz-Patienten, die zusätzlich zur leitliniengerechten Behandlung ein Übungsprogramm absolvierten, eine stärkere Verbesserung im Gesundheitszustand erreichen können als die Patienten der Kontrollgruppe. Diese Hypothese konnte bestätigt werden.
Nach drei Monaten verbesserte sich in der Trainingsgruppe der KCCQ-Score um 5,21 Punkte, in der Kontrollgruppe dagegen nur um 3,28 Punkte (p < 0,01). Dieser Effekt hielt an, konnte jedoch nicht weiter gesteigert werden.
Der Anteil der Patienten, die nach drei Monaten eine Verbesserung von mindestens fünf Punkten auf der KCCQ-Skala erzielen konnten, lag in der Trainingsgruppe bei 54% (n = 621) und in der Kontrollgruppe bei 29% (n = 334, p < 0,001). Nach zwölf Monaten waren die Ergebnisse ähnlich (53% vs. 33%, p < 0,001).
Obwohl frühere Studien herausgefunden hatten, dass Frauen und ältere Patienten mit Herzinfarkt nicht so gut auf körperliches Training ansprechen, waren die Ergebnisse in dieser Studie konsistent in Bezug auf Geschlecht, Alter und ethnische Zugehörigkeit.
Quellen O‘Connor, Chr. M., et al.: Efficacy and safety of exercise training in patients with chronic heart failure. HF-ACTION randomized controlled trial. J. Am. Med. Assoc. (2009) 301(14), 1439-1450. Flynn, K. E., et al.: Effects of exercise training on health status in patients with chronic heart failure. HF-ACTION randomized controlled trial. J. Am. Med. Assoc. (2009) 301(14), 1451-1459
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
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