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Preise für pharmazeutische Grundlagenforschung
Mit dem Phoenix Pharmazie Wissenschaftspreis möchte das Pharma-Großhandelsunternehmen nach Worten von Henry Iberl, Mitglied der Geschäftsführung, den Apothekern und Apothekerinnen seine Wertschätzung und Unterstützung der Pharmazie als Basis des Apothekerberufs zeigen. Die pharmazeutische Forschung, so Iberl, bringe neue Therapien und Wirkstoffe hervor, die allen Menschen nützen.
Testosteron schützt Männer vor Autoimmunerkrankungen
Von den Arbeiten des Teams um Prof. Dr. Oliver Werz sollen vor allem Asthmatiker und Menschen mit Autoimmunerkrankungen profitieren. Werz und seine Kollegen von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen erhielten den Preis in der Kategorie "Pharmakologie". Sie beschäftigten sich mit der Frage, warum viele entzündliche Erkrankungen bzw. Autoimmunerkrankungen bei Frauen häufiger auftreten als bei Männern. So leiden doppelt so viele Frauen wie Männer an multipler Sklerose oder Asthma, dreimal so viele an allergischer Rhinitis oder rheumatoider Arthritis und sogar neunmal so viele an Lupus erythematodes. Bei all diesen Erkrankungen spielen Leukotriene eine wichtige Rolle, wie Werz erklärte. Deren Biosynthese erfolgt in Leukozyten und wird maßgeblich durch 5-Lipoxygenase gefördert. Dieses Enzym ist aber in den Leukozyten von Männern und Frauen unterschiedlich verteilt, so dass die Leukozyten männlicher Probanden letztlich weniger Leukotriene freisetzen. Die Tübinger Forschergruppe deckte nun auf, dass dieser günstige Effekt auf einer bei Männern anders ablaufenden Aktivierung von extrazellulär signal-regulierten Kinasen (ERK) beruht. Und diese wiederum – hier schließt sich der Kreis – werden durch Androgene, namentlich durch 5-alpha-Dihydrotestosteron, beeinflusst. Das Forscherteam regte an, in klinische und präklinische Studien zur Therapie von Autoimmunerkrankungen künftig ganz bewusst auch Frauen bzw. weibliche Versuchstiere einzuschließen.
Ergot-Alkaloide auch ohne Mutterkorn
Die Aufklärung der Biosynthese von Ergot-Alkaloiden nicht im Mutterkornpilz (Claviceps purpurea), sondern in Aspergillus fumigatus war Thema der preisgekrönten Arbeit im Bereich "Pharmazeutische Biologie". Denn Naturstoffe wie die Ergot-Alkaloide werden in verschiedenen Organismen immer nach dem gleichen Grundprinzip hergestellt; die Erkenntnisse sind somit übertragbar. So konnten Prof.Dr. Shu-Ming Li von der Philipps-Universität Marburg und seine Kollegen ein Schlüsselenzym, FgaPT2, identifizieren, das in die Bildung aller Ergot-Alkaloide involviert ist. Ergot-Alkaloide und ihre Derivate werden bisher erfolgreich zur Therapie von Patienten mit Migräne, Parkinson oder Hypotonie, in der Gynäkologie und zur Verbesserung der kognitiven Leistungen eingesetzt; der Bedarf an weiteren Derivaten ist ungebrochen.
Cazpaullone bewahrt Betazellen vor Glucosetoxizität
Den Preis in der Kategorie "Pharmazeutische Chemie" erhielten Prof. Dr. Conrad Kunick und seine Mitarbeiter von der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig. Sie entwickelten in Zusammenarbeit mit weiteren Laboratorien und Firmen einen Wirkstoff namens Cazpaullone. Die Substanz mit der exakten Bezeichnung 9-cyano-1-azapaullone inhibiert Glukogen-Synthase-Kinase 3 (GSK-3), eine Proteinkinase. Dadurch schützt Cazpaullone die Betazellen des Pankreas – vorerst von Ratten – vor toxischen Einflüssen erhöhter Fettsäure- und Glucosespiegel, wie sie bei Diabetikern vorkommen. Zudem regt die Substanz die Vermehrung der Insulin-produzierenden Betazellen an.
Mit Nanopartikeln durch die Blut-Hirn-Schranke
Eine Lanze für die Nanopartikel brach Prof. Dr. Gert Fricker von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Obwohl diese nur etwa 100 bis 120 Nanometer messen, erklärte er, können auch sie die Blut-Hirn-Schranke nicht ohne Weiteres passieren und dort auch keine unerwünschten Wirkungen entfalten, wie kürzlich in der Laienpresse behauptet wurde. Aber auch für erwünschte Wirkungen im Gehirn stehen Nanopartikel erst nach spezieller Bearbeitung zur Verfügung: Möchte man sie als Transportvehikel für Medikamente nutzen, muss man zuerst ihre Oberfläche mit einem speziellen Verfahren modifizieren. Helfen sollen Nanopartikel unter anderem Patienten mit Glioblastom, die mit bisherigen Therapieoptionen nur durchschnittlich elf bis 13 Monate ab Erstdiagnose überleben. Tatsächlich sind zytostatikabeladene Nanopartikel mit modifizierter Oberfläche bereits erfolgreich an Versuchstieren mit Hirntumor eingesetzt worden. Unklar war bisher, ob sie sich nur im Endothel der Hirnkapillaren angereichert hatten oder ob sie diese Barriere tatsächlich überwinden konnten. Dieser Nachweis gelang nun dem Forscherteam um Fricker: Die von ihm verwendeten, mit fluoreszenzmarkiertem Doxorubicin beladenen Nanopartikel wurden zuerst im Lumen, dann im Endothel der Hirnkapillaren von Ratten sichtbar, und einige Stunden später – wie erhofft – im umliegenden Hirngewebe.
Prof. Dr. Jörg Kreuter, Universität Frankfurt/Main, Vorsitzender der Fachjury, würdigte die prämierten Arbeiten und betonte, dass die Auswahl der Preisträger schwer gefallen sei. Er hoffte auf Umsetzung der Forschungsergebnisse in neue pharmazeutische Wirkstoffe in nicht allzu ferner Zukunft.
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