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Selbstmedikation
Homöopathie bei Lampenfieber und Mobbing
In Hahnemanns Krankheitsverständnis bilden Körper und Seele eine untrennbare Einheit. Krankheit führt zu einer Störung oder Schwächung der Lebenskraft, was sich in Symptomen auf körperlicher und seelischer Ebene niederschlägt. Diese Erkenntnis, dass somatische Erkrankungen oft mit psychischen Begleitsymptomen einhergehen und psychische Störungen körperliche Symptome nach sich ziehen können, wurde viele Jahrzehnte später von der Psychosomatik aufgenommen. Im Gegensatz zur Schulmedizin, die überwiegend kausal analytisch vorgeht, sucht die Homöopathie einen phänomenologischen Zugang zum kranken Menschen, das heißt, sie nähert sich von unterschiedlichen Blickwinkeln, um eine geeignete Therapie zu finden. Klassische Homöopathika weisen daher in ihrem Arzneimittelbild neben körperlichen Erscheinungen auch psychische Komponenten auf, so dass unterschiedliche Ebenen angesprochen werden können. Die Auswahl eines geeigneten Mittels berücksichtigt also körperliche und psychische Symptome. Daher können bei gleichen Beschwerden verschiedene Mittel eingesetzt werden, was an zwei Beispielen erläutert werden soll.
Tab.: Homöopathika im Rahmen der Selbstmedikation zur Linderung neurologischer Beschwerden (ev. auch als Zusatztherapie zur schulmedizinischen Behandlung) [nach Wiesenauer] | |
homöopathisches Mittel | Beschwerden |
Scutellaria D6 | anfallsweise auftretende migräneartige Kopfschmerzen, trotz Erschöpfung Einschlafstörungen, Albträume |
Haplopappus D3 | Kopfweh, Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen, bedrückte Stimmungslage |
Paris quadrifolia D6 | pulsierende, stechende Gesichts- und Kopfschmerzen |
Cuprum aceticum D6 | schmerzhafte Krämpfe der Waden- und Beinmuskulatur |
Espeletia D6 | stechende Schmerzen beim Gehen, Ameisenlaufen, Kältegefühl |
Zincum valerianicum D6 | unruhige Beine, Kribbeln, Missempfindungen, Gefühl der Getriebenheit |
Rhus toxicodendron D12 | bläschenartiger Hautausschlag (Herpes zoster), die Bläschen stehen einzeln oder in Gruppen |
Mezereum D6 | nässende Pusteln, brennende und bohrende Schmerzen |
Ranunculus D6 | abklingende Pusteln, einschießende Schmerzen |
Hypericum D6 | Nervenverletzungen (traumatisch, viral, toxisch) mit Gefühl der Taubheit oder Schmerzen wie Stromschläge |
Lampenfieber und Prüfungsangst
Je nach Konstitution des Betroffenen werden zur Bekämpfung von Lampenfieber und Prüfungsangst unterschiedliche Homöopathika eingesetzt.
- Argentum nitricum ist für einen Patienten geeignet, der stets Sicherheitsvorkehrungen einbaut, in ständiger Angst lebt, zu spät zu kommen, von Versagensängsten geplagt wird und auf Belastungen mit Diarrhö reagiert. Der Betroffene ist hitzig, leidet unter zahlreichen Ängsten wie etwa Höhenangst, Angst um die Gesundheit und Todesfurcht, zeigt Verlangen nach süßen Speisen, die er aber nicht verträgt.
- Gelsemium kann bei einem Patienten eingesetzt werden, der unter einem Gefühl der Benommenheit leidet und auf Lampenfieber mit Schwindel, Zittern, Lähmungsgefühl, Diarrhö und ständigem Harndrang bei gleichzeitiger Durstlosigkeit reagiert. Von seiner Konstitution her neigt der Betroffene zu Schwäche, ist wetterfühlig (verträgt weder schwüles Wetter noch Fön), ferner leidet er unter Hinterkopfschmerzen, Herzangst und schwachen Beinen.
- Aethusa ; dieses weniger bekannte Mittel könnte einem Betroffenen helfen, der sich bei Lampenfieber nicht konzentrieren kann und der sich zurückzieht. Sein Erscheinungsbild ist weinerlich, seine Haut kalt und feucht. Ein Leitsymptom ist das Erbrechen von Milch.
Folgen von Ärger und Kränkung
Zur Linderung von Ärger und Kränkung – auch als Folge von Mobbing – kommen folgende Mittel in Frage:
- Aurum für einen Betroffenen, der in einer entsprechenden Situation in eine tiefe Sinnkrise fällt, über fehlendes Vertrauen klagt und Suizidgedanken hegt, die möglicherweise auch umgesetzt werden. Charakteristisch sind schwere Durchschlafstörungen.
- Colocynthis ; der entsprechende Patient reagiert auf Kränkung gereizt und ärgerlich und leidet unter heftigen Bauchkrämpfen.
- Ignatia kann für einen Patienten geeignet sein, bei dem Kränkung zu einer Zerstörung der Ideale und zu Selbsttadel führt. Charakteristisch ist ein schweres Seufzen, die Äußerung einen Kloß im Hals zu haben oder eine schwere Last auf der Brust zu tragen.
- Lycopodium ; der entsprechende Patient reagiert dominant abwehrend und mit einer gereizten Selbstverteidigung, obwohl er über kein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügt. Auf körperlicher Ebene leidet er unter funktionellen Magen-Darm-Beschwerden.
- Acidum phosphoricum ; bei dem Gekränkten führt Ärger zu einer mutlosigen Traurigkeit, der Betroffene wird gleichgültig, resigniert, gibt auf ("innere Wüste") und leidet unter Kopfschmerzen oder Diarrhö.
- Staphisagra ; der entsprechende Patient reagiert empört, wehrt sich aber nicht und schluckt seinen Ärger. Typisch ist das Halten fiktiver Reden, um Ärger abzubauen. Auf körperlicher Ebene zeigen sich Magenschmerzen, Ekzeme, Schlaflosigkeit und Blasenentzündungen.
Quelle
Dr. Ulf Riker, München: Homöopathische Behandlungsansätze – Möglichkeiten und Grenzen am Beispiel psychischer Erkrankungen. Bregenzer Grenzgespräche, Bregenz 5. Juli 2009.
Dr. Markus Wiesenauer, Weinstadt: Homöopathische Behandlungsansätze im Rahmen der Selbstmedikation am Beispiel neurologischer Erkrankungen. Bregenzer Grenzgespräche, Bregenz 5. Juli 2009.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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