122.000-mal Frauenpower: Aponet-Anzeige geht an der Realität vorbei

Am 22. März 2008 wurde von aponet.de, dem Online-Portal der ABDA, im Magazin Focus eine Anzeige mit dem roten Apotheken-A geschaltet, die wohl nur als blanke Ironie bezeichnet werden kann. Die Apothekengewerkschaft ADEXA vertritt die Interessen der Angestellten in öffentlichen Apotheken und wurde von Leserinnen gebeten, die in der Anzeige beschriebenen Apotheken ausfindig zu machen. Der Text der Anzeige lautet: „85% der Beschäftigten in Apotheken sind weiblich. Von diesem Frauenanteil können andere Branchen nur träumen. Das liegt an gezielter Frauenförderung, gelebter Chancengleichheit, familienfreundlichen Arbeitsplätzen – und vielleicht auch ein bisschen daran, dass Frauen gut zuhören können.“Wo ist denn die gezielte Frauenförderung, wo die gelebte Chancengleichheit, wo sind die familienfreundlichen Arbeitsplätze? Ein Betriebskindergarten für öffentliche Apotheken ist weit und breit nicht in Sicht. Gezielte Frauenförderung, davon haben wir noch nichts gehört, obwohl wir Frauen sind und „gut zuhören“ können. Familienfreundlich sind die Öffnungszeiten wohl auch kaum zu nennen, zumal Centerapotheken inzwischen bis 22.00 Uhr und Apotheken an Hauptbahnhöfen häufig rund um die Uhr geöffnet haben – und das auch an den Wochenenden! Und wie sieht die Chancengleichheit in den Standesorganisationen aus? In den 17 Landesapothekerkammern sind 14 der Kammerpräsidenten männlich, bei den Apothekerverbänden das gleiche Bild: Drei Frauen als Vorstandsvorsitzende stehen 14 Männern gegenüber. Die Anzeige soll vermutlich dazu dienen, jungen Frauen die Berufe in der Apotheke schmackhaft zu machen – in Zeiten, in denen das pharmazeutische Personal knapp wird. Von der Realität sind die behaupteten Zustände jedenfalls weit entfernt. Solche Bauernfängerei wird wenig zielführend sein. Da sollte man sich wohl zunächst einmal auf konkrete Maßnahmen besinnen, um die Arbeitsplätze attraktiver zu gestalten, und die Mitarbeiter leistungsgerecht bezahlen!

Barbara Neusetzer, ADEXA, Erste Vorsitzende