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- DAZ 49/2006
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Arzneimittel und Therapie
Trichotillomanie: Zwanghaftes Haareausreißen teilweise genetisch bedingt
Bei dieser Untersuchung wurde das Erbgut von 44 Familien untersucht, bei denen einer oder mehrere Angehörige unter Trichotillomanie litten. Dabei wurde insbesondere auf ein Gen mit der Bezeichnung SLITRK1 geachtet. Dieses Gen spielt auch beim Tourette-Syndrom eine Rolle. Diese Erkrankung gehört wie die Trichotillomanie zu einer Gruppe von Zwangserkrankungen. Es ist eine neuropsychiatrische Erkrankung mit tic-artigen Muskelzuckungen und ungewöhnlichen Lautäußerungen. Erstmals beschrieben wurde dieses aufsehenerregende und nicht nur das Leben der Patienten, sondern auch das der Angehörigen schwer belastende Leiden vor 175 Jahren von dem französischen Arzt Dr. George Gilles de la Tourette.
Die Wissenschaftler identifizierten gleich zwei Mutationen im SLITRK1-Gen, die ausschließlich bei Probanden mit dem Zwang zum Haareausreißen auftraten. Das betroffene, mutierte Gen ist normalerweise an der Bildung der Kontakte zwischen den einzelnen Gehirnzellen untereinander beteiligt. Durch die Mutation kommt es vermutlich zu Veränderungen der Verbindungen im Gehirn. Diese falschen Verschaltungen lösen dann den unwiderstehlichen Drang zum Haareausreißen aus. Das Ergebnis sei besonders deswegen interessant, weil es eine biologische Erklärung für eine komplexe psychische Krankheit liefert. Bisher wurden hauptsächlich Umweltfaktoren wie Erlebnisse in der Kindheit, die Erziehung oder spätere Erfahrungen für das zwanghafte Herausreißen der Haare verantwortlich gemacht. Allerdings scheint das mutierte Gen nicht das einzige Beteiligte zu sein. Es ist wahrscheinlich eines von vielen, die miteinander und mit Umweltfaktoren interagieren und so die Krankheit auslösen.
Dr. Ingo Blank
Wer sich näher mit der Erkrankung beschäftigen möchte, findet unter www.trichotillomanie.de ein Forum.
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