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Noweda-Generalversammlung: Rekordzahlen in schwerem Umfeld
Trotz der Belastung durch das AVWG im Geschäftsjahr 2005/06 präsentierte der Vorstandsvorsitzende Wilfried Hollmann für die Noweda-Gruppe einen Umsatz von 2,148 Milliarden Euro und einen Jahresüberschuss von 11,4 Millionen Euro (weitere Angaben zu Ertragsgrößen siehe AZ 49 und untenstehende Tabelle). In der Gewinn- und Verlustrechnung hätten sich die nur unterproportional gestiegenen Personalkosten und die um 1 Million auf 10,6 Millionen Euro gestiegenen sonstigen betrieblichen Erträge besonders günstig ausgewirkt. Letztere resultieren aus Datenlieferungen und insbesondere aus Serviceleistungen der Noweda für ihre Mitglieder und seien daher nachhaltige Erträge.
Investitionen für neues Wachstum Die im Berichtszeitraum getätigten Investitionen von 9,4 Millionen Euro seien vollständig aus dem Cash flow finanziert worden, der um 23,5 Prozent auf 21 Millionen Euro stieg. Die Investitionen flossen überwiegend in den Erweiterungsbau in Köln/Frechen und den Neubau in Oldenburg/Rastede. Die größte Investition des laufenden Geschäftsjahres wird der Neubau der zehnten Noweda-Niederlassung, die derzeit in Gießen/Langgöns errichtet wird. Sie liegt verkehrsgünstig im Einzugsgebiet der Autobahnen A 5, A 45 und A 485 und soll Mitte 2007 eröffnet werden. Für das Wachstum der Genossenschaft biete das um 10 Millionen Euro auf 131,6 Millionen Euro gestiegene Eigenkapital und die daraus resultierende Eigenkapitalquote von 27 Prozent eine solide Basis.
Ein Grund für den Erfolg sei die hohe Produktivität. Der Umsatz pro Mitarbeiter sei seit 2000 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Hollmann würdigte das große Engagement der Mitarbeiter und hob besonders die ehemalige Auszubildende Verena Krampe aus der Essener Hauptverwaltung hervor, die in diesem Jahr ihre Prüfung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandel als Beste in Deutschland absolviert hat. Sie sei bereits vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers geehrt und auch von Bundeskanzlerin Merkel eingeladen worden.
Ungenießbare Reform Mit Blick auf das gesundheitspolitische Umfeld der Apotheken und des Pharmagroßhandels kritisierte der Noweda-Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Klaus G. Brauer die Reformpläne der Großen Koalition, sie seien wie Gammelfleisch – ungenießbar. Die Politik gehe sprunghaft und unseriös mit den Sozialkassen um. Sie verschärfe die Einnahmeprobleme der GKV, da die Einnahmen aus der Tabaksteuer entfallen, und belaste die GKV zusätzlich durch die steigende Mehrwertsteuer. Noch schlimmer seien die unausgegorenen Strukturveränderungen, die zur Staatsmedizin und zur Demontage der freien Heilberufe führen würden. Die Große Koalition schicke sich an, ein gutes System zum Abschuss freizugeben.
Hollmann bezeichnete den GKV-WSG-Entwurf im Vergleich zu früheren Reformen als besonders missglückt in Form und Inhalt. Eine so einhellige Gegnerschaft gegen eine Gesundheitsreform habe es noch nie gegeben, weil sie im Grundsätzlichen und im Detail verfehlt sei: Anstatt das allgemein anerkannte Einnahmeproblem anzugehen, würden die Einnahmen nur umverteilt. Entgegen der propagierten Wettbewerbsstärkung würden Rabattverbote, Zwangsrabatte und Zusammenfassung der Krankenkassen zu einer großen Einheit den Wettbewerb einschränken. Anstatt gute Rahmenbedingungen zu schaffen, greife die Politik in Details ein und provoziere damit mehr Bürokratie. Eine wichtige Ursache für solche Fehlentwicklungen sei, dass seit Ende der neunziger Jahre Verbände und Berufsvertretungen nicht mehr in den politischen Willensbildungsprozess eingebunden, sondern zu Lobbyisten erklärt würden, deren Mitarbeit unerwünscht sei. Dies führe außerdem zu der grotesken Situation, dass sich die Politik auch nicht mehr auf nachträgliche berechtigte Einwände einlassen könne, weil dies als Einknicken gegenüber den Lobbyisten ausgelegt würde. Der Ideengeber für diese unselige Entwicklung sei Oskar Lafontaine gewesen.
Zukunftssicherung Dennoch könnten die bürokratischen Bremsversuche der Politik die Wachstumsdynamik des pharmazeutischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung nur vorübergehend beeinflussen. Durch den Fortschritt werde die fachkundige Begleitung durch Apotheker sogar noch bedeutsamer. Außerdem werde der Arzneimittelmarkt nachfrageorientiert bleiben.
Sonderangebote in Apotheken und Anpreisungen wie "nimm drei, zahle zwei" müssten Einzelfälle bleiben und hätten ökonomisch keine Zukunft. Die Rolle des pharmazeutischen Discounters zu spielen, wie es derzeit in Hamburg und Hannover zu erleben sie, sei töricht und ökonomischer Unsinn. Vielleicht müssten erst Insolvenzen zeigen, dass dies nicht tragfähig sei. Entsprechendes werde auch gelten, wenn der Gesetzgeber Höchstpreise einführe. Denn diese würden keinen Zwang zu Rabatten und Zuzahlungsverzichten bedeuten.
Unter so schwierigen Bedingungen seien Selbsthilfe und Eigeninitiative gefragt, wofür die Noweda den Apothekern die beste Möglichkeit biete, so Hollmann. Dagegen warnte er die Apotheker vor anderen Kooperationsofferten. Gemessen am "apothekereigenen Kooperationsoriginal Noweda" seien die meisten Angebote "Kooperationsimitationen". Auch für den von Apothekern immer wieder befürchteten Fall der Zulassung von Apothekenketten könne die Noweda den unabhängigen Apotheken gute Chancen und Optionen bieten. Dies verdeutliche das Beispiel des Lebensmittelhandels, wo die Genossenschaften Edeka und Rewe mit ihren unabhängigen Mitgliedern und ohne externe Eigenkapitalgeber zu den ganz Großen gehören. Die Mitglieder blieben wirtschaftlich selbstständig, würden aber die betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit in einer größeren Einheit nutzen. Dies sei das Geheimnis des Erfolges.
Wettbewerb mit Sanacorp In der kurzen Diskussion während der Generalversammlung ging es insbesondere um die Beziehung zur Sanacorp, die zur Zeit in Gelsenkirchen ihre erste Niederlassung im Noweda-Heimatmarkt Nordrhein-Westfalen errichtet. Hollmann erklärte, die Noweda haben entgegen manchen Veröffentlichungen ein gutes Verhältnis zur Sanacorp und sei immer mit dieser im Gespräch. Allerdings müsse die Sanacorp als börsennotierte Gesellschaft andere Rücksichten nehmen als die Noweda. Ob die Sanacorp diese Struktur ändern solle, sei keine Angelegenheit der Noweda. Der Wettbewerb durch das neue Haus in Gelsenkirchen sei für die Apotheker positiv, weil sich die Noweda deshalb anstrengen müsse. Zudem wäre es schön, wenn damit das Lager der Apotheker insgesamt gestärkt würde.
Vorstand und Aufsichtsrat der Noweda wurden einstimmig entlastet. Die Generalversammlung beschloss wieder die seit über 15 Jahren unveränderte Bruttodividende (siehe AZ 49).
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