Aus Kammern und Verbänden

Wertvolle Werte

Unter dem Thema "Werte in der pharmazeutischen Praxis" stand die 18. Jahrestagung der Fachgruppe Christen in der Pharmazie am 19. bis 21. März in Marburg. Wie können ethische Werte im Berufsalltag konkret und praktisch umgesetzt werden? Zur Beantwortung dieser Frage waren Pharmazeutinnen und Pharmazeuten aus fast allen Flächenländern Deutschlands nach Marburg gekommen.
Prof. Dr. Maike Petersen
Foto: Petersen

Den Menschen immer als Ganzes wahrzunehmen und nicht nur in der jeweiligen Funktion, bereichert das Zusammenleben. Davon ist Prof. Dr. Maike Petersen, Pharmazeutische Biologie, Marburg, überzeugt. Sie berichtete in ihrem Referat "Werte in Forschung und Lehre" von guten Erfahrungen im Umgang mit Studierenden und Kollegen. Sie wolle junge Menschen zur Ehrfurcht und zum Staunen vor dem Leben, seiner Schönheit und Komplexität motivieren.

Natürlich gebe es auch Herausforderungen für die eigene Werteorientierung. Diebstahl oder Missbrauch von Daten, Diebstahl geistigen Eigentums, tendenziöse Begutachtungen und geschönte Messreihen können durchaus die eigene Karriere fördern, aber es kostet die eigene Glaubwürdigkeit.

Für Petersen sind die zehn Gebote ein bis heute aktueller und hilfreicher Maßstab zur Werteorientierung. Der Stellenwert der eigenen Person, die Beziehungen nach außen und der Rhythmus von Arbeit und Ruhe bekommen von dort eine gesunde Balance.

"Nicht die Position bestimmt die Persönlichkeit, sondern die Persönlichkeit bestimmt die Position."


Dr. Stephan Holthaus
Dr. Stephan Holthaus
Foto: Kreisel

Werte sind wichtig, aber nicht immer nützlich

In den vielfältigen Beziehungen im Mitarbeiterteam, zu Kunden und zu Lieferanten, Geschäftspartnern sind Werte von großer Bedeutung, so Dr. Stephan Holthaus, Dekan und Dozent für Ethik an der Freien Theologischen Hochschule Gießen. Gleichzeitig warnte er davor, Ethik zu funktionalisieren und zu einer Nützlichkeitsethik zu degradieren. Ethisches Handeln kann durchaus kurzfristige Nachteile bringen. Trotzdem ist es gut und richtig, an dieser Werteorientierung festzuhalten. Ethische Werte sind auch dann richtig, wenn sie nicht zum schnellen Erfolg führen, so Holthaus. Leider verführt ein hoher Leistungsdruck zuweilen zu Heuchelei und zu mehr Schein als Sein.

Der Referent betonte ebenso, wie wichtig das lebenslange Lernen für die Fachkompetenz ist, z. B. im Apothekerberuf. Wer hohe Ansprüche an sich stellt, könne nie "fertig" sein.

Persönlichkeit ist mehr als Tugend

Gerade in der Verantwortung für kleinere oder größere Teams sei die Persönlichkeit eines Menschen von entscheidender Bedeutung, so Holthaus. Tugenden zu praktizieren allein genüge nicht. Das, was wir als Menschen sind, sei schwerwiegender als unser Tun. In führender, verantwortlicher Position habe man automatisch eine Vorbildrolle. Dabei solle man den Hang zum Perfektionismus ablegen. Jeder soll Fehler machen dürfen, auch der Chef. Es kommt aber darauf an, dass man sich für die gemachten Fehler auch entschuldigt, betonte Holthaus. Wichtig sei es auch, offen für Kritik zu sein. Wer keine Kritik erträgt, offenbart seine Defizite.

Verhaltenskodex – mehr als eine Mode

Schmiergeldskandale, Korruptionsaffären, Bestechung und Steuerhinterziehung lassen die Gesellschaft neu über Werte nachdenken. Mittlerweile gehört es zum guten Ton, dass Firmen und Konzerne ihre ethischen Leitlinien (Code of Ethics) oder ihren Verhaltenskodex (Code of Conduct) auf ihrer Homepage präsentieren. Ein solcher Verhaltenskodex erhöht die Glaubwürdigkeit und verbessert die Reputation.

Holthaus, der auch das Institut für Ethik und Werte in Gießen leitet, empfahl, solche ethischen Prinzipien zusammen mit dem Personal zu erstellen. Dies solle in Zeiten erfolgen, wenn alles gut läuft. Wenn erst nach Verfehlungen gehandelt wird, werde dies von außen oft nur als Bemühung um Wiedergutmachung wahrgenommen.

In jedem Fall sei es wichtig, nur tatsächlich praktizierte Werte "ins Schaufenster" zu stellen. Ansonsten drohe der Verlust der Glaubwürdigkeit. In diesem Zusammenhang ermutigte Holthaus zu Integrität und Echtheit. Das Wohl des Patienten sollte immer über den ökonomischen Interessen stehen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei die Unabhängigkeit in der Beratung im Sinne des freien Heilberufs.

Brauchen Apotheken keine ethische Verpflichtung?

… fragte Holthaus die Teilnehmer. Denn bei sämtlichen Recherchen im Internet war ihm keine einzige Apotheke aufgefallen, die einen Verhaltenskodex auf ihrer Homepage führt. Holthaus lobte den Inhalt der "Ethischen Grundsätze für Apothekerinnen und Apotheker" der ABDA (1998). Für den Praxisalltag seien die 32-seitigen Erläuterungen aber zu lang. Ein Verhaltenskodex solle nicht mehr als zwei Seiten umfassen.

Holthaus empfahl, die ABDA-Leitlinien als Fundgrube zu nutzen. Gemeinsam im Team sollten dann die Punkte benannt werden, die von allen gewollt sind und umgesetzt werden sollen. Dabei sind positive Formulierungen vorzuziehen: "Wir wollen ...". Bei Problemen kann sich zukünftig jeder Mitarbeiter auf den erstellten Verhaltenskodex berufen. Damit sinkt die Tendenz, Missstände unter den Teppich zu kehren. Eine solche Vereinbarung verringert auch die Gefahr des Mobbings, wie die Erfahrungen aus Unternehmen zeigen.

Michael Stöckmann
Foto: Kreisel

Werte weitergeben

Bei einem Besuch im Haus der Stiftung Marburger Medien nannte Marketingleiter Michael Stöckmann verschiedene Möglichkeiten, kleine "wertige" Geschenke weiterzugeben und dadurch Menschen zu erfreuen. Dafür gebe es viele Gelegenheiten, zumal der Bedarf an Spiritualität groß sei. Stöckmann meint, dass der Apotheker künftig eine Schlüsselrolle in der Gesundheitsberatung einnehmen wird, und ermutigte die teilnehmenden Pharmazeuten zu einem Konzept ganzheitlicher Gesundheit.


Jens Kreisel













Internet


"Christen in der Pharmazie" sind eine Fachgruppe der Akademiker-SMD. Die bundesweiten Tagungen finden seit 1993 einmal jährlich statt. Nähere Informationen und Berichte vergangener Tagungen unter

www.pharmazie.smd.org

Nächste Tagung: 18. bis 20. März 2011 in Brotterode/Thüringen, Thema "Doping im Alltag – wo ist die Grenze?"

Institut für Ethik und Werte

www.ethikinstitut.de

Materielle und ideelle Werte – keine Gleichung, aber auch kein Widerspruch. Bei Konflikten sollte das Berufsethos immer über den ökonomischen Interessen stehen.
Foto: Kreisel

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