Versandapotheke

"Bennewitz – eyecare, drugs and more"

Ein fragwürdiger Arzneimittelversandhändler

Von Janna K. Schweim und Harald G. Schweim

Auf dem Apothekertag 2010 in München hat die Hauptversammlung eine Ad-hoc-Resolution gegen Pick-up-Stellen verabschiedet (s. Kasten). Darin signalisieren die deutschen Apothekerinnen und Apotheker der Öffentlichkeit und der Politik, dass sie sich mit aller Kraft gegen diese Auswüchse des Versandhandels wehren und sie ablehnen. Wenn sie aber ernst genommen werden wollen, müssen sie in ihren eigenen Reihen Verhaltensweisen unterbinden, die das Ansehen der Apotheke als einer heilberuflichen Institution und den Status des Arzneimittels als eines beratungsintensiven Produkts besonderer Art weiter beschädigen. Ein Beispiel, wie es nicht sein sollte, ist die nachstehend vorgestellte Versandapotheke.

Resolution


Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker stellt fest, dass die Pick-up-Stellen aus Gründen des Gesundheits- und Verbraucherschutzes verboten werden müssen.

Hierzu fordert die Hauptversammlung

  • den Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, den Betrieb von Pick-up-Stellen zu verbieten,

  • die deutschen Apothekerinnen und Apotheker auf, im Rahmen ihrer eigenen Geschäfts- und Unternehmenspolitik nicht den vermeintlichen wirtschaftlichen Verlockungen des reinen Handels nachzugeben, sondern ihrer pharmazeutischen Beratungspflicht und ihrem heilberuflichen Selbstverständnis nachzukommen und damit die wirksamen deutschen Regelungen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes zu unterstützen,

  • alle anderen in den Vertrieb von Arzneimitteln eingebundenen oder den Apotheken nahe stehenden Unternehmen und deren Entscheidungsträger auf, sich ihrer ethischen und moralischen Verpflichtung zur Erhaltung der Sicherheit der Arzneimittelversorgung in Deutschland bewusst zu werden und den Vertriebsweg des Pick ups nicht zu unterstützen.

Die Standesorganisationen der Apotheker werden aufgefordert, Fehlverhalten und den negativen Folgen dieser Entwicklung mit allen möglichen Mitteln entgegenzutreten. [1]

Abb. 1: Als der "stern" ­Bennewitz testete, gab es in Deutschland noch keinen ­legalen Arzneimittelversandhandel.

Die Geschichte der Firma "Bennewitz" im Internet (www.bennewitz.com) beginnt laut "Wayback Machine" Ende 1996. Bis zur Fehlentscheidung im Jahr 2004, den Versandhandel mit Humanarzneimitteln zu erlauben, war Bennewitz ein "braver", sogar mit hochrangigen Auszeichnungen versehener Optiker. Obwohl alle Prämierungen aus der "Nicht-Arzneimittelanbieter-Zeit" stammen, wird noch heute mit ihnen auf den Bennewitz-Seiten geworben. Hinsichtlich der Bewertung durch das Magazin "stern" aus dem Jahr 1998 (Abb. 1) halten wir diese Vorgehensweise für grenzwertig, da dadurch der Eindruck erweckt werden könnte, dass sich die Beurteilung "als erwartungsgemäß prompt, seriös und zuverlässig" auch auf die erst später aufgenommene Tätigkeit als Arzneimittelversender bezieht.

Insbesondere hat es den Anschein, dass die Firma sich das allgemein positive Image von Optikern und Apothekern zunutze machen will.

Ein Optiker erweitert sein Angebot

2004 erweiterte der ehemals reine "Spezialist für Optik" sein Angebot um "drugs and more" (Abb. 2); seither gelangt man durch einen Klick von der Startseite zu www.bennewitz.com/pharmacy/de (Abb. 3). Hier fragt man sich, was einen Optiker berechtigen könnte, mit Arzneimitteln zu handeln und das Apotheken-A auf seiner Website zu präsentieren. Das Apotheken-A – ein "großes, rotes, gotisches A auf weißem Grund mit in weißer Ausführung eingezeichnetem Arzneikelch mit Schlange" – ist gemäß Zeichensatzung beim Deutschen Patentamt als offizielles Verbandszeichen des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) eingetragen und darf nur in der genannten Form und unter strikter Beachtung der Zeichensatzung verwendet werden.

Laut der im Mai 2010 neu verabschiedeten Zeichensatzung ist es nur dem DAV, den 17 (Landes-)Apothekerverbänden und anderen Berufsorganisationen sowie Unternehmen in deren Eigentum gestattet, das Erkennungszeichen zu verwenden; eine kommerzielle Verwendung durch Dritte ist hingegen nicht mehr vorgesehen, sodass externen Firmen seit knapp einem halben Jahr die Berechtigung fehlt, das Apotheken-A auf Zeitschriften, Internetseiten, Notdienstschildern, Zahltellern oder Tragetaschen aufzubringen. Zudem plant der DAV die Etablierung einer Gebührenordnung, gemäß derer zukünftig die Nutzung des Apotheken-A gegebenenfalls gegen Entgelt möglich sein soll [2].

Als legale Versandapotheke ausgewiesen

Gibt man bei "Bennewitz Arzneimittel" z. B. das Wort "Tilidin" in der Artikelsuche ein, bekommt man derzeit 143 Treffer (es sind allerdings "nur" verschreibungspflichtige Tilidin-Naloxon-Produkte, keine Monopräparate, die als Betäubungsmittel eingestuft sind). Und nun stellt sich die Frage: Kann dieses Warenangebot als Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel außerhalb der Fachkreise eingestuft werden? Liegt somit ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) vor? Da der Betreiber ausdrücklich auf die Verschreibungspflicht und auf die Notwendigkeit der Vorlage eines Originalrezepts durch den Patienten hinweist und da zudem keine als "Werbung" aufzufassenden Angaben zu den Medikamenten gemacht werden, ist dies nicht der Fall.

Abb. 2: Schon die Startseite von "Bennewitz" zeigt die seltsame Kombination von Optikerbetrieb und Apotheke.

Unten auf der Website steht das DIMDI-Siegel, das "Bennewitz Drugs Division" als eine im Versandapothekenregister des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) registrierte, legale Versandapotheke ausweist (Abb. 4). Klickt man auf das DIMDI-Siegel, kommt man zur Löwen-Apotheke in Annaberg-Buchholz mit zwei Internetadressen (http://www.bennewitz.com/pharmacy und http://www.loewen-apotheke-annaberg.de) und der E-Mail-Adresse drugs@bennewitz.com. Der Name "Bennewitz Drugs Division" taucht an dieser Stelle allerdings nicht auf. Interessanterweise wird auf der Website der Löwen-Apotheke das DIMDI-Versandapothekensiegel (wie bei einer Vielzahl der im DIMDI-Register eingetragenen rund 2400 Versandapotheken) nicht geführt.

Beratungsangebot

Neben dem DIMDI-Siegel wird auf das folgende Beratungsangebot verwiesen:

Zu allen angebotenen Arznei- und anderen Mitteln erteilt Beratung das pharmazeutische Personal der Bennewitz Drugs Division. Haben Sie Fragen zu Ihrem Arzneimittel, wie zum Beispiel …

- Was bewirkt das Arzneimittel im Körper?

- Wie und wann soll ich das Arzneimittel einnehmen?

- Können unerwünschte Wirkungen bei der Einnahme des Arzneimittels auftreten?

- Wie lange kann oder soll ich das Arzneimittel einnehmen?

… können Sie die Bennewitz Drugs Division per Telefon unter +49-(0)3733-1807-0, per Telefax unter 49-(0)3733-1807-77 oder per E-Mail drugs_advice@bennewitz.com erreichen. Treten Probleme bei der Anwendung des Arzneimittels auf, so nehmen Sie bitte Kontakt zur Ihrem behandelnden Arzt auf.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!

Die gleichen Telefon- und Telefaxnummern und eine ähnliche E-Mail-Adresse (drugs@bennewitz.com) stehen im Impressum von "Bennewitz Drugs Division". Dort findet sich auch folgende Angabe: "Für die Bennewitz Drugs Division […] ist der Diplompharmazeut Torsten Spenke mit Sitz in der Löwen-Apotheke zu Annaberg-Buchholz […] verantwortlich."

Der genannte Diplompharmazeut ist zugleich Inhaber der Löwen-Apotheke.


Abb. 3: Von der Startseite von "Bennewitz Drugs Division" leuchtet dem Benutzer das rote Apotheken-A entgegen.

Eine Art von Fremdbesitz?

In der Historie "Über bennewitz.com" wird nur über die Entwicklung des Optikerbetriebs mit Sitz in Annaberg-Buchholz berichtet; zwar wird dessen Lage direkt neben der Löwen-Apotheke (auch mit Foto) vermerkt, aber der Einstieg in den Arzneimittelversand mit keinem Wort erwähnt.

Nun fragt man sich: Wer ist hier eigentlich der Arzneimittelversender: die Löwen-Apotheke oder Bennewitz? Ist die "Bennewitz Drugs Division" mit der Löwen-Apotheke identisch? Oder liegt hier womöglich ein "Unterstellungsverhältnis" oder eine Art von "Fremdbesitz" der Apotheke durch den Optikerbetrieb Bennewitz vor?

Dies sind unbeantwortete Fragen, deren Überprüfung der Genehmigungsbehörde zu empfehlen wäre.

Fazit

Es hat den Anschein, dass hier (wieder einmal) ein Apotheker weit über die Grenzen dessen hinausgeschossen ist, was bei Versandapotheken "üblich" sein sollte. Die ganze Art und Aufmachung des Angebots scheint uns für den Laien verwirrend und nicht transparent.

Selbst wenn hier formal keinerlei rechtliche Bestimmungen verletzt sein sollten, weist eine derartige "Präsentation" das Potenzial auf, das (noch gute) Image der Apotheke zu beschädigen.

Quellen [1] Mit Nachdruck gegen Pick-up-Stellen. Dtsch Apoth Ztg 2010;150:4648. [2] Meißner Y. Apotheken-A soll kostenpflichtig werden. www.apotheke-adhoc.de, Meldung v. 05.10.2010. 

 


 

Autoren

 

Dipl. jur. Janna K. Schweim, M. Sc., Köln
Prof. Dr. Harald G. Schweim, Universität Bonn 
Drug Regulatory Affairs 
hschweim@uni-bonn.de

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